Группа авторов

Grundwissen Kommunikation


Скачать книгу

2 sind äußere Einflüsse zu verstehen (z. B. Lärm, Überlagerung mehrerer Botschaften, etc.), die eine vollständige Übertragung der Botschaft verhindern. Beispiele für diese Störungsart werden im Rahmen polizeilicher Stabsarbeit genannt (Thieme & Hofinger, 2008), da hier besonders viele Faktoren auf die Teamkommunikation Einfluss nehmen (Hofinger, 2005). Konkret gehören Telefone mit lauten Signalen, Lautsprecher, die zum Mithören eingeschaltet sind, Fax-Geräte und Projektoren, die dauerhaft unangenehme Geräusche verursachen, Raucher und auch der Andrang von Besuchern und Beobachtern dazu (Thieme & Hofinger, 2008, S. 285). In zwei in der Öffentlichkeit besonders bekannten Einsatzlagen haben äußere sowie technische Störungen dramatische Auswirkungen gehabt: Bei der Geiselnahme von Gladbeck im Jahr 1988 waren „zeitweise etwa 27 Personen im Lagezentrum anwesend, von denen aber nur etwa 16 Personen unmittelbar mit der Einsatzbewältigung befasst waren“ (Thieme & Hofinger, 2008, S. 285).

      Der polizeiliche Bezug des Grundmodells der Kommunikation ist offensichtlich aber auch trivial, weil es eben das Grundverständnis von Kommunikation beschreibt und damit für sämtliche menschliche Interaktionen und damit die meisten Berufe relevant ist. Aus der Vielzahl der Ereignisse, in denen die Kommunikation im polizeilichen Alltag eine besondere Bedeutung aufweist (s. Abschnitt 1), kann für den Transfer der theoretischen Ausführungen auf die polizeiliche Praxis der Aspekt Lautsprecherdurchsagen herausgegriffen werden. Dieses Praxisbeispiel ist auch aus dem Grund besonders relevant, da es sich um eine Einwegkommunikation mit nur sehr geringer Möglichkeit der Rückmeldung handelt. In den kommunikationstheoretischen Hinweisen zur Gestaltung von Lautsprecherdurchsagen (Eggers, 2001) werden die soeben dargestellten Elemente und Störquellen aus dem Grundmodell der Kommunikation aufgegriffen. So werden Absender und Adressat anhand ihrer Merkmale thematisiert und häufige Fehler beschrieben.

      Mit Bezug zur Störquelle 2 wird das Anheben der Tonhöhe, ein zu schnell und ein zu lautes Sprechen erwähnt, womit dann die grundlegende Übertragung der Nachricht behindert wird.

      Probleme beim Dekodieren (Störquelle 3) der Nachricht für die Betroffenen ergeben sich durch ungeeignete Formulierungen bei der Lautsprecherdurchsage. In dem Zusammenhang wird empfohlen auf sogenannntes Amtsdeutsch und auf polizeiliche Fachsprache und Formalismen zu verzichten. So sehr Sätze wie die CVPO-Schnittstelle überträgt die Datensätze aus ComVor nach POLAS und nach Abschluss der Verfahrensbearbeitung zur PKS für den Insider zu verstehen sind, so müssen sie doch als nicht allgemeinverständlich und damit auch als nicht adressatengerecht angesehen werden.

      Um die Dekodierung der Nachricht bei Lautsprecherdurchsagen zu vereinfachen, besteht die grundsätzliche Anforderung darin, den Satzbau einfach, übersichtlich und kurz zu gestalten und auf eine einfache und klare Wortwahl in der Sprache der Adressaten zu achten.

      Mit dieser wichtigen aber doch vordergründigen Betrachtung menschlicher Kommunikation sind begriffliche und inhaltliche Grundlagen gelegt und mögliche Störungen erklärt worden. Das Sender-Empfänger-Modell allein beinhaltet allerdings ein zu kurz gefasstes Verständnis der Kommunikation zwischen Menschen (s. Kritik am klassischen Kommunikationsmodell in Herrmann, 1992). Dieses wird durch die fünf Axiome menschlicher Kommunikation nach Watzlawick et al. (2007, s. Abschnitt 3) erweitert und durch die vier Seiten einer Nachricht von Schulz von Thun (2008, s. Abschnitt 4) weiter differenziert.

       3 Menschliche Kommunikation nach Watzlawick, Beavon und Jackson

      Die reine Übertragung des nachrichtentechnischen Modells von Shannon und Weaver (1949) auf die menschliche Kommunikation befindet sich noch in einer einseitigen Sender-Empfänger-Logik und damit einer linearen Ursache-Wirkungs-Denkweise. Das Grundmodell der Kommunikation übernimmt zwar die Terminologie, berücksichtigt aber bereits die Rückkopplung, die eine zentrale Rolle in dem Werk Menschliche Kommunikation von Watzlawick et al. (2007) spielt. Hier werden die Kreisförmigkeit und Wechselwirkungen der Kommunikationsabläufe ohne Anfang und Ende im Sinne eines systemischen Denkens ebenso betont wie die Unmöglichkeit, nicht zu kommunizieren oder die Bedeutung der Metakommunikation als das Kommunizieren über Kommunikation. Im Folgenden sollen die Denkansätze der Gruppe um Paul Watzlawick zur Kommunikation anhand seiner berühmt gewordenen fünf metakommunikativen Axiome (s. Schaukasten 1) dargelegt werden, die er selber vielleicht noch treffender als Lehrsätze oder Grundeigenschaften der Kommunikation bezeichnet.

