Astrid Lehmann

Tradition und Leidenschaft – Handwerkskünstler im Schwarzwald


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       Strohschuhmacherin

       Gerber

       Sattler

       Gold- und Silberschmiedin

       Fürs Feschtle

       Orgelbauer

       Maskenschnitzer

       Im Wald Schaffe

       Pferderücker

       Zapfenpflücker

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       Einleitung

      Handwerkskünstler im Schwarzwald

      Der Schwarzwald mit seinem Waldreichtum und seinen kristallklaren Gewässern, mit seinen kargen Bergrücken und engen Tälern, mit seiner Pflanzenvielfalt und seinen mineralischen Gesteinen prägt die Menschen und ihr Schaffen seit Generationen. Der Schwarzwald ist eine bezaubernde Landschaft, in der die Bäume regieren, eine Landschaft mit ihrer ganz eigenen Identität und einem besonderen Menschenschlag. Hier werden noch Lebensweisen gelebt, Bräuche gefeiert und traditionelle Handwerksberufe ausgeübt, die andernorts schon längst verschwunden sind. Schindelmacher und Trachtenschneiderin, Strohschuhmacherin und Kuckucksuhrenhersteller, Lackschilduhrmalerin und Maskenschnitzer, sie alle geben unserem Landstrich seinen unverwechselbaren Charakter.

      Das größte Meisterstück der Schwarzwälder Handwerkskunst steht majestätisch auf den Höhen in Alleinlage. Es ist der monumentale Eindachhof, aus heimischem Holz gezimmert, der Wohnteil und Wirtschaftsteil unter seinem schützenden Dach vereint und sich kräftigen Windstürmen und schweren Schneelasten widersetzt. Früher oft mit Roggenstroh bedeckt, wurden in den kargen Höhenlagen des Schwarzwalds für die Bedachung Holzschindeln verwendet, die in den langen Winterabenden am Schniedesel gefertigt wurden. In der Einsamkeit der Bauernhöfe sind in Heimarbeit noch viele andere Werkstücke aus Meisterhand entstanden: Gegenstände des täglichen Gebrauchs, wie Teller, Schüsseln, Bürsten, Körbe, Seifen. Es wurde gezimmert, gesägt, geschnitzt, gebohrt, genäht, gestickt, geflochten, gedreht. Und das nicht nur aus Freude am Herstellen, sondern auch aus der Not. Viel Schönes, über das wir uns heute freuen, ist aus der Armut der ländlichen Bevölkerung des Schwarzwalds heraus entstanden. Wandernde Handwerker, die von Hof zu Hof zogen, »auf der Stör« waren, erledigten Arbeiten, die die Bauersleute nicht selber verrichteten. Gegen Kost, Logis und einen bescheidenen Handwerkerlohn schleiften sie Messer, flickten Kessel, schneiderten Kleider, stellten Schuhe und Körbe her. Träger mit ihren hölzernen Krätzen trugen Kuckucksuhren, gläserne Gegenstände oder ganz andere Waren weit über die Landesgrenzen des Schwarzwalds hinaus.

      Viele der früheren Handwerksberufe wie Wagner, Küfer, Spanschachtelhersteller und Weißnäherin sind heute ausgestorben oder bestenfalls im Rahmen einer Vorführung in einem Museum oder auf einem Kunsthandwerkermarkt zu sehen. Einige Handwerker können sich von ihrer traditionellen Arbeit schlicht nicht mehr ernähren, ihre Kunst ist zur Passion geworden und wird als Nebentätigkeit oder Hobby ausgeübt. Andere traditionelle Handwerksberufe haben sich gewandelt und der heutigen Zeit angepasst. Manche Künstler plagen die Sorge, traditionelle Techniken vor dem Vergessen zu bewahren oder die Zukunftsängste vor dem ausbleibenden Nachwuchs. Viele in diesem Buch porträtierte Menschen sehen die Zukunft des Handwerks dennoch positiv. Seit einigen Jahren erfahren sie eine zunehmende Wertschätzung für ihre Arbeit und ihre Produkte, die für Regionalität, Qualität und Nachhaltigkeit stehen. Gerade in einer Zeit des schnellen Konsums, der internationalen Vernetzung und der Loslösung von der händischen Arbeit geht eine ungebrochene Faszination von dem Handwerk und den Künstlern, die dahinterstehen, aus.

