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Storytelling in der Sekundarstufe I

      Da Storytelling und in diesem Zusammenhang insbesondere auch die Arbeit mit Picture Books bisher vorwiegend der Grundschuldidaktik zugeordnet wurden, stellt sich die Frage, warum diese Art der Textarbeit künftig auch in den weiterführenden Schulen stärker berücksichtigt werden sollte. Vier Argumente sollen an dieser Stelle hervorgehoben werden. Zunächst leitet sich gerade aus der Tatsache, dass Storytelling im Grundschulenglischunterricht häufig genutzt wird, ein wesentliches Argument für die Fortsetzung der Methode in der Sekundarstufe I ab. Der Übergang von der Grundschule auf die weiterführenden Schulen bringt für die Lernenden viele Veränderungen und Herausforderungen mit sich. Eine gewisse Methodenkontinuität im Sinne eines Einbezugs bereits bekannter und bewährter Verfahren kann den Übergang erleichtern.

      Ein zweiter sehr wesentlicher Faktor lässt sich als Bonding (vgl. Klippel 2006: 89) beschreiben. Indem die Schülerinnen und Schüler beim Storytelling vergleichsweise eng um die erzählende Lehrkraft gruppiert werden, wird bereits räumlich eine besondere Beziehung geschaffen. Das Geschichtenerzählen ist durch den intensiven Kontakt und die Interaktion zwischen Erzähler und Zuhörer immer auch ein sehr persönlicher Vorgang, was sich auf das Verhältnis zwischen Lehrkraft und Lernenden, aber auch insgesamt auf die Klassengemeinschaft positiv auswirken kann.

      In unterrichtspragmatischer Hinsicht ergeben sich weitere Gründe für Storytelling. Durch die große Auswahl an verfügbaren Stories und Picture Books lässt sich Storytelling mit nahezu jedem Thema verknüpfen. Mit vergleichsweise geringem Zeitaufwand können thematische Schwerpunkte gesetzt und auch komplexe Themen in anschaulicher Weise aufgegriffen werden.

      Zuletzt korrespondiert Storytelling stark mit den Zielen kompetenzorientierten Lernens und Lehrens, d.h. beispielsweise der Förderung kommunikativer, interkultureller und methodischer Kompetenzen sowie Text- und Medienkompetenz, wie sie in den Bildungsstandards oder auch im Kompetenzstrukturmodell für Moderne Fremdsprachen im bayerischen Lehrplan verankert sind (vgl. KMK 2012: 12; ISB 2016). Im Rahmen der kommunikativen Fertigkeiten als Teilbereich kommunikativer Kompetenz trainiert Picture-Book-basiertes Storytelling das Hörsehverstehen. Der interaktive Ansatz, der phasenweises Mitsprechen oder auch Unterbrechungen vorsieht, um beispielsweise predicting anzuregen, fördert zusätzlich die Sprechkompetenz. Hinsichtlich der sprachlichen Mittel bietet der thematische Fokus vieler Geschichten eine hervorragende Grundlage für die kontextualisierte Wortschatzeinführung, während so genannte repetitive oder cumulative Stories (vgl. Ellis/Brewster 2014: 14), d.h. Geschichten, bei denen immer wieder dieselbe Struktur aufgegriffen wird, sich für die Erarbeitung grammatikalischer Strukturen eignen. Als literaturdidaktischer Ansatz beinhaltet Storytelling außerdem umfangreiches Potential zum interkulturellen Lernen, sei es in kulturspezifischer Weise, um Einblicke in bestimmte Kulturen zu gewinnen – nicht zuletzt auch in deren literarische Traditionen – oder in kulturübergreifender Weise, um allgemeine Ziele wie Toleranz und Fremdverstehen anzubahnen. Die Interpretation der Geschichten und das gemeinsame Aushandeln von Bedeutung sind Teil der Textkompetenz. Erkennen die Lernenden beispielsweise durch die Arbeit mit Parodien oder adaptierten Märchen intertextuelle Strukturen oder ziehen sie Querverbindungen zu anderen Repräsentationen derselben Geschichten, erweitern sie schrittweise auch ihre Medienkompetenz.

      3 Textauswahl: Arten von Picture Books

      Für Picture-Book-basiertes Storytelling in der Sekundarstufe I stehen verschiedene Arten von Bilderbüchern zur Verfügung. Mit welcher Art von Text gearbeitet wird, hängt letztlich von den Kompetenzen ab, die gefördert werden sollen, aber auch von den Materialpräferenzen der Lehrkraft. Zur Klassifikation von Picture Books ergeben sich verschiedene Kategorien. Zunächst lassen sich auch auf Picture Books die traditionellen literarischen Gattungen anwenden. Häufig zu finden sind z.B. Volkserzählung, Märchen, Parody, Legende, Fabel, Biografie (Picture Book Biography) oder Erzählungen aus dem Bereich Young Fiction.

