= VmΔp. Zur Lösung der Aufgabe müssen wir daher zunächst die Molvolumina beider Phasen kennen; wir erhalten sie aus der Dichte ρ und der Molmasse M gemäß Vm = M/ρ. Die gesuchte Beziehung lautet dann Δμ = MΔp/ρ. Achten Sie auf die verwendeten Einheiten: Sie müssen die Dichte in Kilogramm pro Kubikmeter (kg m−3) und die Molmasse in Kilogramm pro Mol (kg mol−1) angeben; außerdem gilt 1 Pa m3 = 1 J.
Lösung Die molare Masse von Wasser beträgt 18,02 g mol−1 (1,802 × 10−2 kg mol−1); durch Einsetzen aller Zahlenwerte erhalten wir somit für eine Erhöhung des Drucks um 1,00 bar (1,00 × 105 Pa):
Hinweis Das chemische Potenzial von Eis nimmt mit steigendem Druck schneller zu als das von Wasser; wenn sich beide Phasen bei 1 bar im Gleichgewicht befinden, schmilzt das Eis bei 2 bar.
Selbsttest 4.1
Wiederholen Sie die Rechnung für die feste und die flüssige Phase von Kohlendioxid (Molmasse 44,0 g mol−1), die sich miteinander im Gleichgewicht befinden. Gegeben sind die Dichten mit 2,35 g cm−3 bzw. 2,50 g cm−3.
[Antwort: Δμ (l) = + 1,87 J mol−1, Δμ (s) = + 1,76 J mol−1; feste Phase wird gebildet.]
(c) Die Druckabhängigkeit des Dampfdrucks
Wenn auf eine kondensierte Phase Druck ausgeübt wird, steigt ihr Dampfdruck, weil Moleküle aus ihr „heraus gedrückt“ werden und als Gas entweichen. Der erforderliche Druck kann mechanisch oder mithilfe eines unter Druck stehenden Inertgases ausgeübt werden (Abb. 4.15); in letzterem Fall ist der Dampfdruck der Partialdruck der gasförmigen Phase, die sich mit der kondensierten Phase im Gleichgewicht befindet. In der folgenden Herleitung 4.2 werden wir diesen Effekt thermodynamisch untersuchen und eine Beziehung zwischen dem ausgeübten Druck P und dem Dampfdruck p entwickeln.
Abb. 4.15 Verschiedene Methoden, auf eine kondensierte Phase Druck auszuüben: (a) die kondensierte Phase selbst wird komprimiert, (b) der Druck wird durch ein Inertgas erzeugt. Mit steigendem Druck nimmt der Dampfdruck der kondensierten Phase zu.
Herleitung 4.2: Der Dampfdruck einer Flüssigkeit unter äußerem Druck
Zur Berechnung des Dampfdrucks einer unter Druck stehenden Flüssigkeit gehen wir davon aus, dass die chemischen Potenziale von flüssiger und gasförmiger Phase gleich sind: μ (l) = μ (g). Bei jeder Zustandsänderung, bei der das Gleichgewicht aufrecht erhalten wird, muss die Änderung von μ (l) genau der von μ (g) entsprechen: dμ (l) = dμ (g).
Schritt 1 Formulierung von Ausdrücken für die Änderungen der chemischen Potenziale aufgrund der Druckänderung.
Wenn der auf die Flüssigkeit wirkende Druck um dP zunimmt, ändert sich das chemische Potenzial dieser Phase um dμ (l) = Vm (l) dP und das chemische Potenzial der Gasphase um dμ (g) = Vm (g) dp. Dabei ist dp die Änderung des Drucks p der Gasphase, des Dampfdrucks, die wir berechnen wollen. Wenn wir für die Gasphase ideales Verhalten annehmen, können wir das molare Volumen durch Vm (g) = RT/p ersetzen und erhalten dμ (g) = (RT/p) dp.
Schritt 2 Gleichsetzen der Änderungen der chemischen Potenziale von Dampf und Flüssigkeit.
Gleichsetzen der Änderungen der chemischen Potenziale beider Phasen (dμ (l) = Vm (l) dP und dμ (g) = (RT/p) dp) liefert
Achten Sie darauf, zwischen dem Gesamtdruck P und dem Partialdruck des Dampfs p zu unterscheiden. Wenn die Integrationsgrenzen benannt sind, können wir diesen Ausdruck leicht integrieren.
Schritt 3 Vorbereiten der Integration der Beziehung durch Identifizierung geeigneter Integrationsgrenzen.
Wenn auf die Flüssigkeit kein zusätzlicher Druck wirkt, entspricht ihr Druck P dem Dampfdruck p* unter Normalbedingungen; d. h. für P = p* gilt auch p = p*. Bei Anlegen eines zusätzlichen Drucks ΔP an die flüssige Phase wird deren Druck zu P = p + ΔP; p ist der gesuchte Dampfdruck. Vorausgesetzt, der Dampfdruck hängt nur wenig vom äußeren Druck ab (was wir später nachweisen werden), kann man in dieser Gleichung p in guter Näherung durch p* ersetzen; die obere Integrationsgrenze ist damit p* + ΔP. Wir haben also folgende Integration vorzunehmen:
(Im ersten Integral haben wir die Schreibweise der Variablen im Integrand von p nach p′ geändert, um eine Verwechslung mit der oberen Integrationsgrenze p auszuschließen.)
Schritt 4 Integration der Beziehung.
Wir teilen beide Seiten durch RT und nehmen an, dass das molare Volumen der Flüssigkeit im kleinen betrachteten Druckbereich konstant ist:
Die Integration ist nun nicht schwierig und führt zu
Wegen elnx = x können wir dies umstellen zu
Gleichung (4.4) ist die quantitative Beziehung zwischen dem Dampfdruck p unter einem ausgeübten Druck ΔP und dem Dampfdruck p* ohne zusätzlichen äußeren Druck.
Wenn die kondensierte Phase, auf die Druck ausgeübt wird, eine Flüssigkeit ist, muss man mit einer Komplikation rechnen, die wir hier nicht weiter diskutieren wollen: Das Inertgas kann sich in der Flüssigkeit lösen und so deren Eigenschaften verändern. Weitere Probleme entstehen durch zwischenmolekulare Anziehungskräfte der Spezies in der Gasphase, wodurch der Flüssigkeit Moleküle entzogen werden können (diesen Effekt nennt man Gassolvatation).
Illustration 4.10
Wasser hat bei 25 °C eine Dichte von 0,997 g cm−3 und folglich ein molares Volumen von 18,1 cm3 mol−1. Wenn der Druck um 10 bar zunimmt (also ΔP = 1,0 × 106 Pa), so ist
(mit 1 J = 1 Pa m3). Es ergibt sich p = 1,0073p*, also eine Zunahme um 0,73 Prozent.
4.2.2