Bo Katzman

Zwei Minuten Ewigkeit


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des Lichts, die mich so beglückte, sondern das Spüren der Energie, die von ihm ausging. Diese Strahlung, in deren Wirkungskreis ich geraten war und die mich förmlich überschwemmte, war pure, ungetrübte, konzentrierte Liebesenergie. Ich fühlte mich als das Wesen, das ich war, vollkommen geliebt und bis in die tiefsten Abgründe meiner Persönlichkeit akzeptiert. Es war ein Gefühl, wie ich es von einem Zustand völliger Verliebtheit her kannte: Als Verliebter, der seiner Angebeteten gegenübersitzt und ihr in die Augen schaut, liebt man einfach alles an diesem Wesen. Nicht die geringste Kritik stört den euphorischen Austausch von Empfindungen, die einem das Herz bis zum Halse schlagen lassen und einen auf Wolke sieben befördern. Es ist die Ausstrahlung, das Aussenden von Verliebtheitsenergie der beiden Beteiligten, die solche Emotionen zu stimulieren vermag.

      So ein Gefühl erfüllte mich nun, allerdings bis ins Millionenfache, schier Unerträgliche gesteigert. So viel Liebe war fast nicht auszuhalten und mir war klar: Sollte ich noch ein wenig mehr davon abbekommen, dann würde ich explodieren. Ich kam mir vor wie ein fünfundzwanzig Watt Glühlämpchen, dem man ein Gigawatt Strom zuführen will. Dabei war dieses »Licht« nur ganz schwach zu »sehen« und die ursprüngliche Quelle in unerreichbarer Entfernung. Trotzdem empfand ich es als persönliche Ausstrahlung von jemandem, der mich bedingungslos liebte.

      Je näher ich mich darauf zu bewegte, desto stärker wurde die Intensität. Ich dachte: Noch näher heran kann ich nicht, da meine Kapazität, diese Energie zu verkraften, viel zu klein ist, um noch mehr davon aufzunehmen. Es war, als wollte man einen Ozean in einen Fingerhut pressen, und mein seelisches Gefäss war einfach zu winzig, um diese Riesenmenge aufzunehmen. Allein meine Fähigkeit, diese gewaltige Liebesenergie zu ertragen, entschied über die Nähe, in die ich mich zu der Quelle hinbewegen konnte. In der Entwicklungsstufe, in der ich mich befand, war ich noch unvorstellbar weit davon entfernt und wusste doch mit aller Klarheit, dass dies das Ziel meiner Existenz war, immer näher zu dem Ursprung zu gelangen.

       Ich erkannte, dass meine langfristige Aufgabe darin bestand, im Verlauf von Äonen mein Liebesgefäss so zu vergrössern und meine Liebesfähigkeit zu entwickeln und zu steigern, dass ich irgendwann mit dieser Liebesquelle verschmelzen konnte. Ich hatte den Sinn des Lebens entdeckt!

      In dem Moment empfand ich aber die Gewissheit, dass ich mich zu diesem Zeitpunkt nicht nur nicht näher zu dieser Lichtquelle hinbegeben konnte, ja, ich wollte es nicht einmal! Zu schäbig kam ich mir vor, etwa so, als wäre ich von einem König zu einem strahlenden Ball eingeladen und würde nun mit schmutzigen Lumpen bekleidet vor dem Tor stehen. In dieser seelischen Aufmachung kam ich mir völlig fehl am Platze vor. Ich konnte da nicht hin, weil ich so nicht dahingehörte!

      Nachdem also mein Herz bei der Operation zu schlagen aufgehört hatte, befand ich mich bei dem Licht, das ich im Nachhinein als die persönliche Energie Gottes bezeichnen möchte. Ich hielt mich in jenem Zustand auf, der viele Namen hat: Himmel, ewige Seligkeit, Reich Gottes – der aber auch in anderen Kulturen bekannt ist als Nirwana, Elysium, Olymp, Walhalla, Paradies, die ewigen Jagdgründe und wie sie alle heissen.

      Ich habe mich seither oft gefragt, wie es kommt, dass in allen, auch uralten Kulturen einhellig eine solche Sphäre der Glückseligkeit in einem Jenseits angenommen wird. Wer hat das den Menschen erzählt? Kann es sein, dass auch früher schon Menschen solche Kurztoderlebnisse hatten und zurückkamen? Dass auch vor Tausenden von Jahren Menschen von diesem »Licht« berichteten, das sie auf der anderen Seite erwartete?

      Ich habe seitdem in vielen Berichten von Nahtoderlebnissen gelesen, dass betroffene Menschen »drüben« wunderbare Landschaften erblickten, überirdische Musik vernahmen, sogar Dörfer und Städte sahen, die von Menschen bewohnt waren. Oft wurden solche »Überläufer« auch von verstorbenen Verwandten abgeholt und begrüsst. Wie ist das zu erklären? Gibt es »dort drüben« tatsächlich Gärten und Städte wie hier auf der Erde? Spazieren dort unsere Vorausgegangenen gemütlich herum und warten auf Neuankömmlinge, die sie begrüssen können?

