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Handbuch des Deutschen in West- und Mitteleuropa


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      Als unabhängige und pragmatische Partei der Mitte – frei von übergeordneten Bindungen und Ideologien – setzen wir uns für das Wohl und die Entwicklung in Nordschleswig ein.1

      Ihre politischen Ziele sind grenzüberschreitende Zusammenarbeit, offene Grenzen, Unterstützung der lokalen Industrie, sprachliche und kulturelle Vielfalt und eine ganze Reihe weiterer regionaler Anliegen. Diese wurden seit 2009 in einer Werbekampagne auch auf Sønderjysk (dem dänischen Dialekt der Region) präsentiert. Diese regionale Profil- und Sprachkampagne führte bei den folgenden Wahlen zu einer Verdoppelung der Stimmen von 4.368 (2001) auf 8.620 (2013) bzw. 9.708 (2017). Mehr als die Hälfte der Stimmen entfiel auf einen Kandidat in Sonderburg/Sønderborg. Seine 4.944 Stimmen gaben zusammen mit 849 Stimmen für andere Kandidaten fünf Mandate im Stadtrat. In Tondern/Tønder und in Hadersleben/Haderslev erhielt die SP jeweils ein Mandat, in Apenrade/Aabenraa zwei. Auf diese Weise ist die SP in den vier Stadtverwaltungen in Nordschleswig vertreten.

      Das Sekretariat der Volksgruppe in Kopenhagen

      Nachdem die deutsche Minderheit seit 1979 nicht mehr im dänischen Folketing (Parlament) vertreten ist, wurde ein Kontaktausschuss zum Folketing und zur Regierung gebildet, in dem innerdänische Fragen, die die Minderheit mitbetreffen, behandelt werden. Der Leiter des Sekretariats wird vom Hauptvorstand des BDN gewählt. Mitglieder des Ausschusses sind Repräsentanten des BDN und der Parteien im Folketing; den Vorsitz hat der Minister bzw. die Ministerin des für Minderheitenfragen zuständigen Ministeriums.1

      Der Kontakt zur Bundesrepublik ist durch das 1975 eingerichtete Gremium für Fragen der deutschen Minderheit in Nordschleswig beim Schleswig-Holsteinischen Landtag in Kiel gesichert, das sich aus Mitgliedern des Schleswig-Holsteinischen Landtags und des Bundestags sowie Vertretern des BDN zusammensetzt; den Vorsitz hat der Landtagspräsident bzw. die Landtagspräsidentin. Das Gremium ist für alle Fragen zuständig, die die deutsche Volksgruppe in Nordschleswig betreffen, insbesondere für Informationen über die Minderheit und ihre Haushaltsangelegenheiten, aber zum Beispiel auch für Fragen der deutsch-dänischen Grenzregion.2

      4.3 Rechtliche Stellung des Deutschen

      Die Kopenhagener Erklärung von 1955

      Die Kopenhagener Erklärung für die deutsche Minderheit von 1955 ist eine parallele Erklärung zur Bonner Erklärung für die dänische Minderheit in Schleswig-Holstein. Mit den fast gleichlautenden unilateralen Bonn-Kopenhagener-Erklärungen wurden die zwei Minderheiten gleichberechtigt anerkannt. Die Erklärungen garantieren den beiden Minderheiten ihre allgemeinen Rechte und die formelle Gleichberechtigung, und eine subjektive Definition des Nationalitätsprinzips wurde festgestellt. Wörtlich heißt es: „Das Bekenntnis zum deutschen/dänischen Volkstum und zur deutschen/dänischen Kultur ist frei und darf von Amts wegen nicht bestritten und nachgeprüft werden“ (Art. II.1). Auch der Gebrauch der deutschen Sprache von den Angehörigen der deutschen Minderheit ist in der Kopenhagener Erklärung wie folgt garantiert: „Angehörige der deutschen Minderheit und ihre Organisationen dürfen am Gebrauch der gewünschten Sprache in Wort und Schrift nicht behindert werden“ (Art. II.2).

      Die Erklärung macht keine Aussage über die Minderheitensprache als Verbindung zum Verwandtschaftsstaat oder als Muttersprache der Mitglieder. Darin heißt es lediglich, dass die Mitglieder der deutschen Minderheit und ihre Organisationen nicht daran gehindert werden dürfen, die Sprache ihrer Wahl zu sprechen und zu schreiben. Es wird jedoch hinzugefügt, dass die Verwendung der Minderheitensprache „in Gerichten und Verwaltungsbehörden den einschlägigen Rechtsvorschriften unterliegt“ (Art. II.3).

