Kommunikation in der psychologischen Krisenintervention (Hallenberger, 2006, 2009) verdeutlicht die Wichtigkeit sachgerechter Kommunikation bei der Bereitstellung von Hilfe für alle Beteiligten einer Krise (schwerer Verkehrsunfall, Schusswaffengebrauch, Naturkatastrophe, schwere Familientragödie).
Kommunikation in Notfallsituationen (Gasch, 2011) greift psychologische Kommunikationsprobleme auf, die in einer Notfallsituation aufgrund von hohem Stressniveau der Beteiligten und Informationsüberlastung entstehen können.
Großschadensereignisse stellen hohe Anforderungen an die Kooperation und Kommunikation der beteiligten Menschen und Organisationen, die schnell und effizient zusammenarbeiten müssen (Lasogga & von Ameln, 2010).
Abweichend von der bisher überwiegenden Außenperspektive kann der Blick auch nach Innen gerichtet und die Kommunikation innerhalb der Polizeibehörde betrachtet werden. Die gesunde Kommunikation von Polizistinnen und Polizisten im Sinne des Einflusses der Kommunikation auf die Gesundheit von Polizisten (Sandvoß, 2009) beschäftigt sich mit der Kommunikation im Arbeitsalltag der Polizei, die ein Grund für psychosomatische Erkrankungen von Polizeibeamtinnen und -beamten sein kann.
Eine bestimmte Seite des polizeilichen Alltags beschreibt Wiendieck (2003) in seinem Beitrag Polizei im Spannungsfeld zwischen Professionalität und Aggressivität. In der von ihm durchgeführten Studie wird das Selbst- und Aufgabenverständnis der Polizei im Zusammenhang mit polizeilichen Übergriffen untersucht. Dazu werden fiktive, aber doch an Sachverhalten aus Polizeiarchiven angelehnte Fallbeispiele durch Polizeibeamtinnen und -beamte bewertet, die u. a. eine erhebliche kommunikative Komponente aufweisen. So wird in Fall 1 auf die Beschwerde einer älteren Frau mit den Worten, wenn Sie meinen, dass interessiert mich, dann sind sie falsch informiert, reagiert. Im zweiten Fallbeispiel wird einem Bürger, der seinen 90-jährigen Großvater zum Arzt gebracht hatte und deshalb kurzzeitig den Straßenverkehr aufgehalten hat, mitgeteilt: „Wir sehen hier keinen Opa. Sie warten und fahren erst weiter, wenn wir mit Ihnen fertig sind“ (Wiendieck, 2003, S. 50).
In der polizeipsychologischen Literatur werden bei der Aufbereitung von Sachverhalten kritische Ereignisse behandelt, in denen Kommunikation eine entscheidende Rolle spielt. So werden in dem Buch Moderne Polizeipsychologie in Schlüsselbegriffen von Hermanutz, Ludwig und Schmalzl (2001) 38 Themen behandelt, von denen die meisten mittelbar und viele unmittelbar mit der Kommunikationsfähigkeit des Beamten bzw. der Beamtin zu tun haben, u. a.: Gesprächsführung mit dem Bürger (Dubbert), Lautsprecherdurchsagen (Eggers), Mitarbeitergespräche (Ludwig), Nonverbale Kommunikation/Körpersprache (Eggers) oder Vorgesetzten-Feedback (Ludwig).
Kommunikationsfähigkeit
In einer differenzierten Betrachtung beruflicher Rollen ist zu beobachten, dass „in vielen Berufen der Umgang mit anderen Menschen Kernbestandteil der täglichen Arbeit (ist), in vielen anderen Berufen wesentlicher Begleitumstand, und es gibt kaum einen Beruf, für den dieser Verhaltensbereich keine Bedeutung hätte“ (Blaschke, 1987, S. 142). Wird in diesem Zusammenhang der Beruf des Polizeibeamten und der Polizeibeamtin betrachtet, so zeigt sich, dass der Kontakt mit anderen Menschen ein zentrales Merkmal der polizeilichen Arbeit darstellt. Auf Grund der Bedeutung der Kommunikation für eine Vielzahl an polizeilichen Aufgaben wird deshalb eine hohe Kommunikationsfähigkeit von Polizeibeamten und Polizeibeamtinnen gefordert.
Dabei kann sie als eine von mehreren Schlüsselqualifikationen verstanden werden wie z. B. Fähigkeiten zum lebenslangen Lernen, zur Analyse und Planung, zur Kooperation oder Dimensionen wie Ausdauer, Konzentration und Leistungsmotivation (Mertens, 1974).