      Nun, der Mensch ist ein schöpferisches Wesen. Er ist – »nach dem Ebenbild Gottes geschaffen« – ein mit Schöpferqualitäten begabtes Individuum. Er kann nicht nur Werkzeuge und Kunstgegenstände erschaffen, Autos und Atombomben, er kann auch Strategien entwickeln, Gedankengebäude auftürmen, Geschichten erfinden, kurz, er kann alles, was in der geistigen Welt zur Hand ist, in diese Welt holen und mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln Gegenstände, Umstände oder Situationen kreieren. Der Mensch ist also zweifellos ein Abbild des Schöpfers, selber ein Schöpfer, ein Erschaffer.

      Diese Fähigkeit, zu erschaffen, erlischt nicht mit dem Übertritt in die andere Welt. Im Gegenteil! In jener Welt fallen sämtliche Schranken weg, die von der umständlichen Materie auferlegt werden, und man kann alles, was man sich vorstellt, sofort umsetzen. Du stellst dir eine goldene Stadt vor? Hier ist die goldene Stadt! Sie war schon immer da. Alles, was du dir ausdenken kannst, war schon immer da. Auch als Geistwesen greifen wir bloss auf das Allwissen zurück, den unendlichen Vorrat, in dem alles vorhanden ist, was man sich nur denken kann, und noch viel mehr. Da gibt es tatsächlich nichts, was es nicht gibt. Erfindungen, die vielleicht erst in tausend Jahren der Menschheit zugänglich werden, ruhen in diesem unerschöpflichen Reservoir und warten auf den Moment, dass jemand sie aus ihrem Schlummer holt.

      Der Mensch, der frisch aus der materiellen Welt kommt, trägt immer noch seine materiellen Vorstellungen in sich. Er hat davon gehört, dass das Paradies ein wunderschöner Garten sei. Er kommt also dort an und sieht seine eigene Vorstellung von einem Paradies. Er hat es soeben erschaffen. Er sieht die Gestalten seiner Lieben, die ihn abholen und begrüssen: Er hat ihnen soeben Gestalt verliehen. In der geistigen Welt gibt es keine Gestalten, es gibt auch keine Gärten, weil da alles pure Energie ist. Auch die Personen sind rein energetische Gebilde, die jedoch jederzeit Gestalt annehmen können. Seit jeher vorhanden ist aber die energetische Idee eines Gartens oder einer Menschengestalt, einer Musik oder einer Farbe. Nun liegt es am Individuum, durch seine Schöpferkraft diese Energiekomponenten so zu verdichten, dass sie Gestalt annehmen und »sichtbar«, »hörbar« oder »fühlbar« werden. Diese Kraft, Dinge erschaffen zu können, ist eines jener Geschenke, die wir vom mächtigsten Kreator bekommen haben und die einerseits ein Vermächtnis seiner Liebe ist, andererseits eine Bestätigung, dass wir nach seinem Ebenbild geschaffen sind.

      So findet jeder Neuankömmling im Jenseits sein eigenes Paradies oder seine eigene Hölle vor. Die individuelle Wahrnehmung des »Jenseits« ist durch den Reifegrad der Seele bestimmt, den wir uns nach dem Verlassen dieser Welt angeeignet haben. Zu diesem Schluss kommt man, wenn man die unterschiedlichen Berichte der unzähligen Menschen liest, die aus einer sogenannten Nah-Toderfahrung zurückgekommen sind.

      Allerdings bin ich mit dem Zusatz »Nah-« ganz und gar nicht einverstanden. Es war sowohl für mich als auch für Millionen von Menschen, die diese Erfahrung gemacht haben, eindeutig ein totaler Übertritt in eine andere Dimension, die durch den Umstand, dass man wieder zurückkam, nicht vermindert oder nur halbwertig war, sondern ganz und komplett. Ich hatte damals eindeutig die Seiten gewechselt: Das Jenseits war zum Diesseits geworden und das Diesseits zum Jenseits.

      Wenn jemand in ein anderes Land reist, zum Beispiel nach Spanien, und sich dort nur zwei Minuten aufhält, käme niemand auf die Idee zu behaupten, er habe sich nur fast jenseits der spanischen Grenze befunden. Auch ein kurzer Aufenthalt ist ein richtiger Aufenthalt in Spanien, obwohl man natürlich in dieser knappen Zeit nicht das ganze Land besichtigen kann. Als Reisender in der anderen Dimension kann ich mit Gewissheit behaupten: Ich war nicht nur fast da, sondern ganz und gar.

      Es gibt immer wieder Skeptiker, die behaupten: »Es ist ja noch keiner zurückgekommen!« Wie tot muss denn einer sein, bis man ihn als Zurückgekommenen bezeichnen kann? Wenn das Herz aufgehört hat zu schlagen, ist man doch schon ziemlich tot oder etwa nicht?

      Selbstverständlich habe ich mich im Zuge meiner Forschungen und Erklärungsbemühungen auch über die wissenschaftlichen Kommentare zu diesem Thema orientiert. Allerdings kamen mir diese Analysen eher unbeholfen vor. Da las ich von »extremen Endorphinausschüttungen« im Augenblick des Todes, die solche Halluzinationen hervorrufen und die betreffende Person in einen drogenähnlichen Rausch versetzen würden. Ich las von »Blitzgewittern im Gehirn«, von Sauerstoffmangel,