zu erweisen. Es wurde gemeinsam getrauert, gemeinsam gebetet. Von der Totenwache bis zum Leichenzug war die Bestattung stark ritualisiert, bis der Verstorbene am Ende dann seine letzte Ruhe im Grab fand. Ein klassisches Grabmal erinnerte an den Toten. »Heute geht der Trend zu alternativen Bestattungsformen wie der Feuerbestattung und dem Friedwald oder Billigangeboten aus dem Netz. Das traditionelle Begräbnis liegt im Sterben«, weiß der erfahrene Steinbildhauer Edelbert. Anstatt nach einem Grabstein wird heute vermehrt nach einem einfach zu pflegenden Urnenplättle gefragt. Die Verwandten leben oft zu verstreut, um sich um ein Grab zu kümmern.
Seit über 40 Jahren ist Edelbert Bildhauer in Bernau, und das in der dritten Generation. Sein Großvater und sein Vater waren beide Holzbildhauer, so wie er. Nach seiner Lehrzeit beschloss Edelbert, in die Schweiz zu gehen, nach Sankt Gallen, um dort Arbeits- und Lebenserfahrung zu sammeln. In dem großen Betrieb musste eine Inschrift in Stein gemeißelt werden, doch der Steinbildhauer war ausgefallen. Kurzerhand forderte der Meister Edelbert auf: »Wenn du im Holz hauen kannst, dann kannst du das auch im Stein.« Und so kam Edelberts Stein-Karriere ins Rollen. Für die anschließende Meisterschule in Freiburg kam mangels fehlender Bewerber kein Holzbildhauerkurs zustande, es wurde umdisponiert und Edelbert im Meisterkurs der Steinbildhauerei eingeschrieben. Nach seiner erfolgreichen Prüfung folgten mehrere Auslandseinsätze, eine spannende Zeit, in der Edelbert seine Erfahrungen in den Bereichen Denkmalschutz und Restaurierung vertiefen konnte. Zunächst war er in Venedig tätig und dann in Pergamon, in der antiken griechischen Stadt, die heute in der Türkei liegt. Die Arbeit dort glich einer Sisyphusarbeit, einem Puzzlespiel, in dem Steinfragmente mühevoll zusammengeführt, restauriert und fehlende Stücke kunstvoll eingesetzt wurden.
Zurück in Deutschland setzt Edelbert die Tradition seiner Vorfahren, die Bildhauerei, fort. »Ob in Stein oder Holz gehauen, beide Berufe sind letztendlich artverwandt«, erklärt der versierte Fachmann.
»Die Faserrichtung muss stimmen.« Ein Gestein ist keine tote Materie, sondern ein verfestigtes Gemisch, Millionen von Jahren alt, das gewachsen ist. Im Schwarzwald sind die Gesteinsarten Granit, Sandstein und Gneis vorzufinden, in der Region um Schaffhausen dann auch Kalkstein. Bei Granit handelt es sich um ein magmatisches Gestein, das aus dem Erdinneren entspringt und besonders hart ist, Sandstein und Kalk hingegen sind Sedimentgesteine, die aus Ablagerungen entstehen und poröser sind. Gneis ist ein metamorphes Gestein, das sich unter hohem Druck aus anderen Gesteinen bildet, so wie auch Marmor. Mittlerweile ist es leider langwieriger, einen Nutzfelsen aus dem Schwarzwald zu besorgen, als einen Stein aus Indien, Südamerika oder Afrika. Und teurer. In unserer globalisierten Welt ist ein Grabstein »Made in India« keine Seltenheit mehr.
Für den Beruf des Steinbildhauers ist neben Körperkraft, handwerklichem Geschick und Kunstverständnis auch ein künstlerisches Auge wichtig. Und Sensibilität, denn bei der Fertigung eines Grabmals hat der Steinbildhauer mit den trauernden Angehörigen zu tun. Edelbert ist ein guter Zuhörer, in seinem Blick liegen Lebenserfahrung, Empathie und so viel Wärme. Und genau die braucht es, um sich in das Leben des Verstorbenen einzufühlen und den Angehörigen Trost zu spenden. In die Gestaltung des Grabmals fließt das Leben des Verstorbenen mit ein. Auch die Wünsche der Hinterbliebenen werden berücksichtigt, und schließlich kommt der Steinbildhauermeister mit Vorschlägen auf seine Kunden zu. Es hilft, dass Edelbert viele der Verstorbenen persönlich kennt. Sind sich Angehörige und Meister einig, erstellt Edelbert zunächst eine Zeichnung, dann wird ein Gipsmodell gefertigt.
Der ausgesuchte Stein wird auf die richtigen Maße gespalten, dann kommen Messwerkzeuge ins Spiel. Mit Zirkel, Winkel und Richtscheit kann Edelbert auf dem Stein die Konturen aufzeichnen. Erst jetzt finden unterschiedliche Eisen Verwendung. Fachmännisch haut Edelbert mit dem Fäustel, einem Steinmetz-Hammer, auf die Werkzeuge, dabei hält er sie fest im »Steinmetz-Griff«, so bleibt seine Hand sicher und rutscht nicht aus. Rundungen und Vertiefungen kommen zum Vorschein, feinste Ziselierungen geben der harten Materie eine Weichheit. Langsam entsteht ein Buchenhain, der Grabstein eines Försters ist fast fertiggestellt. »Noch ein paar Tage Arbeit, dann bin ich zufrieden«, sagt der ruhige Meister. Jeder Grabstein, den Edelbert erstellt, ist mehr als nur ein Stein, es ist eine Erinnerung an den Verstorbenen, ein Zeugnis seines Lebens, seines Wirkens und ein Symbol der Verbundenheit zwischen den Hinterbliebenen und dem Verstorbenen. Und so fertigt Edelbert sein Kunstwerk mit Anteilnahme und Demut.
Der Steinbildhauerberuf ist ein sehr altes Handwerk, dem wir unsere prächtigen Kirchen, monumentalen Kathedralen und herrschaftlichen Schlösser verdanken, die größten Kunstwerke unserer Handwerker. Heute benötigen die sakralen und profanen Bauten ständige Restaurationsarbeiten. Und so ist das Steinbildhauerhandwerk nicht nur auf die Erstellung von Grabsteinen beschränkt. Auch im Hausbau sind Steinmetzarbeiten gefragt: von Fensterbänken über Steintreppen bis zu Bodenbelägen, und in ländlichen Gegenden natürlich Brunnentröge, die vor jedem Bauernhof stehen. Edelbert fertigt solche Tröge, stellt aber auch Plastiken und Sonnenuhren her. Um sich von seiner Kunst zu überzeugen, reicht ein Gang über den Friedhof Bernaus, der eine ganz besondere Atmosphäre ausstrahlt. Eingebettet in die grandiose Naturlandschaft des Schwarzwalds wird der Friedhof von den umliegenden Bergen gesäumt, die wie grüne Wachposten in den Himmel ragen. Sie sind die Behüter seiner Kunst.
Kontakt
Steinbildhauer Edelbert Wasmer
Schmaleckweg 1
79872 Bernau im Schwarzwald
Telefon: 07675 838
E-Mail: [email protected]
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