in den westlichen Gesellschaften setzte sich im verbleibenden 20. Jahrhunderts und bis ins 21. Jahrhundert fort. Im Jahr 2021 sind in vielen Ländern der Welt, darunter die USA und Saudi-Arabien13(!), mehr Frauen als Männer an den Universitäten eingeschrieben, und in vielen Ländern stellen Frauen fast die Hälfte der Arbeitskräfte. Trotzdem bestehen weiterhin Ungleichheiten bei der Bezahlung und hinsichtlich anderer Faktoren.14
Im Laufe dieser ersten Nachkriegsjahrzehnte nutzten viele Länder ihren wirtschaftlichen Aufschwung, um die Grundlagen für eine soziale Marktwirtschaft zu schaffen. In Westeuropa bot der Staat vor allem Arbeitslosengeld, Kindergeld und Ausbildungsunterstützung, eine allgemeine Gesundheitsversorgung und Renten. In den Vereinigten Staaten war eine soziale Politik weniger im Kommen als in Europa, aber dank des rasanten Wirtschaftswachstums stiegen mehr Menschen als je zuvor in die Mittelschicht auf, und die Sozialversicherungsprogramme verzeichneten einen Zuwachs sowohl bei der Zahl der Begünstigten als auch bei den dafür bereitgestellten Mitteln, insbesondere in den beiden Jahrzehnten von 1950 bis 1970.15 Die Durchschnittslöhne stiegen stark an, und die Armut ging zurück.
Frankreich, Deutschland, die Benelux-Länder und die skandinavischen Länder förderten ebenfalls Tarifverhandlungen. So wurde in den meisten deutschen Unternehmen durch das Betriebsrätegesetz von 1952 festgelegt, dass ein Drittel der Mitglieder des Aufsichtsrates von den Arbeitnehmern gewählt werden musste. Eine Ausnahme bildeten Familienunternehmen, da dort die Bindung zwischen den Mitarbeitern und der Firmenleitung normalerweise stark war und soziale Konflikte seltener auftraten.
Da ich in diesem goldenen Zeitalter aufwuchs, entwickelte ich eine große Wertschätzung für die aufgeklärte Rolle, die die Vereinigten Staaten für Deutschland und den Rest Europas gespielt hatten. Ich war überzeugt, dass wirtschaftliche Zusammenarbeit und politische Integration der Schlüssel zum Aufbau friedlicher und prosperierender Gesellschaften sind. Ich habe sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz studiert und kam zu der Überzeugung, dass die Grenzen zwischen den europäischen Nationen eines Tages wegfallen würden. In den 1960er-Jahren hatte ich sogar die Möglichkeit, ein Jahr in den Vereinigten Staaten zu studieren und mehr über die dortigen Wirtschafts- und Managementmodelle zu erfahren. Es war eine prägende Erfahrung.
Wie so viele andere meiner Generation war auch ich ein Nutznießer der bürgerlichen, solidarischen Gesellschaft, die die europäischen Länder entwickelt hatten. Schon früh war ich fasziniert von den sich ergänzenden Rollen, die Wirtschaft und Regierung bei der Gestaltung der Zukunft eines Landes spielten. Deshalb war es naheliegend, eine meiner Abschlussarbeiten über das richtige Gleichgewicht zwischen privaten und öffentlichen Investitionen zu schreiben. Nachdem ich über ein Jahr lang im Produktionsbereich von Unternehmen gearbeitet und echte Erfahrung als Fabrikarbeiter gesammelt hatte, entwickelte ich auch viel Respekt vor dem Beitrag der Arbeiter zur Entwicklung des wirtschaftlichen Wohlstands. Ich war der Überzeugung, dass die Wirtschaft wie auch andere Akteure in der Gesellschaft eine wichtige Rolle bei der Schaffung und Aufrechterhaltung von gemeinsamem Wohlstand spielen müssen. Der beste Weg, um dies zu erreichen, war meiner Meinung nach ein Stakeholder-Modell, bei dem die Unternehmen nicht nur ihren Aktionären, sondern auch der Gesellschaft dienen.
