Robert Esser

Internationales Strafrecht


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Sie wird aber – im Gegensatz zu den endgültigen Urteilen (Art. 44 Abs. 3 EMRK) – nicht immer förmlich veröffentlicht. In die vom Kanzler des Gerichtshofs herausgegebene amtliche Sammlung (bis 1996: Series A/bis 1999: Reports/seit 1999: ECHR) werden nur solche Zulässigkeitsentscheidungen aufgenommen, die der Präsident des Gerichtshofs für bedeutsam hält. Diese Art der Veröffentlichung erfolgt in beiden Amtssprachen (Rules 57 Abs. 2; 78 Satz 2).

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      Meist beschließen die Kammern, über die Zulässigkeit und Begründetheit der Beschwerde in einer Entscheidung zu befinden (Art. 29 Abs. 1 Satz 2 EMRK/Rule 54A). Dies teilt die Kammer nicht nur dem Vertragsstaat bei der Übermittlung der Beschwerde (Rule 54 Abs. 2 lit. b) sondern auch dem Bf. mit; regelmäßig werden beide Parteien aufgefordert (Rule 54A Abs. 1 Satz 2, Abs. 2), bereits in diesem Stadium Erklärungen zur Zulässigkeit und Begründetheit der Beschwerde abzugeben, einschließlich einer Stellungnahme zur Festsetzung einer angemessenen Entschädigung durch den Gerichtshof im Falle eines festgestellten Konventionsverstoßes (Art. 41 EMRK) und den Möglichkeiten einer gütlichen Einigung (friendly settlement; Art. 39 EMRK).

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      Eine solche Verweisung an die GK wird nur angenommen (Art. 43 Abs. 1, 2 EMRK; Rule 73 Abs. 1 Satz 2)

bezüglich Urteilen – nicht Entscheidungen (decisions) – einer Kammer,
wenn die Rechtssache eine schwerwiegende Frage der Auslegung oder Anwendung der EMRK nebst ihrer Zusatzprotokolle betrifft (z.B. künftige, gleichgelagerte Fälle) oder
eine schwerwiegende Frage von allgemeiner Bedeutung aufwirft (z.B. hinsichtlich der Umsetzung eines Urteils auf nationaler Ebene).

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      Über die Annahme der Verweisung entscheidet ein aus fünf Richtern bestehender Ausschuss (panel of five judges; Art. 43 Abs. 2 EMRK; siehe auch Rule 24 Abs. 5); er nimmt die Verweisung an, wenn die oben genannten Voraussetzungen erfüllt sind (Rule 73 Abs. 2).

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      Diesem Ausschuss gehören an (Rule 24 Abs. 5 lit. a): der Präsident des Gerichtshofs – im Falle seiner Verhinderung der Vizepräsident; zwei Sektionspräsidenten, die im Rotationsverfahren bestimmt werden – im Falle ihrer Verhinderung die Vizepräsidenten dieser Sektionen; zwei Richter, die im Rotationsverfahren aus dem Kreis der Richter der übrigen Sektionen, die vorab für eine 6-monatige Tätigkeit in diesem Ausschuss gewählt wurden, bestimmt werden; zwei Ergänzungsrichter (substitute judges).

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      Der Ausschuss prüft den Antrag auf Verweisung ausschließlich auf der Grundlage der Akten (Rule 73 Abs. 1 Satz 1). Die Ablehnung des Antrags muss nicht begründet werden (Rule 73 Abs. 2 Satz 3). Sie ist auch nicht überprüfbar.

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      Nimmt der Ausschuss den Antrag an, so verweist er die Rechtssache an die GK, die – nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung oder eines schriftlichen Verfahrens – durch Urteil entscheidet (Art. 43 Abs. 3 EMRK; Rule 73 Abs. 3).

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