Bo Katzman

Zwei Minuten Ewigkeit


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auf diese Weise einem interessierten Publikum zugänglich zu machen.

      Während des Schreibens machte ich eine Entdeckung, von der ich schon bei anderen Autoren gelesen hatte: Meine Gedanken entwickelten eine Eigendynamik, der ich quasi »hinterherschrieb«. Gleichzeitig erlag ich auch ein wenig dem Einfluss einiger mir nahe stehender Personen, die meinten: »Du schreibst ein Buch? Wenn du schon dabei bist, erzähle doch auch von deinem Werdegang! Lass uns ein wenig hinter die Kulissen deiner Karriere blicken.«

      Einerseits war ich nicht abgeneigt, diesem Wunsch zu entsprechen, andererseits wollte ich aber auf keinen Fall in das selbstgefällige »Seht nur, was für ein toller Hecht ich bin«-Geschreibe abdriften, das ich bei Autobiografien oft so bemüht finde.

      Aus dieser Geisteshaltung heraus ist mein Lebensbericht keine Auflistung von Erfolgen und Triumphen geworden (obwohl die auch hier und da erwähnt werden), sondern ich habe mein Augenmerk eher auf die schwierigeren Erlebnisse gerichtet, die mein Musikerleben begleitet und mich persönlich geprägt haben.

      Erwarten Sie also bitte keine Feelgood-Story, sondern stellen Sie sich lieber darauf ein, dass auch ein erfolgreicher Weg nicht nur mit Gold, sondern vor allem mit Steinen gepflastert ist. Von diesen Steinen auf dem Weg soll hier die Rede sein.

      Ich danke Ihnen für Ihr Interesse und wünsche Ihnen eine interessante Lektüre.

      Herzlichst

      Ihr Bo Katzman

      1. Teil

      Hätte ich geahnt, dass ich an diesem Tag dem Gevatter Tod ins Auge blicken würde, wäre ich wohl gar nicht erst aufgestanden.

      Hätte ich an jenem Tag brav den morgendlichen Kurs als Student des Lehrerseminars besucht, anstatt jene verhängnisvolle Spritztour auf meinem Motorrad zu machen, so hätte sich mein gesamtes Leben wohl komplett anders entwickelt. Ohne diesen kleinen, spontanen Entscheid hätte mein Lebensweg einen völlig anderen Verlauf genommen, ich hätte mich zu einer anderen Person entwickelt als zu der, die nun hier sitzt und diese Zeilen schreibt. Es wären mir zwar schreckliche Schmerzen erspart geblieben, aber ich hätte jene Erfahrung nicht machen können, die mich über den Tellerrand des Lebens blicken und mich eine Dimension erahnen liess, die alles übersteigt, was sich ein menschliches Gehirn ausdenken oder erfassen kann.

      Diese Erfahrung, von der ich hier erzählen möchte, verschob meinen Standpunkt und meinen Blickwinkel auf das, was wir »das Leben« nennen. Obwohl ich nach wie vor mit vollem Einsatz im Spiel bin, hat sich seither etwas von mir losgelöst, das wie ein unsichtbarer Zaungast interessiert das Treiben am Set beobachtet. Und was hier vor meinen Augen gespielt wird, ist ein ausserordentlich interessantes Stück mit ebenso vielen beteiligten Akteuren, wie es Menschen auf diesem Planeten gibt. Der Dichter Calderón nannte es »Das grosse Welttheater«.

      Jeder Mensch ist darin der Hauptdarsteller seines eigenen, lebenslangen Spielfilms, der nach einem scheinbar improvisierten Skript eine einzigartige Geschichte erzählt: die Geschichte seines persönlichen Lebens.

      Es kommen darin natürlich auch Nebendarsteller vor, die in jedem dieser Stücke mitagieren, und zwar als Eltern, Geschwister, Nachbarn, Lehrer und als Kassiererin im Supermarkt oder als Postbote. Diese wiederum sind die Hauptdarsteller in ihrem eigenen Stück, in dem wir als Nebendarsteller auftreten.

      So ist die gesamte Menschheit verknüpft und verwoben, jeder Einzelne spielt in das Leben anderer Menschen hinein, beeinflusst und verändert durch sein Agieren unzählige Leben und wird selber ununterbrochen beeinflusst und verändert. Durch dieses Verweben und Verknüpfen von Begegnungen und Ereignissen ergibt sich unter Mitwirkung aller beteiligten Faktoren jenes Ergebnis, das wir »persönliches Schicksal« nennen.

      Wie viele Menschen haben schon einmal harte Lebensschläge erlebt – der Verlust von geliebten Menschen, schwere Krankheiten oder Unfälle –, bei denen sie sich fragten: Wieso passiert das ausgerechnet mir? Eine weitere beliebte Frage, die in solchen Momenten gestellt wird, ist: Wie kann Gott so etwas Schreckliches zulassen?

