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Grundwissen Psychisch Kranke


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vermeiden häufig entsprechende soziale Situationen. Auswirkungen der sozialen Phobie mit negativen Folgen können etwa sein, dass nicht vor einer Gruppe geredet werden kann oder dass Hemmungen bestehen, etwa Gespräche mit Vorgesetzten oder anderen Autoritätspersonen zu führen. In diesen Fällen kommt es oft zu einer vollkommenen Vernachlässigung von entsprechenden Verpflichtungen. Manchmal zeigt sich aber eine soziale Phobie auch darin, dass entsprechende Patienten sich nicht trauen, in Gemeinschaft zu essen.

      Auch für die soziale Phobie gilt, dass bei entsprechenden auslösenden Situationen zum Teil heftige Körperreaktionen, wie bei der Agoraphobie beschrieben, auftreten können; im fortgeschrittenen Krankheitsverlauf zeigt sich dann meist auch ein umfassendes Vermeidungsverhalten. Die soziale Phobie zeichnet sich auch durch starke Angstreaktionen aus, wobei die Übergänge etwa zu mangelndem Selbstbewusstsein, selbstunsicheren Persönlichkeitsstrukturen oder dem, was umgangssprachlich als Schüchternheit bezeichnet wird, sehr oft fließend und im Einzelfall nicht immer deutlich abgrenzbar sind.

       Ängste ohne spezifische situationale Auslöser

       Panikstörung (ICD-10: F 41.0)

      Die Panikstörung ist eine Angst, die durch immer wiederkehrende, oft sehr schwere Angstattacken gekennzeichnet ist; diese treten aus Sicht des Betroffenen häufig aus heiterem Himmel auf und sind meistens nicht an spezielle Situationen und/oder Umstände gebunden. Dies macht häufig auch den Leidensdruck für die Patienten aus, da das Auftreten einer Panikattacke in aller Regel nicht vorhergesagt werden kann und damit auch durch Vermeidungsverhalten (wie bei der Agoraphobie beschrieben) keine Angstvermeidung oder Angstreduktion erreicht werden kann. Vielmehr kann die Panikattacke in jeder Situation plötzlich und überfallartig auftreten. Dabei zeichnet sie sich durch eine erhebliche körperliche Symptomatik aus, bis hin zu Gefühlen, einen Schlaganfall oder Herzinfarkt zu erleiden und in dieser Situation zu sterben. Die Panikattacke kann tatsächlich zu Zusammenbrüchen oder auch zum Einnässen oder Einkoten führen. Da die Panikattacke keine Situationsbezogenheit aufweist, findet auch kein Vermeidungsverhalten statt; allerdings verlieren Panikpatienten das Vertrauen in ihre eigene Funktionstüchtigkeit und in die Funktionstüchtigkeit des eigenen Körpers, sodass sie sich insgesamt „aus dem Leben zurückziehen“ und somit ein umfassendes, sogenanntes sekundäres Vermeidungsverhalten ausbilden. Im Gegensatz zum Vermeidungsverhalten bei der Agoraphobie, der sozialen Phobie und der spezifischen Phobie verhindert allerdings dieses sekundäre Vermeidungsverhalten nicht das mögliche Auftreten einer Panikattacke, etwa auf dem heimischen Sofa.

      Die Panikstörung kann alleine auftreten, häufig aber auch in Verbindung mit einer Agoraphobie.

       Generalisierte Angststörung (ICD-10: F 41.1)

      Die generalisierte Angststörung zeigt sich darin, dass über viele oder fast alle Lebensbereiche eine anhaltende Angst vorliegt, die nicht auf bestimmte Stimuli beschränkt ist. Es zeigen sich sehr unterschiedliche Symptome wie Nervosität, ständiges Zittern, Muskelanspannungen, ständiges Schwitzen, Schwindelgefühle, Magen-/Darmbeschwerden. Gemeinsames grundlegendes Merkmal der generalisierten Angststörung ist eine ausgeprägte Tendenz, sich um alles und jeden Sorgen zu machen oder ständige Vorahnungen zu haben bezüglich bevorstehender schlimmer Ereignisse. Ein konkretes Beispiel wäre ein Mensch, der im Wohnzimmer sitzt und draußen das Martinshorn eines Einsatzwagens der Polizei, Feuerwehr oder des Notarztes hört und sofort in eine ausgeprägte Angst und Sorge ausbricht, dass einem seiner Angehörigen jetzt etwas passiert ist. Die generalisierte Angststörung weist viele Ähnlichkeiten mit verschiedenen Formen der depressiven Erkrankungen auf. Was sie von der Depression unterscheidet ist die Tatsache, dass Patienten mit generalisierter Angststörung häufig keinen Verlust bestehender Lebensfunktionen wie Antrieb, Appetit oder Schlaf aufweisen.

