in Binnenmeeren wie dem Baikalsee und dem Kaspischen Meer sind sie beheimatet. Diese Tatsache aber könnte einen Schlüssel für ihre ursprüngliche geographische Verteilung geben. Vielleicht haben die Wellen der nach Süden vordringenden Eiszeitfluten sie erst mitgenommen und beim Rückgang dort belassen.7 Für diese Vermutung sprechen auch die paläontologischen Funde, die Robbenskelette in Südrussland, in Ungarn, im Wiener Becken, in Südfrankreich, in Italien und sogar in Ägypten nachgewiesen haben.
Vom Norden, um die Arktis herum, scheinen die verschiedenen Ohrenrobben zu kommen. Dort, am Pol, war wahrscheinlich ihre ursprüngliche Heimat, in die viele von ihnen immer noch zurückkehren. Die nach Süden vorrückenden Gletscher der Eiszeitperioden brachten auch das Vordringen der Flossenfüßer mit sich. Je breiter der Eisgürtel wurde, umso weiter nach Süden schob er die ursprünglichen Polartiere vor. Auch aus der Antarktis schieben sich einzelne Robbengeschlechter die südamerikanischen Küsten entlang nordwärts, reichen bis Patagonien, und die Seelöwen gehen bis über den Äquator hinauf. Südafrika, Australien und Neuseeland sind gleichfalls Lebensgebiete der Robben.
Kann man aus diesen Einzelzügen paläontologischer und tiergeographischer Befunde ein zusammenhängendes Bild der Flossenfüßer gewinnen und daraus ihren erdgeschichtlichen Hintergrund entziffern? Sie sind Tiere, die in der Polarregion den geographischen Mittelpunkt ihrer Verbreitung haben. Von dort haben sie sich auf den Wellen der aufeinanderfolgenden Eiszeiten Schritt für Schritt in die gemäßigten Zonen vortreiben lassen.
Trotzdem blieb der Pol ihre Heimat. Je näher wir aber geographisch den Polargebieten kommen, umso mehr überwältigt der Jahreslauf der Sonne den für die südlicheren und äquatorialen Erdgebiete so natürlichen Tagesrhythmus. Erdentag und Erdennacht werden in den Polartag und die Polarnacht umgewandelt. Durch Monate hindurch erscheint die Sonne nicht über dem Horizont, bis sie dann, im Frühjahr aufsteigend, für viele Wochen nicht mehr untergeht. Hier begegnen wir der gleichen Periodizität, die in dem Daseinsrhythmus aller Robben eingeschrieben ist. Zur Zeit der Polarnacht nimmt die unter den Horizont steigende Sonne ihre Robbenkinder mit, und sie tauchen in die Wasser der Weltmeere ein. Hebt sich die Sonne aber zum Polartag hinauf, dann ziehen über die ganze Erde hin die Robben ihr nach und klettern ans Land. Die ganze Ordnung der Robben ist von diesem polaren Sonnenrhythmus durchdrungen. Daraus aber wird erst die geographische Ausbreitung und der Grundzug im Lebensstil dieser Tiere verständlich.
Die Vorgeschichte der Flossenfüßer, die wir aus der geographischen Verbreitung und Verhaltensart erschließen konnten, und ihr Lebensrhythmus, der dem Sonnengang in den polaren Gebieten angepasst ist, führt uns erdgeschichtlich in jene Regionen, in welchen in den Anfängen der Erd- und Menschheitsentwicklung die Hyperboräis zu suchen ist. Damals lebte alles, was sich später als Menschengeschlecht und Naturreiche entfalten sollte, noch wie im Keim. Rudolf Steiner beschrieb es einmal in der folgenden Art:
Ein gemeinsamer Weltenschoß war es, in dem die Lichtpflanze Mensch damals lebte, sich eins fühlend mit dem Lichtmantel der Erde. So war der Mensch in dieser feinen Dunstpflanzenform wie an der Nabelschnur der Erdenmutter hängend; so war er gehegt und gepflegt von der ganzen Mutter Erde. Wie in einem größeren Sinne heute das Kind gehegt und gepflegt wird im mütterlichen Leib als Kindeskeim, so war damals gehegt und gepflegt der Menschenkeim.8
Während dieser Erdperiode löste sich dann die Sonne aus der Erde heraus: Und verbunden war dieses Hinausgehen der Sonne damit, dass der Dunst sich abkühlte zu Wasser. Daraus entstand die «Wasser-Erdkugel» und der Mensch wurde so gestaltet, dass er teilweise ein Wasserwesen war, aber hinaufragte in den das Wasser umgebenden Dunstkreis. Dort erreichte ihn das von außen, von der die Erde umgebenden Sonne einstrahlende Licht.
In dieser Darstellung beginnt sich das Geheimnis vom Ursprung der Robben zu entziffern. In jener Erdregion, die heute noch die Heimat vieler Flossenfüßer ist, stand einst die Wiege der Menschheit. Dort lebten die lichtumflossenen, luftdurchglänzten Menschenleiber, an der Nabelschnur der Erdenmutter hängend. Immer zunehmender wurde die Verdichtung. Rudolf Steiner weist in dem oben zitierten Vortrag darauf hin, dass zur Zeit des Sonnenaustritts aus der Erde der Mensch jene Stufe in seinem Leibe erreicht hatte, die wir heute degeneriert festgehalten sehen in den Fischen. Wenn wir heute das Wasser von Fischen durchzogen sehen, so sind diese Fische Überreste jener damaligen Menschen.
