einfach zu begeistern und immer sehr willig. Ganze Farbstreifen rissen von meiner Wand herunter …
Ich lernte auch eine junge deutsche Frau kennen. Obwohl es ja nicht wirklich erlaubt war, sprachen wir miteinander. Wir waren beide dem Ashram gegenüber sehr kritisch eingestellt und daher froh, mit jemandem darüber reden zu können.
Nie zweifelte ich an Sai Baba selber und seinen Lehren. Diese waren und sind für mich sehr wertvolle Schriften. Dennoch war meine Enttäuschung damals sehr groß. Im Ashram roch es nicht nur menschlich, es moderte und stank bis in die höchsten Gefilde.
Schon sehr bald merkte ich, dass mit der jungen Frau etwas nicht in Ordnung war. Ihre Pupillen flatterten stark und ihre Bewegungen waren nervös. Auch erzählte sie mir von einer Stimme in ihrem Kopf, die ihr immer wieder sagte, dass Sai Baba der Teufel sei. Sie gestand mir, dass sie ihren Pass und sämtliches Geld verbrannt hatte. Gott, so war sie überzeugt, kümmert sich jetzt um sie.
Eines Tages, ich meditierte bei Sai Babas täglichem Vortrag, spürte ich plötzlich den Drang, meine Augen zu öffnen. Ich sah mich um und konnte gerade noch erkennen, wie meine deutsche Bekannte von Sai Babas Leibwächter davongetragen wurde. Verwirrt sah ich mich um und fragte den Mann neben mir, was passiert sei. Es herrschte eine große Unruhe auf der Frauenseite, Köpfe bewegten sich hin und her wie die Blätter an einem Baum.
Diese Verrückte, so stotterte mein Sitznachbar nervös, habe eben versucht, Sai Baba anzugreifen. Die anwesenden Leibwächter erkannten die Gefahr und schnappten sich die Attentäterin, noch bevor sie wirklich gefährlich werden konnte. Ich wollte sehen, ob ich der Frau helfen könnte. Ich kannte ihre Situation und konnte mir vorstellen, dass sie Unterstützung gebrauchen könnte.
Außerhalb des Tempels fand ich eine Traube von Menschen. In deren Zentrum einen Tisch und am Tisch die Frau, zwei Polizisten und einige Personen, die im Ashram arbeiteten. Mich durch die Menschenmenge kämpfend, näherte ich mich dem Grüppchen und setzte mich neben die Frau. Sie sah mich erschrocken an und flüsterte mir auf Deutsch ins Ohr, dass ich nichts über sie sagen dürfte. Ich verhandelte mit der Polizei und den Angestellten des Ashrams. Natürlich gab ich keine Informationen über die arme Person preis. Plötzlich drohte mir einer der Ashramleute, dass ich aus dem Ashram geschmissen würde, sollte ich nicht kooperieren. Ich wurde wütend, sogar sehr.
Es sei ja wohl klar, dass ich nichts mit dem Anschlag zu tun hätte. Aus reiner Nächstenliebe der jungen Frau gegenüber sei ich hier, um ihr zu helfen. Es sei doch unglaublich, wie arrogant und falsch gerade die Ashramangestellten sich oft verhalten würden. Würde er mich aus dem Ashram werfen, weil ich jemandem helfe und dessen Wünsche respektiere, so würde ich sehr gerne gehen. Es gäbe noch viele Ashrams, die Nächstenliebe und Verständnis hoffentlich ehrlicher praktizieren als dieser. Nach dieser Ansprache herrschte betroffene Stille. Der Mann entschuldigte sich und ließ mich weiter übersetzen. Die Frau kam ins Gefängnis. Ich gab ihr etwas Geld, besorgte ihr einen Anwalt aus der nächsten Stadt und besuchte sie noch, bis sie abgeschoben wurde.
Ich erlebte viele schöne Momente in diesem Ashram, war aber auch sehr enttäuscht über das Verhalten vieler Menschen dort und sehr froh, als eine Argentinierin und ihre Familie mich fragten, ob ich mit ihnen den Ashram von Sri Aurobindo besuchen wolle.
Peter, ein Cousin meiner Mutter, wohnt in Pondicherry im Ashram von Aurobindo. Auch hatte ich viel über Aurobindo gelesen und wollte mehr über diesen Ort erfahren. Vielleicht, so dachte ich, ist ja dessen Ashram ein wirklich heiliger Ort.
Ich mietete mir dort eine Wohnung und meditierte viel jeden Tag. Täglich besuchte ich das Mandir oder Mausoleum, in dem Sri Aurobindo und die Mutter beerdigt sind. Während einer meiner Meditationen hörte ich eine Stimme, die mir sagte, ich solle meine Augen öffnen. Vor mir standen zwei Geister! Sri Aurobindo und die Mutter sahen auf mich herunter. Ich drehte meinen Kopf, ob andere Leute diese Erscheinung ebenfalls sahen. Aber niemand machte einen erstaunten Eindruck oder sah zu den zwei Geistwesen. Langsam bat mich eine Stimme in meinem Kopf, Papier und Stift aus meiner Tasche zu nehmen. Eine für mich sehr wichtige Nachricht wurde diktiert. Später erzählte mir Peter, dass die zwei sich manchmal zeigten, um an bestimmte Menschen Nachrichten weiterzugeben.
