den Gesundheitszustand gewonnen werden können oder die Identifizierbarkeit mittels eines genetischen Fingerabdrucks erfolgt.[555] Darüber hinaus folgt die besondere Sensitivität genetischer Daten daraus, dass diese letztlich von der Befruchtung der Eizelle bis weit über den Tod hinaus erhalten bleiben und dabei sowohl eine eindeutige Identifizierung von Personen ermöglichen als auch Informationen über weitere Personen, etwa Nachkommen, preisgeben, die nicht zur Generierung dieser Daten beigetragen haben.[556] Insofern erlauben genetische Daten Aussagen über Vergangenheit, Gegenwart, etwa zum Gesundheitszustand oder äußerlichen Merkmale und Zukunft. Letzteres betrifft insbesondere im diagnostischen Bereich.[557] Infolge genetischer Analysen wird dem Risiko der Verwertung dieser Daten oftmals auch nicht durch eine Anonymisierung abzuhelfen sein, weil die genetischen Daten zwangsläufig mit der betroffenen Person verbunden sind.[558]
243
Darüber hinaus ist ein besonderer Schutz genetischer Daten eine Grundvoraussetzung für die Wahrung des Gleichheitsprinzips sowie des Rechts auf Gesundheit, weil sie ein besonders hohes Risiko für Diskriminierungen bergen, insbesondere auf dem Arbeitsmarkt oder beim Abschluss von Versicherungen.[559] Insbesondere ihre Weitergabe unterliegt engen Grenzen.[560]
1. Allgemeines
244
Nach Art. 4 Nr. 14 sind biometrische Daten mit speziellen technischen Verfahren gewonnene personenbezogene Daten zu den physischen, physiologischen oder verhaltenstypischen Merkmalen einer natürlichen Person, die die eindeutige Identifizierung dieser natürlichen Person ermöglichen oder bestätigen, wie Gesichtsbilder oder daktyloskopische Daten.
245
Systematisch ist zu beachten, dass die Begriffsdefinition der biometrischen Daten aus Art. 4 Nr. 14 folgt, während sich die Anforderungen an die Verarbeitung der biometrischen Daten aus Art. 9[561] ergeben und insofern einem besonderen Schutz unterstehen. Danach ist die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten nach Art. 9 Abs. 1 grundsätzlich unzulässig. Ausnahmen können sich aber im Rahmen der Erlaubnistatbestände aus Art. 9 Abs. 2 ergeben. Indem biometrische Daten auch physiologische und physische Merkmale erfassen, bestehen insofern insbesondere inhaltliche Überschneidungen zu Art. 4 Nr. 13[562] und 15[563].
246
Biometrische Daten werden in ErwG 51 S. 3 insbesondere unter dem Gesichtspunkt von Lichtbildern aufgegriffen. Danach soll die Verarbeitung von Lichtbildern grundsätzlich nicht den Voraussetzungen der Verarbeitung nach Art. 9 unterfallen. Vielmehr sind diese lediglich dann als biometrische Daten und damit als besondere Kategorie personenbezogener Daten einzustufen, wenn sie mit speziellen technischen Mitteln verarbeitet werden, die die eindeutige Identifizierung oder Authentifizierung einer natürlichen Person ermöglichen.[564] Faktisch erfüllt die weit überwiegende Mehrzahl der Aufnahmen von Smartphones, Dash- und Bodycams und Videokameras diese Voraussetzungen.