       Sonderformen angstverwandter Erkrankungen

       Zwangsstörung (Zwangsgedanken oder Zwangshandlungen) (ICD-10: F 42)

      Die Zwangsstörungen gehören nicht zu den Angststörungen im engeren Sinne; vielmehr zeichnen sich Zwangsstörungen dadurch aus, dass daran erkrankte Patienten häufig immer wiederkehrende Zwangsgedanken mit gewalttätigen oder obszönen Inhalten haben oder ritualisierte Zwangshandlungen (übermäßiges Kontrollieren von Türklinken oder Elektrogeräten, übermäßiges Duschen und Händewaschen) ausführen. Hinter diesen Zwangshandlungen und Zwangsgedanken stehen aber in der Regel Sorgen, Ängste und Befürchtungen, dass bei Unterbleiben gefährliche, unangenehme oder peinliche Ereignisse auftreten könnten. So hat der Patient mit Waschzwängen häufig eine große Angst davor, dass bei Unterbleiben verschiedener Wasch- und Reinigungsrituale eine Ansteckung mit gefährlichen und lebensbedrohlichen Erkrankungen eintritt; der Kontrollzwangspatient hat Ängste vor dem Eintreten von Unfällen, Diebstählen oder ähnlichem.

      Im Gegensatz zu den situationsbezogenen Ängsten, die oft auf eine aktuelle oder kurz bevorstehende konkrete Situation gerichtet sind, sind Zwangshandlungen und Zwangsgedanken häufig auf manchmal weit in der Zukunft liegende Ereignisse mit statistisch gesehen niedriger Auftretenswahrscheinlichkeit gerichtet. Falls ein entsprechender Patient sein Zwangsritual nicht ausüben kann, kommt es aber trotzdem zu ausgeprägten körperlichen Reaktionen, wie es auch bei oben beschriebenen Ängsten der Fall ist.

       Posttraumatische Belastungsstörung (ICD-10: F 43.1)

      Ebenfalls einen Sonderfall nimmt die „Posttraumatische Belastungsstörung“ (häufig findet man auch die Abkürzungen PTBS oder nach der englischen Bezeichnung Posttraumatic Stress Disorder: PTSD) ein, die nach der ICD-10 nicht zur Gruppe der Angststörungen gehört, sondern zu den sogenannten „Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen“. Neben der ICD-10 gibt es noch ein weiteres, insbesondere für psychiatrische Erkrankungen wichtiges Diagnosemanual, das „Diagnostische und statistische Manual psychischer Störungen“ (DSM-IV)2. In diesem wird die posttraumatische Belastungsstörung zu den Angststörungen gezählt. Von der Symptomatik der posttraumatischen Belastungsstörung zeigt sich in der Tat eine gewisse Ähnlichkeit zu den verschiedenen Angststörungen. So leiden Patienten mit PTBS auch unter einem erhöhten psychophysiologischen Erregungsniveau, sind häufig angespannt und zeigen ein ausgeprägtes Vermeidungsverhalten vor schwierigen Situationen. Zusätzlich finden sich Alpträume und hartnäckige, nicht zu stoppende Erinnerungsattacken an das auslösende Ereignis. Wichtigster Unterschied der PTBS zu den Angststörungen ist jedoch, dass für die posttraumatische Belastungsstörung als diagnostisches Kriterium zwingend gefordert ist, dass ein traumatisierendes Ereignis von außergewöhnlichem Schweregrad (tatsächliche Bedrohung von Leben oder Gesundheit) vorhanden ist. Nur wenn ein solches auslösendes und traumatisierendes Ereignis mit dem entsprechenden Schweregrad vorliegt, kann von einer posttraumatischen Belastungsstörung gesprochen werden; bei Angststörungen kann, muss es aber in der weitaus größten Zahl der Fälle nicht zu einem auslösenden Ereignis gekommen sein. Auch die posttraumatische Belastungsstörung lässt sich verhaltenstherapeutisch gut behandeln.3

       Epidemiologie und Komorbidität

       Häufigkeit von Angsterkrankungen

      Generell gehören Angststörungen zu den häufigsten seelischen Erkrankungen; je nach Studie wird für sämtliche Formen der Angsterkrankungen von einer sogenannten Lebenszeitprävalenz (d. h. wie viele Menschen erkranken im Laufe ihres Lebens zumindest einmal an einer Angsterkrankung) zwischen knapp 14 und knapp 25 % ausgegangen4 (Bandelow 2001); dies bedeutet, dass jeder Vierte bis Siebte einmal in seinem Leben an einer Angststörung leiden wird.

       „Die Agoraphobie weist eine Lebenszeitprävalenz nach Schneider und Markgraf (1998)5 von knapp 6 %, die Panikstörung von 2,4 % auf.

      Die spezifischen Phobien kommen nach Perkonigg & Wittchen (1995)6 auf Häufigkeiten zwischen 4,5 und 11 %, die soziale Phobie zwischen 11 und 16 %.

       Komorbidität

      Nach Wittchen (1991)7 leiden Angstpatienten häufig meist zusätzlich unter Depressionen und vor allen Dingen unter Medikamenten- und Alkoholabusus. Alkoholmissbrauch ist eine der häufigsten Komorbiditäten und oft Folge eines sogenannten