et oriente le travail du traducteur] (ebd.:224).
Dieser „unfassbare Rest“ – wir denken an das Unbewusste – beherrscht auch Paul DE MANS Kommentar zu BENJAMINS oben erwähntem Aufsatz. „Der amerikanische Dekonstruktivist deutet das Wort Aufgabe in ‘Die Aufgabe des Übersetzers’ als Verzicht, als Kapitulation vor dem Unübersetzbaren, das aus einer Aporie hervorgeht. Diese kommt dadurch zustande, dass die Forderung nach Originaltreue unaufhebbar der Forderung nach einer freien, der ZielspracheZielspraches. ZS treuen Übertragung widerspricht. DE MAN spricht in diesem Zusammenhang von einer ‘Aporie zwischen FreiheitFreiheit und TreueTreue zum Text’“ (ZIMAZima 1994:87).
Die Dekonstruktivisten nehmen vor allem die Widerstände wahr, auf die der ÜbersetzerÜbersetzer stößt. Problematisch ist es allerdings, wenn die „magische Seite der SpracheSprache“ (BENJAMINBenjamin) zu einem quasireligiösen Zauber hochstilisiert wird, um daraus die Aporie des Übersetzens abzuleiten. Dies führt für eine TheorieTheorie des Übersetzens völlig in die Sackgasse.
Die Dekonstruktion ist eine Denkmethode, die radikal alle Schemata und ihre sprachliche Fixierung in Frage stellt. Sie ist eigentlich nicht definierbar, weil ja eine Definition den Prinzipien der Dekonstruktion widerspräche und bei jeder Wiederholung selbst wieder dekonstruiert werden müsste. Dekonstruktion ist eine Art ständiges In-Beziehung-Setzen von Erkanntem zu anderem, und dadurch die Produktion von „neuem Sinn“. Dies eignet sich besonders für die Ideologiekritik, wo herkömmliche Überzeugungen kritisch hinterfragt werden sollen.
Kommentar
Wenn Sprachen als direkter AusdruckAusdruck einer KulturKultur, einer nationalen Eigentümlichkeit gesehen werden, können fremde Texte immer nur annähernd übertragen werden. Auffällig bei diesen relativistischen Theorien ist die BetonungBetonungs. Fokussierung des einzelnen Wortes, in dem sich die Fremdheit des anderen Weltbilds oder die Eigenart des Dichters, ja dessen unergründliches Unbewusstes konzentriert. Dann wird das ÜbersetzenÜbersetzen einer fixierten WahrheitWahrheit in der Tat unmöglich.
Die Wirkung SCHLEIERMACHERS war nicht eine Tendenz zum verfremdenden Übersetzen, sondern vielmehr ein neues Interesse an historisch-kritischer Textanalyse, was zur Entstehung der diachronischen Sprachforschung führte.
Lektürehinweise
Walter BENJAMINBenjamin (1923): „Die Aufgabe des Übersetzers“. In: H.J. STÖRIGStörig: Das Problem des Übersetzens. Darmstadt 1969, S. 156–169.
Jacques DERRIDA (2007): Psyche. Inventions of the other, vol. I. Chicago.
Philippe FORGETForget (Hrsg.) (1984): Text und Interpretation. München (UTB 1257).
Werner KOLLERKoller (1992, 82011): Einführung in die Übersetzungswissenschaft. Heidelberg/Wiesbaden (UTB 819), insbesondere Kapitel 2.1.
Mario WANDRUSZKAWandruszka (1984): Das Leben der Sprachen. Vom menschlichen Sprechen und Gespräch. Stuttgart.
Iwar WERLEN (2002): Sprachliche Relativität. Tübingen (UTB 2319).
BenjaminBenjamin Lee WHORFWhorf (1963): Sprache, Denken, Wirklichkeit. Beiträge zur Metalinguistik und Sprachphilosophie. Reinbek bei Hamburg.
Peter V. ZIMAZima (1994, 22016): Die Dekonstruktion. Tübingen (UTB 1805).
3 Universalistische ÜbersetzungstheorieÜbersetzungstheorie
Die SpracheSprache als KommunikationsinstrumentKommunikationsinstrument ist ein Zeichensystem, das logisch-grammatisch beschrieben werden kann. Auch die einzelnen Sprachzeichen sind analysierbar, ihr InhaltInhalt kann in Merkmale zerlegt werden. Die allen Menschen eigene Vernunft legt das Vorhandensein außereinzelsprachlicher UniversalienUniversalien nahe. Im Hinblick auf dieses ‘tertium comparationistertium comparationis’ sind alle Texte prinzipiell übersetzbar. Das ÜbersetzenÜbersetzen ist im Modell eine Koordination ausgangssprachlicher und zielsprachlicher Zeichen zu demselben Gemeinten.