Ich beschloss, diese Idee in die Tat umzusetzen, indem ich ein Managementforum organisierte, auf dem sich Wirtschaftsführer, Regierungsvertreter und Akademiker treffen konnten. Davos, eine Stadt in den Schweizer Bergen, die in viktorianischer Zeit für ihre Sanatorien zur Behandlung von Tuberkulose berühmt geworden war (bevor Antibiotika wie Isoniazid und Rifampicin16 erfunden wurden), bot einen optimalen Rahmen für eine Art globales Dorf,17 dachte ich. Hoch oben in den Bergen, in dieser malerischen Stadt, die für ihre saubere Luft bekannt ist, konnten die Teilnehmer bewährte Praktiken und neue Ideen austauschen und sich gegenseitig über dringende globale soziale, wirtschaftliche und ökologische Probleme informieren. Und so organisierte ich dort 1971 das erste Treffen des Europäischen Management Forums (dem Vorläufer des Weltwirtschaftsforums), mit Gästen wie dem damaligen Dekan der Harvard Business School, George Pierce Baker, der Professorin der Columbia University, Barbara Ward, dem IBM-Präsidenten Jacques Maisonrouge und mehreren Mitgliedern der Europäischen Kommission.18
Die turbulenten 1970er- und 1980er-Jahre
Doch genau dann, Anfang der 1970er-Jahre, wurde klar, dass das Wirtschaftswunder nicht von Dauer sein würde. Als wir uns in Davos versammelten, waren bereits Risse im System an der Oberfläche sichtbar. Der Nachkriegsboom war abgeklungen und soziale, wirtschaftliche und ökologische Probleme zeichneten sich ab. Meine Hoffnung war jedoch, dass europäische Geschäftsleute, Politiker und Akademiker durch aktiveres Erlernen erfolgreicher amerikanischer Managementpraktiken den Wohlstand auf dem Kontinent weiter ankurbeln könnten.
Tatsächlich haben viele europäische Unternehmen den Schritt in Richtung der benachbarten internationalen Märkte gewagt. Die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS), die sich, wie der Name schon sagt, auf einen gemeinsamen Markt für einige wenige Schlüsselressourcen konzentrierte, hatte sich in den vorangegangenen Jahren zur umfassenderen Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) entwickelt. Sie ermöglichte einen freieren Handel von Waren und Dienstleistungen auf dem gesamten Kontinent. Viele mittelständische Unternehmen nutzten diese Öffnung, um Tochtergesellschaften zu gründen und den Vertrieb in benachbarten EWG-Ländern aufzunehmen. Nicht zuletzt dank dieser Zunahme des intraregionalen Handels konnte das Wachstum in den 1970er-Jahren fortgesetzt werden. Aber einige wirtschaftliche Variablen, die sich entscheidend auf Wachstum, Beschäftigung und Inflation auswirken, wie z. B. der Energiepreis, entwickelten sich ungünstig. Öl, das neben Kohle den Nachkriegsboom befeuert hatte, sorgte für einen ersten Schock im System. Der Preis für den wichtigsten Energieträger der Welt stieg 1973 um das Vierfache und verdoppelte sich 1979, als die großen erdölproduzierenden und -exportierenden Länder (OPEC) – viele von ihnen ehemalige Kolonien der europäischen Mächte im Nahen Osten und in Arabien – ihre Muskeln spielen ließen. Die OPEC-Staaten, die zu jener Zeit den größten Teil der weltweiten Ölversorgung kontrollierten, verhängten als Reaktion auf den Jom-Kippur-Krieg ein Ölembargo. Während dieses Krieges stellten sich viele der arabischen Mitglieder der OPEC gegen Israel, das während und nach dem bewaffneten Konflikt sein Territorium in der Region erweiterte. Das Embargo, das sich hauptsächlich gegen Israels westliche Verbündete, darunter die USA und Großbritannien, richtete, war äußerst effektiv.
Kein Wunder also, dass die OPEC-Länder ihre neu gewonnene Marktmacht nutzten. In den vorangegangenen zwei Jahrzehnten hatten viele ihrer Mitglieder – oft ehemalige europäische Kolonien in Asien, dem Nahen Osten und Afrika – endlich ihre Unabhängigkeit erlangt. Aber im Gegensatz zu den meisten westlichen Ländern in jener Zeit waren diese Entwicklungsländer oft von politischen und sozialen Unruhen geplagt. Der wirtschaftliche Aufschwung in Europa und den Vereinigten Staaten blieb für viele der neuen unabhängigen Länder in Asien, dem Nahen Osten und Afrika unerreichbar. Zu den wenigen Ausnahmen gehörten die OPEC-Staaten, deren wichtigste Ressource, das Erdöl, die Weltwirtschaft ankurbelte.
Angesichts des in den drei vorangegangenen Jahrzehnten so großen wirtschaftlichen und industriellen Fortschritts im Westen gab es auch Stimmen, die davor warnten, dass diese Expansion nicht nachhaltig und ein neues Wirtschaftssystem nötig sei, das nachhaltiger für den Planeten, seine begrenzten natürlichen Ressourcen und letztendlich auch für die Menschen selbst ist. Dazu gehörten europäische Wissenschaftler und Industrielle des Club of Rome, die zu der Überzeugung gelangt waren, dass der Zustand der Welt, insbesondere die Umweltzerstörung des Planeten, ein großes Problem für die menschliche Gesellschaft darstellte. In der Tat gab es deutliche Warnzeichen für jeden, der sie zur Kenntnis nehmen wollte, und bei den Treffen des Forums in Davos haben