Bereichen von Herz-Kreislauf- sowie Stoffwechselerkrankungen zusammenzuarbeiten. Gemeinsam fanden wir heraus, dass Tiere, denen die normale innere Uhr fehlt, hochgradig anfällig für diese Art von Erkrankungen sind. Auch wurde klar, dass eine gestörte innere Uhr der Ursprung aller Krankheiten war und dass bei den meisten chronischen Leiden die Funktion der inneren Uhr beeinträchtigt ist.
Im Jahr 2009 schließlich kamen die beiden Bereiche meiner Forschungsarbeit – Licht und Zeit – zusammen. Wir entwickelten ein einfaches Experiment, bei dem wir Mäuse einem festgelegten Hell-Dunkel-Zyklus aussetzten.1,2 Mäuse sind normalerweise nachtaktiv und fressen in der Nacht. In unserem Versuch gaben wir ihnen ihr Fressen am Tag und beobachteten, was mit ihren inneren Uhren geschah. Zu unserer Überraschung stellten wir fest, dass nahezu alle Leber-Gene, die sich normalerweise innerhalb eines Zeitraums von 24 Stunden ein- und ausschalten, das Lichtsignal komplett ignorierten und sich stattdessen nach den Zeiten richteten, zu denen die Mäuse fraßen beziehungsweise fasteten. Wir lernten aus diesem Experiment, dass nahezu jeder Rhythmus in der Leber von der Nahrungsaufnahme abhing. Die Annahme, dass die gesamte zeitliche Information aus der Außenwelt stammt und über den Blaulichtsensor im Auge gesteuert wird, war dadurch widerlegt, denn es zeigte sich, dass der erste Bissen am Morgen alle Organuhren ebenso zuverlässig stellt wie das erste Morgenlicht.
Im Jahr 2012 erweiterten wir unsere Fragestellung. Wir wollten herausfinden, ob Krankheiten nicht nur mit der Ernährungsweise zusammenhingen, sondern auch mit einer Störung des zirkadianen Rhythmus. Tausende Forschungsreihen hatten gezeigt, dass Mäuse, die freien Zugang zu fetter und gezuckerter Nahrung hatten, innerhalb von wenigen Wochen Übergewicht und Diabetes aufwiesen. Wir verglichen eine Mäusegruppe, die freien Zugang zu fettreicher Nahrung hatte, mit einer zweiten, die ihre gesamte Nahrung innerhalb eines Zeitraums von 8 bis 12 Stunden zu sich nehmen musste. Das Ergebnis war überraschend: Mäuse, die die gleiche Kalorienanzahl und die gleiche Nahrung innerhalb von 12 Stunden oder weniger zu sich nahmen, waren vollständig geschützt vor Fettleibigkeit und Diabetes, ebenso wie vor Leber- und Herzerkrankungen. Noch erstaunlicher war, dass kranke Mäuse, denen wir diesen Essensplan „verordneten“, ohne zusätzliche Medikamentengabe oder eine Veränderung des Futters wieder gesund wurden.
Zu Beginn stand die Fachwelt unseren Ergebnissen äußerst skeptisch gegenüber. Nach landläufiger Meinung waren schließlich allein die Menge und Art unserer Nahrung entscheidend für unsere Gesundheit. Aber nach und nach machten andere Forschungseinrichtungen ähnliche Beobachtungen, auch bei Tests mit menschlichen Probanden. Wir wissen also mittlerweile, dass neben der Frage, was und wie viel wir essen, auch der Zeitpunkt der Nahrungsaufnahme wichtig ist. Viele medizinische Institutionen haben unsere Ergebnisse aufgegriffen und das Thema selbst untersucht. So glauben beispielsweise die nationalen Gesundheitsinstitute in den USA, die American Heart Association und die American Diabetes Association ebenso wie ich, dass eine Neueinstellung der zirkadianen Uhr die nächstliegende und beste Option ist, chronische Leiden zu verhindern oder ihre Heilung zu beschleunigen. Im Jahr 2017 hat die American Heart Association nach 70 Jahren erstmals eine Empfehlung zur Häufigkeit und zum idealen Zeitpunkt für Mahlzeiten herausgegeben und sie stützt unsere Forschung – zeigt sie doch, dass Essgewohnheiten zur Verhinderung oder Linderung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen beitragen können.3
Das vorliegende Buch, das auf meinen Forschungsergebnissen beruht, soll Ihnen helfen, Ihre innere Uhr durch kleine Veränderungen Ihrer Lebensgewohnheiten zu optimieren. Noch nie stand so viel auf dem Spiel. Nahezu ein Drittel aller Erwachsenen leidet an mindestens einem chronischen Leiden wie Übergewicht, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck, Atemwegserkrankungen, Asthma oder chronischen Entzündungen. Wenn sie in den Ruhestand gehen, leiden die meisten Amerikaner an mindestens zwei chronischen Krankheiten. Und auf chronische Erkrankungen trifft leider eine Sache zu: dass sie selten geheilt werden können. Nur wenige Menschen, die einmal unter Diabetes leiden, gesunden wieder vollständig. Gleiches gilt für Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Wir haben in unserer modernen Zeit lediglich bessere Möglichkeiten gefunden, mit diesen Krankheiten zu leben und umzugehen.
