Angaben zu machen, um Steuern zu hinterziehen. Darauf, ob sich der Täter zunächst nur Liquidität sichern oder von Anfang an auf Dauer Steuern hinterziehen wolle, komme es insoweit nicht an (siehe dazu auch Rn. 439).
3. Wahlfeststellung
450
Schließlich kann nach der bislang geltenden Rspr. auch bei der Verurteilung wegen Steuerhinterziehung eine Wahlfeststellung zulässig sein, wenn nach Ausschöpfung aller Beweismittel zwar nicht der Nachweis einer bestimmten Tat erbracht werden kann aber feststeht, dass von mehreren in Betracht kommenden Taten jedenfalls eine durch den Angeklagten begangen worden ist.[1195] Eine Wahlfeststellung ist jedoch unzulässig, wenn die in Betracht kommenden Tatbestände in einem Stufenverhältnis zueinander stehen, wie z.B. die Beihilfe zur Mittäterschaft oder der Versuch zur Vollendung. In solchen Fällen ist vielmehr der In-dubio-pro-reo-Grundsatz anzuwenden.[1196] Der BGH hat die Möglichkeit einer (ungleichartigen) Wahlfeststellung im Verhältnis der Steuerhinterziehung zur (gewerbsmäßigen) Steuerhehlerei bejaht.[1197] Er ist darüber hinaus der Meinung, dass für den Fall, dass feststeht, dass der Angeklagte unversteuerte Schmiergeldzahlungen erhalten hat, sich aber nicht feststellen lässt, in welchem Veranlagungszeitraum welche Beträge gezahlt worden sind, eine Feststellung im Wege der Schätzung der Höhe nach in Kombination mit einer (gleichartigen) Wahlfeststelllung bzgl. der Zuordnung zu den in Betracht kommenden Jahren erfolgen müsse.[1198] Dies erscheint im Hinblick auf die Unschuldsvermutung sehr kritisch. Der 2. Senat des BGH hat am 11.3.2015 (erneut) den großen Senat im Wege eines Vorlagebeschlusses angerufen, weil er Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der sog. echten Wahlfeststellung mit Art. 103 Abs. 2 GG hat.[1199] Zu einem auf vergleichbare Bedenken gestützten Vorlagebeschluss des 2. Senats vom 28.1.2014 in der gleichen Sache, betreffend die ungleichartige Wahlfeststellung,[1200] hatten der 1. Senat[1201] und der 5. Senat[1202] mitgeteilt, dass sie diese Bedenken nicht teilen und an ihrer Rspr. festhalten. Mit Urteil vom 25.10.2017 hat der 2. Senat entscheiden, dass die gesetzesalternative Verurteilung eines Angeklagten auf wahldeutiger Tatsachengrundlage wegen (gewerbsmäßig begangenen) Diebstahls oder gewerbsmäßiger Hehlerei rechtlich nicht zu beanstanden sei.[1203]
a) Begriff
451
Gegenstand der Urteilsfindung ist nach § 264 StPO die in der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt (prozessuale Tat). Gemeint ist damit der zusammengehörende Lebenssachverhalt als geschichtlicher Vorgang, der nur einheitlich angeklagt und abgeurteilt werden kann.[1204] Die Rspr. definiert die „Tat“ i.S.d. § 264 StPO als
„den vom Eröffnungsbeschluss betroffenen Vorgang einschließlich aller damit zusammenhängenden und darauf bezüglichen Vorkommnisse und tatsächlichen Umstände, die geeignet sind, das in diesen Bereich fallende Tun des Angeklagten unter irgendeinem rechtlichen Gesichtspunkt als strafbar erscheinen zu lassen, also das gesamte Verhalten des Angeklagten, soweit es mit dem durch denEröffnungsbeschluss bezeichneten geschichtlichen Vorkommnis nach der Auffassung des Lebens einen einheitlichen Vorgang bildet, ohne Rücksicht darauf, ob sich bei der rechtlichen Beurteilung eine oder mehrere strafbare Handlungen statt oder neben der im Eröffnungsbeschluss bezeichneten Straftat ergeben“.[1205]
Ein einheitlicher geschichtlicher Vorgang liegt vor, wenn die Vorgänge so miteinander verknüpft sind, dass keiner von ihnen für sich allein verständlich abgehandelt werden könnte und ihre getrennte Aburteilung als unnatürliche Aufspaltung eines einheitlichen Lebensvorganges empfunden würde.[1206] Diese Voraussetzungen liegen bei tatmehrheitlich begangenen, auf unterschiedliche Veranlagungszeiträume bezogenen Steuerhinterziehungen gem. § 370 Abs. 1 Nr. 1 desselben Steuerpflichtigen derselben Steuerart regelmäßig schon wegen der in tatsächlicher Hinsicht verschiedenen Tathandlungen durch Abgabe je eigenständiger unrichtiger Steuererklärungen und unterschiedlicher, der Besteuerung unterliegender Lebenssachverhalte nicht vor.[1207]
