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Handbuch des Deutschen in West- und Mitteleuropa


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Margrethe Pedersen / Tobias Haimin Wung-Sung

       1 Geographische Lage

       2 Demographie und Statistik

       3 Geschichte

       4 Wirtschaft, Politik, Kultur und rechtliche Stellung

       4.1 Wirtschaftliche Situation

       4.2 Politische Situation

       4.3 Rechtliche Stellung des Deutschen

       4.4 Schulsystem

       4.5 Kulturelles Leben, Verbände, Institutionen und Medien

       5 Soziolinguistische Situation

       5.1 Kontaktsprachen

       5.2 Die einzelnen Sprachformen des Deutschen

       5.3 Sprachenwahl: Code-Switching, Sprachmischung

       6 Sprachgebrauch und -kompetenz

       6.1 Allgemeines

       6.2 Sprachkompetenz

       6.3 Sprachgebrauch (Schriftsprache)

       6.4 Sprachgebrauch in den Minderheitenorganisationen

       7 Spracheinstellungen

       8 Linguistic Landscapes

       8.1 Die Minderheitensprache in der Mehrheitsgesellschaft

       8.2 Zweisprachige Straßenschilder

       9 Zusammenfassung

       Literatur

      1 Geographische Lage

      Die deutsche Minderheit in Dänemark ist ein Produkt der Geschichte; sie befindet sich auf der dänischen Seite des deutsch-dänischen Grenzraums. Dieses Gebiet wird von der deutschen Volksgruppe Nordschleswig genannt – eine Bezeichnung, die daran erinnert, dass das Gebiet ursprünglich den nördlichen Teil des Herzogtums Schleswig bildete. Die dänische Mehrheit nennt diesen Raum hingegen Sønderjylland (Südjütland). Offiziell ist Nordschleswig einsprachig, was u.a. in den einsprachig-dänischen Orts- und Straßennamen zum Ausdruck kommt. Das schließt jedoch nicht aus, dass die deutsche Minderheit intern ihre eigenen Bezeichnungen für Orte und Straßen verwendet und sie einen großen Wunsch nach zweisprachigen dänisch-deutschen Beschilderungen hat. In Bezug auf das Siedlungsgebiet der deutschen Minderheit wird im Folgenden von Nordschleswig gesprochen; bei Ortsnamen werden die deutschen und die dänischen Bezeichnungen genannt. Nordschleswig umfasst heute die vier südjütischen Kommunen Tondern/Tønder, Apenrade/Aabenraa, Hadersleben/Haderslev und Sonderburg/Sønderborg. Diese Kommunen sind Teil der Region Syddanmark, die aus 22 Kommunen besteht.1

      Abb. 1: Nordschleswig und die Institutionen der deutschen Minderheit

      2 Demographie und Statistik

      2017 hatten die vier südjütischen Kommunen insgesamt 227.777 Einwohner auf einer Fläche von 3.436 km2, d.h. 66 Einwohner pro km2. Die deutsche Minderheit stellt mit ungefähr 15.000 Einwohnern 6,5 Prozent dieser Bevölkerung. Die Volksgruppe bildet keine geographische Einheit, sondern lebt in mehreren konzentrierten Ansiedlungen verstreut unter der Mehrheitsbevölkerung.

      In Nordschleswig lag das Durchschnittseinkommen im Jahr 2014 um 10 Prozentpunkte unter dem Landesdurchschnitt; die Einwohnerzahl ging zurück. Im Jahr 2016 machte die Bevölkerung von Nordschleswig 4 Prozent der dänischen Gesamtbevölkerung aus; im Jahre 2030 werden es voraussichtlich nur noch 3,7 Prozent sein (Sørensen 2016). Dieser Rückgang könnte negative Folgen für die Zukunft der Minderheit haben. Schon heute verlassen viele junge Leute die Region und ziehen bevorzugt in größere Städte außerhalb Nordschleswigs. Es ist zu erwarten, dass sich dieser Prozess noch verstärkt und die Minderheit damit ihre Basis verliert. Eine solche Entwicklung ist für Streuminderheiten durchaus typisch. Eine Analyse der deutschen Schulen und der deutschen Gymnasiasten mit dänischer Personenkennzahl (CPR-Nummer) zeigt, dass sie sich in Bezug auf Bildung nicht von der Mehrheit der Jugendlichen unterscheiden. Die große Mehrheit (87 %) lebt in Dänemark, nur 9 Prozent in Deutschland (Deutscher Schul- und Sprachverein für Nordschleswig 2016a).

      3 Geschichte

      Die deutsche Minderheit ist das Ergebnis der geschichtlichen Entwicklung des Herzogtums Schleswig. Schleswig war ursprünglich ein fester Bestandteil des dänischen Königreiches, wurde aber im Laufe des 13. Jahrhunderts – als Folge der Belehnungspraxis der dänischen Könige – ein eigenes Herzogtum, das bis 1864 durch Personalunion mit Dänemark verbunden blieb. Über Jahrhunderte lebten Dänen und Deutsche friedlich zusammen, und es wurden als Volksprachen sowohl Dänisch, d.h. ein südjütischer Dialekt, als auch Niederdeutsch und später Hochdeutsch gesprochen. Die überwiegend südjütischsprechenden Deutschgesinnten in Nordschleswig haben ihre Wurzeln in den Volkstumskämpfen, während derer der nationale Gedanke des 19. Jahrhunderts an Bedeutung gewann. Im Königreich Dänemark traten die Nationalliberalen, unterstützt von den Führern der dänischgesinnten Schleswiger, für die Eidergrenze ein und damit für die Eingliederung des Herzogtums Schleswig nach Dänemark. Die Schleswig-Holsteiner und die Deutschgesinnten hingegen verfolgten die Eingliederung Schleswigs und Holsteins nach Preußen. Die Schleswig-Holsteinische Erhebung 1848 bis 1851 (Treårskrigen) führte zu keiner Lösung der Probleme. Der Deutsch-Dänische Krieg 1864 und die folgende Abtretung Schleswigs an Österreich/Preußen (ab 1866 Preußen allein) brachte hingegen radikale Veränderungen. Während die deutschgesinnte Bevölkerung in Schleswig sich ab Mitte des 19. Jahrhunderts immer mehr als nationale Minderheit innerhalb der dänischen Monarchie verstand, waren gleichzeitig umgekehrt die Dänischgesinnten zur Minderheit in Preußen geworden. Die preußische Obrigkeit versuchte die Dänen bezüglich Sprache und Kultur zu assimilieren. Seit 1888 wurde Deutsch überall als Schulsprache durchgesetzt; Dänisch dagegen wurde zu einem Schulfach. Amtssprache und die Sprache in den Kirchen waren schon Deutsch. Diese Politik führte dazu, dass sich die Dänischgesinnten in mehreren nationalen Vereinen in den Bereichen Sprache, Kultur und Schule zu organisieren begannen, in denen sie trotz der preußischen Annexion