Johannes Franciscus Corsten

Steuerstrafrecht


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in den Folgebescheid wird die Verkürzung i.S.d. § 370 Abs. 1 erreicht. Insoweit hinkt auch der Verweis darauf, dass die Regelung des § 370 Abs. 4 S. 1 belege, dass es auf den Eintritt eines steuerlichen Schadens nicht ankomme, sondern eine Gefährdung des Steueraufkommens grundsätzlich als Steuerhinterziehungserfolg genügt.[464] Denn auch nach dieser Vorschrift kommt es dem Wortlaut nach sehr wohl auf die (Nicht-)Festsetzung der Steuer an[465] – auf irgendwelche Vorstufen zur Festsetzung stellt § 370 an keiner Stelle ab. Die Gefährdung macht aus den Feststellungen des Grundlagenbescheides weder eine Steuerverkürzung noch einen nicht gerechtfertigten Steuervorteil. Demgegenüber verlagert der BGH durch eine weite Auslegung des Begriffs des „steuerlichen Vorteils“ (als zweite Erfolgsalternative des § 370 Abs. 1 Nr. 1) die Vollendung des Tatbestandes vor und hebt dabei die nach dem Wortlaut des § 370 Abs. 1 und Abs. 4 S. 1 und 2 getroffene Differenzierung zwischen der Steuerverkürzung (die nach § 370 Abs. 4 S. 1 u.a. die – hier erst im Folgebescheid erfolgende – zu niedrige Steuerfestsetzung umfasst) und dem Erlangen steuerlicher Vorteile auf.[466] Es erscheint widersprüchlich, den Eintritt einer Steuerverkürzung zu verneinen, weil diese erst mit Übernahme der Feststellungen in den Folgebescheid eintrete, die Vollendung dann aber über den Umweg der vermeintlichen Gewährung eines steuerlichen Vorteils doch zu bejahen.[467] Der Steuervorteil wird so zu einer Vorstufe der Steuerverkürzung.[468] Die dadurch erreichte Vorverlagerung der Strafbarkeit ist auch aus kriminalpolitischen Gründen nicht angezeigt, da einerseits Vollendung bei der Festsetzung von Steuern bereits dadurch vorverlagert ist, dass ein Schadenseintritt nach § 370 Abs. 4 S. 1 nicht vorausgesetzt wird[469] und andererseits Strafbarkeitslücken bei Bejahung der Strafbarkeit als Versuch (§ 370 Abs. 2) nicht entstehen.

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