      Unsere Schwarzwälder Handwerker sind erfrischend authentisch, herrlich bodenständig, fest verwurzelt und die Hüter einzigartiger Traditionen und historischer Techniken. Sie sind Menschen, bei denen ein Händedruck noch voller Bedeutung ist. In ihnen vereinen sich Schwarzwälder Tüftlertum, Präzision, Fleiß und Beständigkeit. Sie sind Unikate. Was sie antreibt, ist ihre Leidenschaft, mit der sie ihr uraltes Handwerk ausüben. Und ihre Liebe zur Heimat.

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       Zum Hof Ufrichte

      Paul, der Zimmermann

image Meister, Gesellen und ehrbare Leut, nach Wochen schwerer Arbeit ist Richtfest heut, zum Rohbau gefügt, von kundiger Hand, steht stolz dieses Haus aus Meisterhand.« (Auszug aus Pauls Richtspruch)

      Schwalbenschwanz, Kopfband, Andreaskreuz, Pfette – Paul, der erfahrene Zimmermann, kennt sie alle, die Verzapfungen und Verbindungen, die in den historischen Bauten des Schwarzwalds verwendet wurden. Seit 48 Jahren ist Paul mit Leib und Seele Zimmermann.

      In seiner langen Laufbahn hat er so alles gebaut, was es mit Holz zu zimmern gibt: aufwendige Sanierungen alter Schwarzwaldhöfe mit der Errichtung eines neuen Dachstuhls, mit Altholz wiederhergestellte Altaraufsätze in einer Kapelle, der Neubau eines Brunnenhäusles aus alten Materialien, ein Backhäusle auf alt getrimmt, eine diffizile Treppe oder auch die Restaurierungsarbeiten an einer Mühle – seine Kunstwerke füllen einige Fotobücher. Es ist faszinierend zu entdecken, dass man mit wenigen Verzapfungen monumentale Bauwerke errichtet hat, und das zu einer Zeit, in der es außer Manneskraft nur wenige Hilfsmittel gab. So ist der Spaziergang mit Paul in der historischen Ölmühle in Simonswald ein Ausflug in die Baugeschichte des Schwarzwalds.

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      Malerisch umrahmt von der wilden Gutach und dem Mühlenkanal, schmücken rote Geranien die 300 Jahre alte historische Ölmühle. Innen erwartet die Besucher ein liebevoll eingerichteter Wohnteil mit Stube und einem hübschen Kachelofen mit Eckbank. Von der schrägen Tür der Stube, die durch die Neigung automatisch zufällt, bis über den Schub, ein Brett, das an der Außenwand herausragt, konisch zugeschnitten ist und dem Anziehen der Holzdielen im Inneren dient, sind viele simple und gleichzeitig hoch raffinierte Bauelemente zu entdecken, die sich unsere Vorfahren ausgedacht haben. Auch im größten Meisterwerk der Schwarzwälder Volkskunst, dem monumentalen Eindachhof, sind viele solcher Finessen zu sehen. Mit einfachen Hilfsmitteln hat man versucht, sich das Leben und die Arbeit leichter zu gestalten. Je nach Region und Wetterlage entstanden unterschiedliche Haustypen; sie sind alle aus Holz gezimmert, im Kinzigtal mit einem gemauerten Untergeschoss. Traditionell wurde das hölzerne Skelett aus Pfosten und Riegeln auf einem Schwellenkranz aufgestellt, nur wenige Verzapfungen und hölzerne Nägel halten das tragende Gerüst zusammen, auf dem der monumentale Dachstuhl aufgerichtet wird. An der Hanglage gebaut, ermöglicht die Hocheinfahrt den direkten Zugang zur Tenne, auf der das Heu und die landwirtschaftlichen Geräte aufbewahrt wurden. Markant sind die tief heruntergezogenen