In einer Systematisierung dieser Fähigkeiten werden sechs verschiedene Bereiche von Schlüsselqualifikationen unterschieden (Grunwald, 1990): Fachliche, konzeptionelle, methodische und kommunikative Qualifikationen, soziale Verantwortung und Persönlichkeit. Innerhalb dieser Einteilung wird Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit zum einen als ein Persönlichkeitsmerkmal verstanden, ist damit zeitlich stabil und nur begrenzt trainierbar. Davon abgegrenzt wird zum anderen der Begriff der kommunikativen Qualifikation, dem folgende Merkmale zugeschrieben werden:
• Innere Grundhaltung: Selbstöffnung, Aufrichtigkeit, Authentizität, Zivilcourage, Selbstvertrauen, Gerechtigkeitsempfinden
• Auseinandersetzung mit der eigenen Person (Stärken/Schwächen; Selbstkritik; Umgang mit Erfolgen/Misserfolgen; Wirkung auf andere; Umgang mit eigenen Ängsten, Minderwertigkeitsgefühlen, Unsicherheiten; etc.)
In der aktuellen Betrachtung beruflicher Anforderungen wird unter anderem die Soziale Kompetenz hervorgehoben, die einen engen Zusammenhang zu dem Konzept der Schlüsselqualifikationen aufweist. „Zur sozialen Kompetenz gehört, andere Menschen in ihrem Handeln zu verstehen und mit ihnen angemessen umzugehen“ (Pennig, 2001, S. 200). Insofern überrascht es nicht, dass neben Elementen wie Einfühlungsvermögen, Kooperation, Kollegialität, Durchsetzungsfähigkeit und Rhetorik bzw. Ausdruck die Kommunikationsfähigkeit der Sozialen Kompetenz zugeordnet wird.
Bevor im folgenden Abschnitt 2 mit dem Grundmodell der Kommunikation der Einsteig in die Kommunikationstheorien erfolgt, wird zunächst dargelegt, welches die Ziele der Kommunikation sind. Ein zentrales Ziel von Kommunikation besteht darin, jemanden zu etwas zu veranlassen (Kommunikation zur Steuerung des Verhaltens). Ob diese Sende-Absicht wenigstens ansatzweise erreicht worden ist, kann dann durch das Empfangsresultat überprüft werden. Kommunikation gilt dann als erfolgreich, wenn das beabsichtige Ziel erreicht werden konnte. Ein weiterer Zweck von Kommunikation besteht darin, „in zwischenmenschlicher Hinsicht besser klarzukommen“ (Schulz von Thun, 2008, S. 12). Beide angesprochenen Aspekte werden sich wie ein roter Faden durch die nachfolgenden Theorien der Kommunikation ziehen. Weitere Zwecke der Sprache bestehen in dem Ausdruck von Wissen und Grundhaltungen (Ungerer, 2006).
2 Das Grundmodell der Kommunikation
Um ein grundlegendes Verständnis von Kommunikation zu bekommen, wird in der Regel zunächst das Grundmodell der Kommunikation (Sticher, 2012) erläutert, welches auch als Sender-Empfänger-Modell (Graumann, 1972, zitiert nach Nerdinger, 2011) oder als klassisches Kommunikationsmodell (Herrmann, 1992) bezeichnet wird. Alle Beschreibungen und Darstellungen des Grundmodells beziehen sich in ihrem Ursprung auf das nachrichtentechnische Modell der Kommunikation von Shannon und Weaver (1949) und auf die Lasswell-Formel (Lasswell, 1948), die über das nachrichtentechnische Modell hinaus bereits psychologische Aspekte integriert (Hofinger, 2008).
Abbildung 1
Damit ein Einstieg in das Verständnis für den Ablauf der Kommunikation zwischen Personen erreicht werden kann, wird das Grundmodell der Kommunikation zunächst in einer stark vereinfachten Weise dargestellt (s. Abb. 1).
Das basale Verständnis von menschlicher Kommunikation beinhaltet stets die Vorstellung davon, dass eine Botschaft von einer Person an eine andere Person übertragen wird. Derjenige, der die Botschaft absendet, wird zweckmäßigerweise als Sender bezeichnet, wohingegen derjenige, der die Botschaft entgegennimmt, Empfänger genannt wird. Um eine Botschaft übermitteln zu können, muss der Sender zunächst etwas Enkodieren, was häufig auch als Verschlüsseln bezeichnet wird. Was genau beim Vorgang des Enkodierens verschlüsselt wird und wie daraus eine Botschaft wird, soll in der Erläuterung des erweiterten Grundmodells dargelegt werden (s. Abb. 2). Bei dem Versuch, die ankommende Botschaft aufzunehmen, versucht der Empfänger sie zu entschlüsseln (Dekodieren), „d.h. er muss die eingehenden Symbole in eine für ihn verständliche Form übersetzen“ (Nerdinger, 2011, S. 59). Analog zum Prozess des Enkodierens wird das Dekodieren im erweiterten Modell beschrieben.
Hinter dem Begriff der Botschaft verbirgt sich nicht etwas Eindimensionales, sondern ein vielschichtiges Konstrukt. Zunächst besteht sie aus den Codes (Zeichen), mit denen der Sender sie ausgestattet hat. Dabei handelt es sich nicht nur um sprachliche, sondern auch um nonverbale (Körpersprache), paraverbale (Stimmeigenschaften, Sprechverhalten) oder schriftliche Anteile der Botschaft, die miteinander in Zusammenhang