All das wird sich nun ändern. In diesem Buch finden Sie einfache Vorschläge und Vorgehensweisen, die Sie täglich einsetzen können, um Erkrankungen zu verhindern oder deren Eintreten hinauszuzögern.
Eines sollten Sie noch über mich wissen: Meine Arbeit in den USA wird staatlich gefördert und kann dank ehrlicher Steuerzahler und Philanthropen wie Ihnen Nutzen für alle bringen. Wenn meine Forschungsergebnisse eine Million Menschen inspirieren können, kleine Veränderungen in ihrem Leben vorzunehmen und eine chronische Krankheit auch nur um ein Jahr aufzuhalten, dann bringt dies der US-Wirtschaft geschätzte Ersparnisse von mindestens zwei Milliarden US-Dollar pro Jahr. Meine Forschung ist mein Geschenk an Sie, da ich mich diesem Land so verpflichtet fühle. Im Jahr 2001 habe ich mithilfe eines Studentenvisums in den USA promoviert. Ich freute mich darauf, meine Forschung bei GNF fortzusetzen, und hatte mich gerade um eine befristete Arbeitserlaubnis beworben. Wie viele andere Ausländer wartete ich gespannt und etwas ängstlich auf die Genehmigung oder Ablehnung meines Visumsantrags.
Dann kam der 11. September. Um fünf Uhr nachmittags am folgenden Tag kam die Leiterin der Personalabteilung von GNF mit einem Stück Papier in der Hand zu mir. Das Herz rutschte mir in die Hose und ich nahm an, mein Visum wäre abgelehnt worden. Stattdessen teilte sie mir mit, dass es soeben genehmigt worden sei. In diesem Moment wurde mir klar, dass dieses Land, meine neue Heimat, wahrhaft beeindruckend war. Ich selbst war am 12. September noch völlig erschüttert und konnte mich kaum auf meine Arbeit konzentrieren. Aber jemand an der Ostküste ging trotzdem zur Arbeit, schaute sich meinen Antrag an und genehmigte ihn. An diesem Tag traf ich die Entscheidung, in diesem Land zu bleiben und ihm etwas zurückzugeben. Aus diesem Grund teile ich meine Forschungsergebnisse mit Ihnen und hoffe, dass sie hilfreich für Sie sind.
Wie dieses Buch aufgebaut ist
Beim Optimieren Ihrer inneren Uhr geht es um mehr als nur um die Ernährung. Ehrlich gesagt hat es nur wenig mit einer bestimmten Ernährungsform zu tun. Es ist vielmehr eine Lebensweise. Alles beginnt damit, dass Sie wissen, wann Sie essen und wann Sie das Licht ausmachen sollten. Wenn Sie diesen kleinen Bereichen Ihres Tages ein wenig Aufmerksamkeit widmen, dann haben Sie bereits viel getan, um gesund zu bleiben.
Wie Sie feststellen werden, braucht es nicht viel, um unseren zirkadianen Rhythmus zu stören. Ein Langstreckenflug, eine durchwachte Nacht, eine Krankheit oder auch schwierige Arbeitszeiten können schon ausreichen, um die innere Uhr durcheinanderzubringen. Der Zirkadian-Code kann Sie dabei unterstützen, Ihren Tag sinnvoll zu strukturieren – ob Sie nun Elternteil oder Kind (speziell ein Teenager) sind, zur Millennium-Generation gehören oder schon im Ruhestand sind, normale Arbeitszeiten haben oder Schichtarbeit leisten, berufstätige Mutter sind oder einfach nur sehr gesundheitsbewusst. Wenn Sie an einer chronischen Erkrankung leiden oder auch an mehreren, dann müssen Sie dieses Buch lesen. Ganz gleich, wer Sie sind und wo Sie leben: Sie werden erfahren, wann am Tag es für Sie am besten ist zu essen, zu arbeiten und Sport zu treiben, und wie Sie die Abendstunden gestalten sollten, um erholsamen Schlaf zu finden.
Auch wenn es in diesem Buch vor allem um Vorbeugung geht, können Sie die Informationen auch nutzen, um ab jetzt gesünder zu leben. In Teil I des Buches erkläre ich, wie unsere innere Uhr funktioniert und warum es sowohl für Kinder als auch für Erwachsene so wichtig ist, für ideale Zeitabläufe zu sorgen. Der erste Schritt auf dem Weg zur Gesundheit besteht darin herauszufinden, welche gesundheitlichen Probleme bei Ihnen vorliegen. Aus diesem Grund enthält dieser Abschnitt einen einfachen Selbsttest, der Ihnen zeigt, inwieweit Ihre Gesundheit und Ihr Lebensrhythmus zusammenhängen. Sie werden außerdem zu notieren beginnen, wann Sie bestimmte Dinge tun, um zu erkennen, wo Anpassungen erforderlich sind.
In Teil II finden Sie eine Anleitung, wie Sie Ihren Tag am besten gestalten, um Ihre inneren Rhythmen optimal zu nutzen. Sie werden erfahren, wann (und was) Sie essen sollten, aber nicht wie viel. Bei diesem Programm müssen Sie keine Kalorien zählen und dennoch ist ein Gewichtsverlust, wenn Sie sich an meine Richtlinien halten, nahezu unvermeidbar. Sie lernen, wann Sie am besten arbeiten und produktiv sein sollten, und wann die richtige Zeit