2. Tatbestandsmerkmale „biometrischer Daten“
247
Der Begriff der Biometrie im Allgemeinen bezeichnet ein in der Regel digitales Verfahren, bei dem Merkmale des Menschen mittels informationstechnischer Systeme vermessen und analysiert werden.[565] Biometrische Systeme nutzen also bestimmte individuelle Merkmale einer natürlichen Person zur Identifikation oder Authentifikation und stellen so enge Verknüpfungen mit der betroffenen Person her.[566]
248
Der Begriff der biometrischen Daten wird dabei durch Art. 4 Nr. 13 sehr weit gefasst, indem ein bloßer Bezug zu physischen, physiologischen oder verhaltenstypischen Merkmalen der natürlichen Person ausreicht.[567] Dementsprechend definiert die Art.-29-Datenschutzgruppe biometrische Daten näher als „biologische Eigenschaften, physiologische Merkmale, Gesichtszüge oder reproduzierbare Handlungen (. . .) wobei diese Merkmale und/oder Handlungen für die betreffende Person spezifisch und messbar“ sind.[568] Biometrische Daten wirken sich insoweit auf die Verbindung von Körper und Identität der betroffenen natürlichen Person aus, indem sie Merkmale des menschlichen Körpers „maschinenlesbar“ machen.[569] Unter den Begriff der biometrischen Daten fallen dabei sowohl Rohdaten – etwa die Gesichtsvermessung als solche – als auch sog. Templates, bei denen aus den Rohdaten Schlüsselmerkmale extrahiert werden, die dann als solche verarbeitet werden und die Grundlage für digitale Zuordnungen bilden.[570] Werden digitale Daten zur Entsperrung eines Smartphones verwendet, so wird dies durch ein Template ermöglicht.[571]
249
Beispiele für biometrische Daten, die einen Paradefall personenbezogener Daten darstellen[572] sind etwa Finger- oder Handabdrücke, Gesichtserkennungen oder Sprachidentifikationen aber auch eine charakteristische Gang- oder Sprechart einer Person.[573]
250
Biometrische Daten müssen die eindeutige Identifizierung einer natürlichen Person ermöglichen oder bestätigen, etwa indem sie einen Rückschluss auf die Identität erlauben. Eine nicht eindeutige Identifikation ist jedenfalls etwa anhand der Körpergröße oder des Alters (alle Personen im Alter von X Jahren) gegeben. Es kommt also entscheidend darauf an, dass die Daten einzigartig und objektiv unverwechselbar sind.[574]
251
Die Definition des Art. 4 Nr. 14 nennt darüber hinaus spezielle technische Verfahren zur eindeutigen Identifizierung oder Authentifizierung. Hiermit sind insbesondere solche Verfahren gemeint, bei denen Merkmale eines Menschen durch Messverfahren erfasst werden.[575] Dabei lassen sich die möglichen biometrischen Verfahren im Grundsatz zwei Kategorien zuordnen:[576] Es gibt zum einen Verfahren, die die physischen und physiologischen Eigenschaften einer Person erfassen. Dies ist etwa die Verifikation von Fingerabdrücken, die Iriserkennung oder eine Netzhautanalyse. Die zweite Kategorie meint Verfahren, die die Verhaltensmerkmale einer Person erfassen. Darunter fallen etwa die Analyse von Unterschriften, das Tippverhalten bzw. der Tastaturanschlag, charakteristische Gangarten oder Bewegungsmuster sowie die personenspezifische Stimmfärbung und das Sprachmuster. Von der Definition des Art. 4 Nr. 14 ausdrücklich erfasst werden auch Gesichtsbilder und daktyloskopische Daten, da diese in biometrischen Ausweisdokumenten enthalten sind.[577] Allerdings ist bezüglich Lichtbilder die eingangs erläuterte Ausnahmeregelung aus ErwG 51 S. 3 zu beachten. Diese verfolgt den Zweck herkömmliche, also nicht mit biometriefähigen Kameras aufgenommene Fotografien -aus dem Anwendungsbereich der biometrischen Daten auszuklammern und damit nicht den besonderen Anforderungen an die Verarbeitung aus Art. 9 zu unterstellen.[578] Eine biometrische Identifikation bzw. Authentifikation im Sinne des Art. 4 Nr. 14 erfolgt in verfahrenstechnischer Hinsicht gewöhnlich durch den Abgleich biometrischer Daten einer natürlichen Person mit einer Reihe biometrischer Templates in einer