      Die Verwendung der Formulierung „die gewünschte Sprache“ anstelle von „die Minderheitensprache“ macht den Absatz interpretierbar. Aus heutiger Sicht bestand jedoch 1955 kein Zweifel daran, dass die Absicht der Erklärung zur Sprachverwendung darin bestand, den Mitgliedern der Minderheit die Wahl der Minderheitensprache zu gewähren. Zu dieser Zeit waren Sprachpolitik und Sprachplanung in den meisten europäischen Nationalstaaten von der Idee des Sprachnationalismus dominiert. Ihr zufolge sind nationale Identität und eine nationale Sprache naturgemäß und untrennbar miteinander verbunden. Die Nationalsprache gilt in diesem Konzept als Ausdruck der Solidarität des Volkes sowie der Einheit der Nation und ist das Bindeglied zwischen dem Verwandtschaftsstaat und den nationalen Minderheiten. Andererseits beinhaltet die Idee des Sprachpluralismus ein Konzept von Mehrsprachigkeit und sprachlicher Vielfalt und akzeptiert, dass jede Sprache oder jeder Dialekt eine Reihe von Bereichen hat, in denen ihr bzw. ihm ein hoher Stellenwert zukommt. Wenn der Wortlaut der Kopenhagener Erklärung „die gewünschte Sprache“ sprachpluralistisch interpretiert wird, könnten die deutschen Minderheitsmitglieder bis auf wenige Ausnahmen Deutsch oder eine deutsche Variante, Dänisch oder den dänischen Dialekt Sønderjysk verwenden. Im täglichen Leben zeigt sich ein Sprachverhalten, das diesen Sprachpluralismus widerspiegelt. Einige ältere Mitglieder der Minderheit interpretieren den Wortlaut jedoch eher sprachnationalistisch und plädieren für die alleinige Verwendung der Minderheitensprache. Das Nebeneinander dieser beiden Konzepte führt zu einer anhaltenden Sprachdebatte.

      Der Minderheitenschutz des Europarates

      Die Kopenhagener Erklärung ist kein völkerrechtlich bindendes Dokument. Erst einige Jahrzehnte später hat Dänemark zwei Abkommen ratifiziert, die völkerrechtliche Bindung haben und die deutsche Minderheit erfassen: das Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten (Rahmenkonvention) im Jahre 1997 und die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen (Sprachencharta) von 2001. Die Rahmenkonvention bestätigt die Rechte, die die deutsche Minderheit in der Kopenhagener Erklärung schon bekommen hatte: die Zugehörigkeit zur Minderheit ist frei, und Angehörige einer nationalen Minderheit haben das Recht, sich zu versammeln, sich frei zusammenzuschließen; sie haben Meinungs-, Gewissens- und Religionsfreiheit sowie Zugang zu den Medien.1

      Diese generellen Rechte werden in der deutschen Minderheit nicht so oft diskutiert wie die Sprachencharta, die Regionalsprachen oder Minderheitensprachen schützt und fördert. In Dänemark umfasst sie Deutsch als Minderheitensprache in Nordschleswig und nicht Deutsch als Fremdsprache.2 Die Charta bestätigt die bereits in der Kopenhagener Erklärung verankerten Rechte. Die Minderheit hat jedoch erklärt, dass die Charta die Minderheit in psychologischer und spezifischer Weise in ihren Bemühungen unterstützt, Deutsch in der Minderheit am Leben zu erhalten (Hansen 2003: 71). Die Minderheit ist auch der Ansicht, dass die Charta einen zusätzlichen Schutz der bestehenden Rechte bietet und sogar eine verstärkte Nutzung der deutschen Sprache in der Öffentlichkeit begünstigt (Hansen 2002: 82). Sie enthält Pflichten für die Staaten, aber keine Rechte für Einzelpersonen oder Personengruppen. Daher können die Mitglieder der Minderheit nicht das Recht geltend machen, innerhalb der Mehrheitsbehörden und vor Gericht in deutscher Sprache verstanden und angesprochen zu werden. Der Staat hat jedoch die Pflicht, sich darum zu bemühen, Wünschen zur Verwendung der deutschen Sprache nachzukommen. Auch wenn Artikel 1 der Charta erklärt, dass Regional- oder Minderheitensprachen Sprachen sind, die von Staatsangehörigen des Staates verwendet werden, d.h. nicht Sprachen von Migranten, wurde in der parlamentarischen Debatte in Dänemark festgestellt, dass niemand anders behandelt wird, zum Beispiel wegen einer deutschen Staatsbürgerschaft, solange er sich selbst als Angehöriger der deutschen Minderheit betrachtet.

      Vor diesem Hintergrund will die Minderheit den Gebrauch der deutschen Sprache in den dänischen Medien, wo sie derzeit keine Rolle spielt, sowie in Behörden und in den Institutionen der Mehrheit, insbesondere in der Altenpflege, verbessern. Hier könnten Mitglieder, die Deutsch als Muttersprache haben, zurzeit auf eine Sprachbarriere stoßen. Der Sachverständigenausschuss der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen hat Dänemark dafür kritisiert, in diesen Bereichen nicht genug getan zu haben.

      4.4 Schulsystem

      Der deutsche Zweig der dänischen Gemeindeschule wurde 1945 genauso wie die deutschen Privatschulen geschlossen. In der Folge fand die schulische Bildung der deutschen Minderheit in deutschen Privatschulen statt, gesetzlich verankert in