Stefan Storr

Klausurenkurs im Öffentlichen Wirtschaftsrecht


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      L begehrt daher beim Präsidenten der IHK Akteneinsicht, um sich ein genaues Bild von der Finanzierung der Kampagne machen zu können und fordert außerdem ein unverzügliches Einstellen der Werbemaßnahmen. Der Präsident der IHK lehnt beide Ansprüche ab. Mit der Kampagne wolle man die regionale Wirtschaft fördern, was ohne weiteres zu den Aufgaben einer Handelskammer gehöre. Ein Akteneinsichtsrecht bestehe schon deswegen nicht, weil es sich weder aus dem IHKG noch der Kammersatzung ergebe; die Kontrolle des Präsidiums obliege vielmehr der Vollversammlung insgesamt, die aber die Kampagne mit großer Mehrheit gebilligt habe. Weder IHKG noch Kammersatzung sähen ein ausdrückliches Akteneinsichtsrecht vor. Selbstverständlich habe man trotzdem die Vollversammlung ausreichend informiert. L sei zwar seit kurzem gewähltes Mitglied der Vollversammlung, könne aber gerade keine Rechte des Gesamtorgans geltend machen. Auch das Demokratieprinzip verlange kein ausdrückliches Einsichtsrecht des einzelnen Mitglieds.

      Daraufhin erhebt L vor dem örtlich zuständigen VG Klage auf Einstellung der Werbekampagne und Akteneinsicht.

      Wie wird das VG entscheiden?

      Bearbeitungsvermerk:

      Gehen Sie bei der Bearbeitung davon aus, dass das einschlägige IFG im vorliegenden Fall keinen Auskunftsanspruch gewährt.

      Fall 3 Buy Pälzisch! – Probleme mit der IHK › Vorüberlegungen

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      Anmerkungen

       [1]

      Ruthig, in: Ruthig/Storr, Rn 205 f. Ausf Kluth, Handbuch des Kammerrechts, 2. Aufl 2011.

       [2]

      Anders geregelt ist demgegenüber die Pflichtmitgliedschaft in Sicherungseinrichtungen, die ausländischen Unternehmen gerade verschlossen ist, ohne dass die Rspr darin eine Diskriminierung erblickt, vgl BVerwG, NJW-RR 2011, 1250 zu Sicherungsfond für Lebensversicherungen (§ 124 Abs. 1 VAG).

       [3]

      Als aktuelle Fälle insbesondere BVerwG, NVwZ 2017, 70; VGH BW DÖV 2017, 258; vgl außerdem OVG Koblenz, GewArch 2011, 326 (IHK); OVG Bautzen, DStR 2011, 2020 (Steuerberaterkammer); s. auch Kirchberg, NJW 2009, 1313. Zur Verfassungsmäßigkeit der Zwangsmitgliedschaft BVerfG, NVwZ 2002, 335; BVerwG, NVwZ-RR 2010, 882; s. auch Kluth, NVwZ 2002, 298; Löwer, GewArch 2000, 89.

       [4]

      BVerfG v. 12.7.2017 – 1 BvR 2222/12 u. 1106/13.

       [5]

      Die Rechtsprobleme entsprechen denjenigen des öffentlichen Wettbewerbsrechts, s. den Überblick bei Schöbener, in: Kluth, Handbuch des Kammerrechts, 2. Aufl, § 14 Rn 115 ff.

       [6]

      Der Fall ist insoweit angelehnt an EuGH v. 17.6.1981, Rs. C-113–80 – „Buy Irish“, Rn 21, Slg 1981, 1625. Zu allgemeinpolitischen Stellungnahmen BVerwGE 137, 171 = NVwZ-RR 2010, 882; zur Verkehrspolitik („Stuttgart 21“) VG Stuttgart, NVwZ 2011, 895.

       [7]

      Ausf Schöbener, in: Kluth, Handbuch des Kammerrechts, 2. Aufl, § 14 Rn 218 ff. Zum Anspruch auf Austritt aus dem privatrechtlichen Dachverband, sofern dieser seine Kompetenzen überschritten hat vgl BVerwG NVwZ 2017, 70.

       [8]

      Auch dazu Schöbener, in: Kluth, Handbuch des Kammerrechts, 2. Aufl, § 14 Rn 95 ff.

       [9]

      BVerwGE 120, 255, das ein Akteneinsichtsrecht des einzelnen Kammermitglieds abgelehnt hat; weiter zuvor OVG Münster, NVwZ 2003, 1526. S. auch Schöbener, GewArch 2008, 329; ders., in: Kluth, Handbuch des Kammerrechts, 2. Aufl, § 14 Rn 113 f.

       [10]

      BVerfG v. 12.7.2017 – 1 BvR 2222/12 u. 1106/13 prüft das Demokratieprinzip allerdings ausschließlich im Kontext der Rechtfertigung