Die Rechtskraftwirkung des Urteils und damit der Strafklageverbrauch erstreckt sich auf die gesamte prozessuale Tat (Art. 103 Abs. 3 GG).[1208]
b) Prozessuale Tat und materielle Tateinheit/Tatmehrheit
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Eine einheitliche Handlung i.S.d. § 52 StGB stellt stets zugleich eine Tat im prozessualen Sinne dar.[1209] Mehrere selbstständige Handlungen i.S.d. § 53 StGB bilden eine einheitliche prozessuale Tat gem. § 264 StPO, wenn die einzelnen Handlungen derart miteinander verknüpft sind, dass der Unrechts- und Schuldgehalt der einen Handlung nicht ohne die Umstände, die zu der anderen Handlung geführt haben, richtig gewürdigt werden kann und ihre getrennte Würdigung und Aburteilung als unnatürliche Aufspaltung eines einheitlichen Lebensvorgangs empfunden wird.[1210] Dazu genügt weder ein Gesamtplan, noch ein zeitliches Zusammentreffen der tatmehrheitlich begangenen Taten.[1211]
453
Im Steuerstrafrecht werden Umfang und Reichweite der prozessualen Tat nach Auffassung des BGH maßgeblich durch die steuerlichen Vorschriften bestimmt.[1212]
Da die Festsetzung der Einkommensteuer als Jahressteuer aufgrund einer Steuererklärung erfolgt (§§ 2 Abs. 7, 25 Abs. 1, Abs. 3 S. 1, 36 Abs. 1 EStG), liegt bei der Hinterziehung hinsichtlich eines Veranlagungszeitraums materiellrechtlich und prozessual eine einheitliche Tat vor.[1213] Maßgeblich dafür ist die Festsetzung. Die verschiedenen Einkunftsarten bilden insoweit lediglich Rechnungsposten (§ 2 Abs. 1, Abs. 5 S. 1 EStG). Einkommensteuer kann somit nur insgesamt und nicht bzgl. einzelner Einkunftsarten hinterzogen werden.
454
Für die Hinterziehung von USt wird bei Voranmeldungen und Jahreserklärung desselben Jahres prozessual eine einheitliche Tat i.S.d. § 264 StPO angenommen.[1214] Hingegen werden die Hinterziehung von EUSt und die nachfolgende Hinterziehung von USt nicht als eine Tat i.S.d. § 264 StPO bewertet.[1215]
455
Verschleiert der Täter im Rahmen eines Gewerbebetriebes laufend Lohnzahlungen, so sind bei sachlich-rechtlicher Tatmehrheit Lohnsteuerhinterziehung einerseits sowie Vorenthalten von Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung andererseits mehrere Taten im prozessualen Sinne.[1216] Dies gilt auch, wenn der Täter den Betrieb von vornherein darauf angelegt hat, Arbeitnehmer illegal („schwarz“) zu beschäftigen und soweit er hinsichtlich derselben Arbeitnehmer innerhalb derselben Zeiträume weder Lohnsteuer anmeldet noch Beiträge zur Sozialversicherung und zur Bundesanstalt für Arbeit an die berechtigte Kasse abführt.[1217]
456
Unrichtige Angaben in verschiedenen Abschnitten des Besteuerungsverfahrens zählen nicht zu einem einheitlichen Lebensvorgang i.S.d. § 264 StPO, so dass es sich nicht um dieselbe Tat im prozessualen Sinn handelt. Macht der Täter im Festsetzungsverfahren unrichtige Angaben zu den Besteuerungsgrundlagen und erreicht damit eine zu niedrige Steuerfestsetzung so handelt es sich demgegenüber bei unrichtigen Angaben zu seinen Vermögensverhältnissen und der Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung im Vollstreckungsverfahren mit dem Ziel, zu verhindern, dass wegen der bereits festgestellten Steueransprüche in sein Vermögen vollstreckt wird, um unterschiedliche Lebenssachverhalte. Die rechtskräftige Verurteilung des Täters wegen Steuerhinterziehung im Festsetzungsverfahren bewirkt deshalb im Hinblick auf die Taten der Steuerhinterziehung im Beitreibungsverfahren keinen Strafklageverbrauch.[1218] Materiell-rechtlich stehen die Taten im Verhältnis der Tatmehrheit zueinander. Das gilt auch dann, wenn der Täter von Anfang an beabsichtigte, auch im Beitreibungsverfahren