Die Robben aber sind keine Fische, und dennoch sind sie auf das Leben im Wasser hin geformt und ausgestaltet. Wenn wir uns fragen, was Robbe und Fisch voneinander scheidet, dann wird die Antwort nicht schwer. Die Robben sind menschennäher; sie sind Säugetiere; sie bilden soziale Verbände, wenigstens zu der Zeit, da sie auf dem Trockenen leben; sie gebären ein einziges Junges und ziehen es, wenn auch nur durch wenige Wochen, auf.
Die Fische hingegen vertrauen ihre Eier in oft unendlicher Menge und Zahl dem Element des Wassers an, und selbst wenn manche Arten von ihnen Nester bauen und für Tage die Jungen betreuen, sind sie vom Säugetier und besonders von der Ordnung der Robben in Bau und Dasein und Verhalten unendlich weit entfernt. Der Fisch ist das Tier des Wassers, der Robben-Organismus aber ist nur an das Wasserleben angepasst. Die Gliedmaßen sind zu Schwimmfortsätzen umgestaltet; die Haut ist mit einer dicken Fettschicht unterlegt und gibt dem Tier den nötigen Wärmeschutz und die spindelartige, runde, für das Schwimmen so geeignete Körperform. Die Ohr- und Nasenöffnungen können im Wasser völlig verschlossen werden. So deuten alle Merkmale auf den Bewohner der Meere hin.
Wo aber liegt die Herkunft der Robben? Sind sie wirklich einstmals landbewohnende Säuger gewesen, die später ins Wasser gingen? Wenn das so gewesen wäre, müssten wir, mindestens andeutungsweise, Vorstufen dieser Meeresbewohner finden. Das ist aber nicht der Fall; fertig ausgestaltet treten sie in den beiden Endperioden des Tertiärs, im Miozän und Pliozän, auf. Nach Wachsmuths Untersuchungen9 entsprechen diese geologischen Epochen den Anfängen der alten atlantischen Zeit, sodass in dieser Erdepoche, in welcher die Urformen der Säugetiere sich erst auszubilden begonnen haben, die Robben schon fertig ausgestaltet auftreten. Liegt hier nicht ein Widerspruch vor, der eine Erklärung fordert? Sind die Robben vielleicht die Vorfahren aller damals entstehenden Säugetiere? Nicht Vorfahren im Sinne einer Evolutionslehre, die ein Tier aus dem anderen durch irgendwelche illusorischen Kräfte der Vererbung und Anpassung entstehen lässt, sondern Vorläufer so, dass sie ihre primitive Leibesform, ihre angedeuteten Glieder, ihren runden Körper bewahrt und nicht spezialisiert haben? Wahrscheinlich waren die Robben niemals wirkliche Landtiere, da die feste Erde erst um die Mitte der atlantischen Zeit so hart geworden ist, dass Tier und Mensch sich darauf stützen und Fuß fassen konnten.
Wenn wir diesen Überlegungen folgen, dann kann uns der Robbenleib in einem neuen Anschauungsunterricht entgegentreten. Erinnert er nicht an eine embryonale Gestalt? Ein menschlicher Embryo, am Ende des zweiten Monats, obwohl nicht größer als etwa 25 mm, gemahnt in seiner Ausbildung durchaus an die Form der Robben. Auch im Embryo sind die Gliedmaßen noch kleine, unbedeutende Stummel; die Augen sind rund, die Lider stehen weit auseinander. Der Mund ist lippenlos und gleicht einem Spalt. Und der Embryo schwebt im Wasser des ihn umhüllenden Fruchtsacks.
Begegnen wir hier, in zunehmender Verfestigung, Verdichtung und Vergrößerung, den Erinnerungen an frühe Erdenzeiten? Die Robben wurden keine Fische, weil sie noch bis in die Anfangszeiten der Atlantis hinein im Verband des Menschseins verblieben sind. Sie hatten undifferenzierte, embryonenartige Leiber, die sich schwebend-schwimmend in der noch nicht verdichteten Wassererde bewegten. Am Beginn der Atlantis, als das Gedächtnis und die Sprache sich ausgestalteten und die Menschenvorfahren, deren Teil die Robben waren, die ersten Schritte zur Ich-Werdung vollzogen, begann ihr Abstieg.10 Sie gingen zu schnell in die Verdichtung hinein und verhärteten ihre embryonale Menschengestalt.11 Deshalb verlieren sie jetzt noch ihr Milchgebiss schon zur Zeit der Geburt und werden nur wenige Wochen gestillt. Als Säuglinge wachsen sie so schnell, dass sie in kürzester Zeit zu unabhängigen Wesen werden. Diese überstürzte Säuglings- und Kindheitszeit weist deutlich auf den plötzlichen und viel zu schnell sich vollziehenden Tierwerdungsprozess hin.
Die Robben sind Zeugen dafür, dass die Ursprünge des Menschheitswerdens in jener hyperboräischen Region lagen, die am Erdenanfang als breiter Gürtel um den Nordpol herum gelegen hat. Dort waren die Menschenvorfahren und auch die Robbenvorfahren; sie waren beide