       Schaukasten 1

       Die fünf metakommunikativen Axiome menschlicher Kommunikation

       1. Man kann nicht nicht kommunizieren.

       2. Jede Kommunikation hat einen Inhalts- und Beziehungsaspekt, derart, dass letzterer den ersteren bestimmt und daher eine Metakommunikation ist.

       3. Die Natur einer Beziehung ist durch die Interpunktion der Kommunikationsabläufe seitens der Partner bedingt.

       4. Menschliche Kommunikation bedient sich digitaler und analoger Modalitäten.

       5. Zwischenmenschliche Kommunikationsabläufe sind entweder symmetrisch oder komplementär, je nachdem, ob die Beziehung zwischen den Partnern auf Gleichheit oder Unterschiedlichkeit beruht.

      Die Bedeutung der als vorläufig und ohne Anspruch auf Vollständigkeit und Endgültigkeit bezeichneten fünf Prinzipien wird unter anderem in ihrer praktischen Nützlichkeit gesehen: Entscheidend für eine erfolgreiche Kommunikation ist die Berücksichtigung der Axiome im Sinne einer Reflektion über eben diese Eigenschaften der Kommunikation. Dabei ist festzuhalten, dass unter bestimmten Bedingungen im Rahmen der fünf Prinzipien die Kommunikation gestört werden kann, was als pathologische oder gestörte Kommunikation bezeichnet wird (Watzlawick et al., 2007). Aus diesem Grund wird in diesem Abschnitt zunächst das jeweilige Axiom beschrieben, dann gelingende und gestörte Kommunikation erläutert, um daraus die Ableitung für polizeiliches Handeln zu ziehen.

       1. Die Unmöglichkeit, nicht zu kommunizieren

      Mit dem 1. Axiom, man kann nicht nicht kommunizieren, ist eine bestimmte Vorstellung des Begriffs Kommunikation verbunden. Es geht dabei nicht um einen konkreten kommunikativen Akt im Sinne einer Mitteilung, die selbstverständlich unterlassen werden kann, z. B. in dem nicht geantwortet bzw. reagiert wird. Hinter der Feststellung, dass es nicht gelingen kann, nicht zu kommunizieren, verbirgt sich die Gleichsetzung von Kommunikation und Verhalten. Da jedes Verhalten, also auch die Verweigerung einer einzelnen Kommunikationssequenz (z. B. eine Reaktion), eine Botschaft beinhaltet und damit einen kommunikativen Charakter hat und es kein Gegenteil von Verhalten gibt, ist es eben nicht möglich, nicht zu kommunizieren. Mit anderen Worten: Egal, wie sich eine Person auch verhält, sie sendet stets Botschaften (verbal, nonverbal, paraverbal) aus und betreibt auf diese Weise immer Kommunikation. Eine Interaktion mit dem Partner in einer Situation gelingt dann eher, wenn es den einzelnen Personen bewusst ist, dass sie mit ihrem Verhalten stets eine Rückmeldung geben. Daraus sollte dann der Schluss gezogen werden, Kommunikation bewusst zu betreiben und entsprechend der eigenen Absicht zu gestalten.

      Im Gespräch mit dem polizeilichen Gegenüber besteht die Ausgangssituation bei vielen Anlässen (Zeugenvernehmung, Aufnahme eines Verkehrsunfalls, etc.) darin, dass es sich für die Bürgerin bzw. den Bürger um ein einmaliges und emotional anspannendes Erlebnis handelt, während die Polizeibeamtin bzw. der Polizeibeamte dabei eine häufig auftretende Routinesituation bearbeitet. Daher ist es für die Beschäftigten der Polizei wichtig sich zu verdeutlichen, dass bestimmte Botschaften (geringe Anteilnahme, Bemerkungen wie: „Nicht auch noch vor Dienstschluss“) als mangelnde Wertschätzung in der für den Bürger bzw. die Bürgerin besonderen Situation empfunden wird, ohne dass dahinter eine bewusste negative Absicht steht. Hier könnte es allen Beteiligten helfen, wenn die Polizistinnen und Polizisten die ihnen bekannte Technik des Aktiven Zuhörens (Schwäbisch & Siems, 1997) in ihren drei Phasen (1) Verständnisvolles Zuhören, (2) Paraphrasieren und (3) Verbalisieren emotionaler Erlebnisinhalte anwenden würden (s. Kap. Aktives Zuhören von Hallenberger in diesem Band).

      In einem Experiment kann die Bedeutung des 1. Axioms und des Verständnisvollen Zuhörens verdeutlicht werden (s. Schaukasten 2).

       Schaukasten 2