3.1 Sprache als Kommunikationsinstrument
Eine ganz andere Ausgangssituation für das ÜbersetzenÜbersetzen ergibt sich, wenn man die SpracheSprache nicht als eine Kraft ansieht, die ein WeltbildWeltbild muttersprachlich determiniert (s. Kap. 2.3), sondern als kommunikatives Instrument mit der Funktion, den Gedanken AusdruckAusdruck zu verleihen, wenn es also weniger auf die verschiedenartigen Formen des Ausdrucks als vielmehr auf die gemeinsamen Inhalte ankommt. Zwar haben sich die Einzelsprachen der Erde je nach Umständen ganz verschiedenartig herausgebildet, weshalb die Notwendigkeit des Übersetzens besteht, doch sind aufgrund der gleichen biologischen Ausstattung aller Menschen hinsichtlich ihrer Sprachfähigkeit die Grundstrukturen des sprachlichen Umgangs mit der Welt überall ähnlich, und es wurden bisher keine „irregulären Sprachen“ gefunden (vgl. BUSSMANNBußmann 1990:820).
Dabei wird die allen Menschen eigene Vernunft als eine Quelle der ErkenntnisErkenntnis angenommen. Dieses Universalitätsaxiom der Vernunft bewirkt eine überindividuelle Geltung der SpracheSprache, weil diese aufgrund ihrer natürlichen Transparenz für die Vernunft selbst auch vernünftig und allgemein sein muss. Die dem Zeitalter der Aufklärung eigene Vorstellung allgemeiner logischer Formen, die womöglich allen Sprachen zugrunde liegen, legt das Konzept einer vernunftbasierten Universalsprache nahe. Diese BedeutungBedeutung wurde im Mittelalter der lateinischen Sprache beigemessen, und deren Vorrangstellung zunächst in Kirchenkreisen wurde dann auch auf die Wissenschaften der frühen Neuzeit übertragen. Latein war bis ins 16./17. Jh. die internationale Wissenschaftssprache. René DESCARTES hat sich mit dem Projekt einer „Universalsprache“ als künstlicher Weltsprache beschäftigt.1
Die im Geiste des französischen Rationalismus 1660 verfasste „GrammatikGrammatik von Port-Royal“ basiert auf dem Konzept allgemeiner logischer Formen.2 Diese allgemeine und theoretisch-kritische Grammatik von A. ARNAULD und E. LANCELOT versuchte auf der Basis von Griechisch, Latein und Französisch Kategorien zu entwickeln, die für alle Sprachen Gültigkeit haben. Die SpracheSprache ist bestimmt von ihrer instrumentalen Funktion, den Gedanken Ausdruck zu geben. Sie ist ein Zeichensystem, das so aufgebaut ist, wie es diesem Zweck am meisten entspricht.
3.2 Zeichentheorien und Funktionen der SpracheSprache
Die logische Betrachtung der SpracheSprache als ein Zeichensystem hat im 20. Jahrhundert die moderne SprachwissenschaftSprachwissenschafts. Linguistik hervorgebracht. Als systematische Beschreibung einzelner Sprachen gewinnt sie ihren Gegenstand nur mittelbar aus der Abstraktion der empirisch beobachtbaren Sprachäußerungen. Weichensteller war hier Ferdinand de SAUSSURES Cours de linguistique générale (1916).1Saussure Forschungsgegenstand war für ihn nicht die menschliche RedeRedes. parole in ihrer Gesamtheit (langage), denn die erschien ihm als „ein wirrer Haufe verschiedenartiger Dinge, die unter sich durch kein Band verknüpft sind“ (1967:10).
Er unterschied zwei Ebenen der Betrachtung: Objekt der SprachwissenschaftSprachwissenschafts. Linguistik ist das SprachsystemSprachsystem (languelangues. Sprachsystem) als abstraktes Inventar von Sprachzeichen und grammatischem Regelsystem zu deren Verknüpfung, das als soziales Faktum den Individuen zur Verfügung steht. Empirisch beobachtbar sind allerdings nur die tatsächlichen Sprachäußerungen, die RedeRedes. parole (paroleparoles. Rede, Äußerung). Es entstanden einige Grundbegriffe, die seither in der SprachwissenschaftSprachwissenschafts. Linguistik ständig wiederkehren, und auch viele Übersetzungstheorien verwenden sie oder berufen sich darauf. Um eine Verständnisbasis zu schaffen, werden sie im Folgenden kurz skizziert.
Bei der wissenschaftlichen Beschreibung von Sprache lassen sich verschiedene Perspektiven anwenden, und entsprechend sind auch die Ergebnisse verschieden. Zunächst kann man nach der Beschaffenheit der Wörter fragen. Die Wörter einer SpracheSprache sind Zeichen, die sich auf einen Gegenstand oder Sachverhalt in der realen Welt beziehen. Nach SAUSSURESaussure (1967:76ff) besteht jedes Sprachzeichen aus den zwei Aspekten AusdruckAusdruck/InhaltInhalt, also aus einem materiellen (lautlich oder graphisch realisierten)