      Sind solche Ereignisse schlussendlich Strafen Gottes, Schicksal, Zufall oder einfach nur Pech? Ich vermute, jeder Mensch hat in seiner Lebensgeschichte etwas erlebt, das ihm zu denken gibt und das grundsätzliche Fragen zu jenem unübersichtlichen Phänomen namens Schicksal aufwirft: Wieso treffen einen unvermittelt Dinge im Leben, die man weder gewollt noch geahnt hat? Kann man wirklich behaupten, jeder sei seines eigenen Glückes Schmied, oder waltet da hinter den Kulissen ein grosser Regisseur, der die Fäden zieht und nach dessen Pfeife wir tanzen?

      Ein weiteres offenes Feld, bei dem grosse Verwirrung und Unschlüssigkeit herrschen, betrifft das Rätsel, was uns nach diesem Leben erwartet. Die einen verkünden Himmel und Hölle, die anderen vertreten die Meinung, dass da gar nichts mehr komme. Sollte das aber der Fall sein, warum bemüht man sich dann überhaupt, ein moralisches und sittliches Leben zu führen? Haben unsere Handlungen vielleicht doch Konsequenzen, die über dieses Leben hinausgehen, oder sind wir mit dem Tod von jeglicher Verantwortung entbunden, weil nachher sowieso Schluss ist? Und dann steht da schliesslich noch die grosse Kernfrage: Warum sind wir überhaupt hier?

      Mit solchen Themen beschäftigen sich seit jeher Philosophien, Religionen und Naturwissenschaften und alle bieten unterschiedliche Antworten an. Aber gibt es überhaupt eine schlüssige, definitive Antwort?

      Nun, ich habe eine Geschichte erlebt, die mich aus der Bahn des Lebens, wie ich es mir vorstellte, geworfen hat, und ich habe seither einen Grossteil meiner Zeit damit verbracht, befriedigende Antworten auf eben diese Fragen zu finden. So wurde mein Lebensweg auch zu einem Weg der Suche, auf dem ich auf Einsichten stiess, die mich überraschten und die vermutlich auch einige von Ihnen erstaunen werden.

      Die Hinweise, die mich schlussendlich zu solchen Einsichten geführt haben, waren zum Teil buchstäblich »nicht von dieser Welt«. Sie offenbarten mir unerwartete Ansätze, auf die ich durch blosses Übernehmen von vorgefertigten Schulmeinungen und Lehrsätzen nicht gekommen wäre, auch wenn diese von wissenschaftlicher oder religiöser Seite her als unumstösslich deklariert werden.

      Ich musste zur Kenntnis nehmen, dass es nicht den genormten »rechten Weg« gibt, sondern nur den »eigenen Weg«, und der ist für jede Person ein anderer und geht in keinem Fall immer geradeaus. Im Gegenteil, im Nachhinein erwies sich in meinem Fall, dass gerade die Irrläufer, die Fehler und Entgleisungen die richtigen Abzweigungen waren, welche mich auf den Weg zu heilsamen Erkenntnissen führten, die mir ohne diese verborgen geblieben wären.

      Vielleicht entdecken auch Sie in diesem Buch einen neuen Zugang zu Antworten auf Fragen, die Sie sich schon lange stellen und bei denen Sie nicht die Zeit oder die Gelegenheit hatten, ihnen gründlich nachzugehen.

      Der erste Teil dieses Buches beschäftigt sich vorwiegend mit diesen Lebensfragen und dem Versuch, sie von verschiedenen Seiten zu beleuchten. Der Kern dieses Teils ist das Erleben meines eigenen Todes anlässlich eines Verkehrsunfalls und meine erstaunlichen Erfahrungen in einer Sphäre, die wir als »das Jenseits« bezeichnen. In diesem Abschnitt werden auch Überlegungen und Gedanken entwickelt, die sich mit dem traditionellen Jenseits- und Gottesbild der heutigen Menschen kritisch auseinandersetzen.

      Der zweite Teil erzählt die Geschichte von einem kleinen Jungen aus dem Industrieort Pratteln, der sich aufmachte, einmal berühmt zu werden, und wie er zu seiner grossen Leidenschaft fand: der Musik.

      Im dritten Teil lernt dieser junge Mann, dass die Erfüllung seines Traumes mit harter Arbeit verbunden ist und dass auch seine Jenseitserfahrung nicht automatisch einen Heiligen aus ihm macht. Er begibt sich auf den Weg der Suche nach dem Sinn des Lebens, der ihn durch manche Höhen und Tiefen führt. Aber nicht nur der spirituelle Weg birgt seine Herausforderungen, auch die musikalische Entwicklung kommt nicht ohne Baustellen und Umwege aus.

      Der vierte Teil ist der Zeit der Reife gewidmet, in welcher der ungestüme Wildbach zu einem kräftig fliessenden Strom wird, der endlich seine Bahn gefunden hat. Darin spielt jene Sängergemeinschaft eine grosse Rolle, die als Bo Katzman Chor in die Schweizer Musikgeschichte Einzug gehalten hat. Aber auch dieses Gewässer hat seine Turbulenzen