Robert Esser

Internationales Strafrecht


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nicht durch äußeren Druck zu gefährden, sind die im Hinblick auf eine gütliche Einigung geführten Verhandlungen vertraulich und erfolgen unbeschadet der von den Parteien im streitigen Verfahren abgegebenen Stellungnahmen. Die Vergleichsverhandlungen werden auch nach Abschluss des Verfahrens der Öffentlichkeit nicht zugänglich gemacht, ebensowenig wie die gegenüber der Gegenseite abgegebenen Erklärungen (Art. 39 Abs. 2 EMRK; Rule 62 Abs. 2 Satz 2, Rule 33 Abs. 1).

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      Wenn zwischen dem in seinen Rechten verletzten Bf. und der verantwortlichen Vertragspartei eine Einigung erzielt worden ist, prüft der Gerichtshof (lediglich noch), ob ihr Inhalt als gütlich (friendly) eingestuft werden kann. Eine Fortsetzung der Prüfung der Beschwerde erfolgt jedoch dann, wenn die Achtung der Menschenrechte dies erfordert (Art. 37 Abs. 1 Satz 2 EMRK), d.h. der Gerichtshof kann einen Fall, der für die Achtung der Menschenrechte wichtige Fragen grundlegender Natur betrifft (serious issues of general nature) auch gegen den Willen des Bf. weiterverfolgen, selbst wenn dieser oder sein Vertreter von einer staatlichen Wiedergutmachung und damit einem Wegfall der Opfereigenschaft durch eine gütliche Einigung ausgehen.

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      Erst durch die Entscheidung des Gerichtshofs, die Beschwerde aus dem Register zu streichen, wird das Verfahren der Individualbeschwerde beendet. Hält sich jedoch der Vertragsstaat nicht an den Inhalt der getroffenen Einigung, deren Überwachung dem Ministerkomitee des Europarates obliegt (Art. 39 Abs. 4 EMRK; Rule 43 Abs. 3 Satz 2), kann der Gerichtshof die Wiedereintragung der Beschwerde ins Register beschließen (Art. 37 Abs. 2 EMRK; Rule 43 Abs. 5).

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      Zur Durchsetzung des Vergleichs, insbesondere der zugesagten Zahlungen vor nationalen Gerichten, siehe Rn. 381.

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      Die Streichung der Beschwerde aus dem Register nach Art. 37 Abs. 1 lit. c EMRK nimmt dem Bf. nicht das Recht, weitergehende mit dem Konventionsverstoß verbundene oder sich später erst realisierende Rechtsverletzungen geltend zu machen (wichtig etwa bei der Verfahrensverzögerung in einem anschließenden Stadium, das nicht Gegenstand der Beschwerde war).

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      Eine gütliche Einigung ist auch dann noch möglich, wenn eine Verletzung durch den Gerichtshof bereits festgestellt wurde, wenn