Während eines Gespräches mit Peter und seiner damaligen Frau unterhielten wir uns auch über den Ashram. Vielleicht, so dachte ich mir, wäre dies ein Ort für mich. Sobald wir aber über Sexualität und die Einstellung im Ashram dazu sprachen, wurde mir klar, dass auch dieser Ort nicht wirklich frei war. Also packte ich eines Tages meinen Rucksack und reiste weiter. Mein Ziel war ein Ashram der Hare Krishna. Auf dem Weg dorthin traf ich eine Hare-Krishna-Gruppe und erkannte, noch bevor ich den Ashram erreichte, dass auch das nur in einer weiteren Enttäuschung enden würde.
Da befand ich mich ganz allein im großen Indien auf der Suche nach einem perfekten spirituellen Leben an einem perfekten Ort und erlebte einen Tiefschlag nach dem anderen. Konnte es so schwierig sein, gute und wirklich ehrliche Menschen zu treffen? Menschen, die an einem vernünftigen Ort mit vernünftigen Regeln lebten? Oder hatte ich den Ort bis dahin einfach noch nicht gefunden?
Ich reiste weiter nach Varanasi. Mein Ziel war die Quelle des Ganges. Auch wollte ich den Ort besuchen, an dem Buddha erleuchtet wurde. Vielleicht, so dachte ich mir, finde ich unter Buddhisten den wahren Ort. In Varanasi angekommen, besuchte ich das Gangesufer, um eine der berühmten Totenverbrennungen zu erleben. Ich war fasziniert von dieser pulsierenden Stadt. In meinem Hotel lernte ich einen jungen Engländer kennen. Dieser erzählte mir von Dharamsala und McLeod Ganj. Er verbrachte dort einige Wochen, besuchte Meditationskurse und lernte mit den Mönchen. Der Dalai Lama wohnt dort und mit viel Glück kann man ihm sogar die Hand schütteln.
Ohne lange darüber nachzudenken, änderte ich meine Reisepläne. Ich wollte den Ort kennenlernen, an dem der Dalai Lama lebt. Vielleicht würde ich dort eine Stätte der Harmonie vorfinden.
Ich mietete mir etwas außerhalb von Dharamsala ein Zimmer. Menschen aus der ganzen Welt fanden hier zusammen und wollten erleuchtet werden. Sooft ich konnte, besuchte ich das Hauptkloster, um zu meditieren. Eines Tages, als ich gerade meditierte, kam ein Mönch auf mich zu und gab mir durch Zeichensprache zu verstehen, dass ich ihm folgen solle. Noch bevor ich überhaupt wusste, was passierte, musste ich mich gegen eine Vergewaltigung wehren. Nur mit Mühe konnte ich den Mönch von mir stoßen und rannte davon. Ich wollte eine Anzeige machen, musste aber von meinem Vorhaben ablassen. Der zuständige Beamte gab mir zu verstehen, dass eine Identifikation des Täters unmöglich sei. Klein und glatzköpfig waren sie alle. Überflüssig zu erwähnen, dass auch diese Erfahrung mir zeigte, wie normal menschlich es hier zuging.
Ich fing an zu zweifeln, dass es überhaupt einen perfekten Ort mit wirklich guten Menschen geben könnte. Auf jeden Fall gab ich nach dieser Erfahrung mein Vorhaben auf, menschliche Perfektion in einer Religion oder spirituellen Gruppe zu finden.
Daher brach ich mein sieben Monate anhaltendes Leben im Zölibat ab und fing wieder an, auch Fleisch zu essen. Keine Menschengruppe, die ich in irgendeinem Ashram oder Kloster fand, machte auf mich einen wirklich gesunden und ehrlichen Eindruck. Im Gegenteil, die meisten waren genauso falsch und verlogen wie ein Politiker vor den Wahlen. Missbrauch, Vetternwirtschaft und Korruption waren genauso vorhanden wie in einer kommunistischen Diktatur.
In meiner noch verbleibenden Zeit in Indien lebte ich mit einem zusammengewürfelten Haufen interessanter Menschen. Wir reisten zusammen, mieteten Häuser oder besuchten spannende und schöne Orte. Wir malten, meditierten und kochten zusammen. Kein Guru und keine Regeln, die uns kontrollieren wollten.
In einer telepathischen Durchsage Sai Babas wurde mir vorgeschlagen, doch wieder in die westliche Gesellschaft einzutauchen. Damals hatte ich meine Medialität bereits stark entwickelt. Ich las die Auren vieler Leute und verdiente mir so das Geld für meine Ausgaben. In Channelings gab ich Nachrichten für Menschen weiter oder machte Jenseitskontakte. In der Durchsage gab man mir zu verstehen, dass ich Menschen vor Ort viel besser helfen könne als hinter Kloster- oder Ashrammauern.
Meine Enttäuschungen machten mich zu guter Letzt stark. Sie zeigten mir das wahre Gesicht des Menschen. Egal wo und wie er lebt, er bleibt sich selber treu. Mit all seinen Vor- und Nachteilen.
Meine Geistführer haben etwas gemeinsam, sie sind