      Je nach intendierter Leserschaft stehen authentische1, didaktische oder didaktisierte Texte zur Auswahl, d.h. Texte, „die den englischsprachigen Zielkulturen entstammen und nicht für Unterrichtszwecke intendiert sind“ (Klippel/Doff 2009: 151), ursprünglich authentische Texte, die für Unterrichtszwecke adaptiert wurden, oder solche, die gezielt für den Fremdsprachenunterricht verfasst wurden. Authentische Texte bergen als kulturelle Dokumente unter anderem großes Potential zum interkulturellen Lernen und werden nicht zuletzt wegen ihres natürlichen Sprachgebrauchs häufig als motivierender empfunden als didaktisierte und didaktische Texte. Voraussetzung dafür ist jedoch die Passung zwischen sprachlichem Niveau und kognitivem Anspruch. Gerade bei Picture Books besteht ansonsten die Gefahr, dass Texte ausgewählt werden, die zwar sprachlich für die Unterstufe angemessen sind, sich inhaltlich jedoch an eine jüngere Zielgruppe richten. Diese Passung kann bei didaktisiertem oder didaktischem Material eher gewährleistet werden. Hier wird es jedoch eine Herausforderung bleiben, einerseits die sprachliche Progression der Lernenden zu berücksichtigen sowie sprachliche Komplexität zu reduzieren und zugleich in glaubwürdiger Weise bedeutungsvolle Botschaften zu transportieren. Letztlich lässt sich feststellen: „You may find excellent books and books of lesser quality in either category. Good readers and good authentic storybooks are closer together in terms of quality and appropriateness than is often said“ (Klippel 2006: 84).

      Im Hinblick auf den Einsatz der Bilderbücher für Storytelling stellt das Format der Bücher ein weiteres relevantes Kriterium dar. Gerade für größere Klassen erweisen sich so genannte Big Books als sehr hilfreich. Durch die großformatige Anlage der Bücher (z.B. A3 oder sogar noch größer) können alle um die Lehrkraft gruppierten Kinder die Bilder im Buch mitverfolgen. Zu den bekannten, als Big Book verfügbaren Geschichten gehören beispielsweise die Bilderbücher von Donaldson und Scheffler (z.B. The Smartest Giant in Town, The Gruffalo, The Snail and the Whale), Pfister (The Rainbow Fish) oder Willis und Ross (Boa’s Bad Birthday). Im Bereich des didaktischen Materials, stellt die Serie Big Story Books (2002) von Klippel und Preedy einen besonderen Fundus dar. Zusätzlich zu den acht Geschichten liegen umfangreiche Begleitmaterialien für die Lehrkraft vor, einschließlich einer Lehrerhandreichung, einer CD, auf der die Geschichten nachgehört werden können, und der Little Big Story Books mit Übungen für die Kinder, Farbfolien und Arbeitsblättern. Die Big Story Books wurden ursprünglich für die Grundschule konzipiert, die dem zweiten Lernjahr zugeordneten Geschichten (Big B, Debbie, The New Machine, Lost in Boston, Christmas Surprise) eignen sich aber auch für die fünfte Klasse. Da die Schülerinnen und Schüler oft mit sehr unterschiedlichen Englischkenntnissen aus der Grundschule kommen, bieten sich die Bände, die dem ersten Lernjahr zugeordnet sind (Have you seen my cat?, Ketchup with Everything, Tosh), für den Einsatz im Rahmen der Wiederholungsphase zu Beginn des fünften Schuljahres an. Eine Besonderheit der Big Story Books besteht darin, dass durch die Spiralbindung der Bücher für die Lernenden auf der Buchvorderseite immer jeweils eine Illustration sichtbar ist, während der Lehrkraft auf der Buchrückseite die Geschichte und zusätzliche Übungsvorschläge und Wortschatzhinweise vorliegen. Durch die umfangreiche didaktische Aufbereitung führen die Big Story Books auch Lehrkräfte mit wenig Erfahrung im Storytelling an den „Umgang mit Kniebüchern im Englischunterricht“ (Klippel/Preedy 2003: 6) heran. Da der Text nur für die Lehrkraft sichtbar ist, findet bei den Lernenden eine intensive Schulung des Hörsehverstehens statt. Die Übungsvorschläge bieten den für Storytelling wichtigen Raum für Interaktion.

      4 Vorgehensweise und Unterrichtsplanung

      Ist die Entscheidung bezüglich Text und Lernzielen getroffen, sind noch einige unterrichtspraktische Überlegungen notwendig, die das Classroom Management sowie die Unterrichtsplanung betreffen. Klippel und Preedy (2003: 6) stellen dazu fest:

      Die Arbeit mit Geschichten und den BIG STORY BOOKS sollte sich vom übrigen Englischunterricht schon dadurch unterscheiden, dass die Sitzordnung dem Unterrichtsthema angepasst wird. Überall und zu allen Zeiten versammeln Geschichtenerzähler und Bänkelsänger ihre Zuhörer im Halbkreis um sich herum.

      Die Lernenden