kurzen oder langen Zeitraum entzogen, vgl. Abschnitt 2.3. Dieser Effekt kann sich festigkeitsmindernd oder -steigernd auswirken. Festigkeitssteigerungen ergeben sich nach [5] dann, wenn abgesaugtes Wasser zu einer wirkungsvollen Senkung des w/z-Wertes und damit zu einer Verdichtung des Gefüges führt. Dagegen ergeben sich Festigkeitsminderungen, wenn in der Fuge infolge eines zu hohen Wasserentzugs die für eine vollständige Hydratation erforderliche Wassermenge nicht mehr zur Verfügung steht.
Diese Veränderung der Eigenschaften des Mörtels in Kontakt zum Mauerstein beeinflusst die Festigkeitseigenschaften von Mauerwerk. Insofern können Eigenschaftswerte, die an beeinflusstem Mörtel ermittelt werden, für weiterführende Analysen und Abschätzungen verwendet werden. Die Fugendruckfestigkeit könnte beispielsweise bei neuen Ansätzen für die rechnerische Bestimmung der Mauerwerkdruckfestigkeit berücksichtigt werden.
Die Bestimmung der Fugendruckfestigkeit erfolgt nach DIN 18555-9 [21].
In Bild 2 ist die auf die Prismen-Druckfestigkeit βD bezogene Fugendruckfestigkeit βF,III verschiedener Mauerstein-Mauermörtel-Kombinationen dargestellt (Werte aus [6]). Die Mauersteine wurden in unterschiedlichen Feuchtezuständen vermauert: trocken, d. h. mit Ausgleichsfeuchte bei Lagerung in 20/65, sowie feucht, d. h. mit einem Feuchtegehalt von rd. 10 M.-%. Als Mauermörtel wurden Werktrocken- (WTM) und Werkfrischmörtel (WFM) mit folgenden Zusatzmitteln verwendet: Luftporenbildner (LP), Verzögerer (VZ), Methylcellulose (MC) und Methylhydroxypropylcellulose (MHPC).
Tabelle 5. Mauermörtel; Regressionsgleichungen zur Bestimmung der Zugfestigkeit und des Längsdehnungsmoduls sowie Wertebereiche für die Trockenrohdichte, die Druckfestigkeit und den Querdehnungsmodul (nach [1])
Bild 2. Fugendruckfestigkeit βF,III bezogen auf die Prismen-Druckfestigkeit βD; Prüfalter: 28 Tage (Werte aus [6])
Vor allem bei trocken vermauerten Kalksandsteinen können sich je nach Feuchtezustand bezogene Druckfestigkeiten in der Fuge ≤ 1,0 ergeben. Hingegen kann die Saugcharakteristik bei Mauerziegeln (schnelle Wasseraufnahme in kurzem Zeitraum) zu einer Festigkeitssteigerung führen, unabhängig vom Feuchtezustand der Mauersteine, vgl. [6]. Bei Verwendung von Werkfrischmörtel mit einem geringen Wasserrückhaltevermögen können sich Festigkeitseinbußen in Kombination mit KS-Ref, KS und LB (jeweils trocken vermauert) ergeben. Die Rechenfestigkeit kann folglich auf der unsicheren Seite liegen. Um bei der Entwicklung neuer Mörtelrezepturen kritische Fälle identifizieren zu können, müssen diese Mauermörtel die Mindestanforderungswerte an die Fugendruckfestigkeit nach DIN 20000-412 [22] erfüllen.
Bild 3. Bandbreite der Haftscherfestigkeitswerte nach dem DIN-Verfahren (Werte aus [7])
5 Verbund zwischen Mauerstein und Mauermörtel
5.1 Allgemeines
In Mauerwerkbauteilen, die durch horizontale Lasten auf Schub oder Biegezug oder auch infolge Zwangsspannungen auf Zug beansprucht werden, müssen Zug- und Schub- bzw. Scherkräfte in den Verbundfugen zwischen den einzelnen Mauersteinen übertragen werden. Der Verbund zwischen Mauerstein und Mauermörtel beeinflusst daher maßgeblich die Tragfähigkeit und Risssicherheit von Mauerwerk.
Die Verbundfestigkeit dient zur quantitativen Erfassung der Haftung zwischen Mauerstein und Mauermörtel. Diese wird differenziert nach Haftscherfestigkeit und Haftzugfestigkeit. Während die Haftzugfestigkeit bei der Bemessung von biegezug-/schubbeanspruchten Mauerwerkbauteilen nach DIN EN 1996-1-1/NA [17] nicht in Rechnung gestellt wird, ist die Haftscherfestigkeit eine bemessungsrelevante Baustoffkenngröße.
5.2 Haftscherfestigkeit
Durch die Haftscherfestigkeit werden die Scherkräfte erfasst, die entlang der Grenzfläche Mauerstein/Mauermörtel aufgenommen werden können. Bei gleichzeitiger Wirkung einer Auflast/Normalkraft zur Grenzfläche erhöht sich die Scherfestigkeit um den auflastabhängigen Reibungsanteil.
Die Haftscherfestigkeit kann entweder nach DIN 18555-5 [23] oder DIN EN 1052-3 [24] geprüft werden. Vergleichsuntersuchungen zwischen diesen beiden Prüfverfahren haben gezeigt, dass die Prüfwerte der Haftscherfestigkeit nach dem EN-Verfahren etwa halb so groß wie die nach dem DIN-Verfahren sind, vgl. [7]. Der Prüffaktor resultiert aus einer unterschiedlichen Normal- und Schubspannungsverteilung in den Fugen, wie nichtlineare Finite-Elemente-Berechnungen gezeigt haben, s. [7]. Bedingt durch die Prüfkörpergeometrie kann beim EN-Versuch im Bruchzustand eine ungleichmäßige Spannungsverteilung resultieren, während die Spannungsverteilung beim DIN-Versuch dagegen deutlich gleichmäßiger ist.
In den Bildern 3 und 4 sind Haftscherfestigkeitswerte nach dem DIN-Verfahren und dem EN-Verfahren nach [7] dargestellt. Die große Bandbreite der Werte resultiert nach [7] aus z. T. sehr unterschiedlichen Prüfrandbedingungen (Prüfalter, Lagerungsklima etc.). Vor allem der Feuchtegehalt der Mauersteine beim Vermauern kann aufgrund des dadurch beeinflussten Wasserabsaugens durch die Mauersteine und die dadurch veränderten Eigenschaften des Mauermörtels zu sehr unterschiedlichen Haftscherfestigkeitswerten führen, vgl. Abschnitt 4.
Auf Basis dieser Werte wurden die in Tabelle 6 angegebenen, nach Stein und Mörtel differenzierten Anhaltswerte abgeleitet, s. [7]. Bei der Ableitung dieser Werte wurden lediglich diejenigen Mauerstein-Mauermörtel-Kombinationen berücksichtigt, für die mindestens 10 Serien vorlagen. Diese Anhaltswerte beziehen sich auf die Prüfung nach dem DIN-Verfahren. Dabei wurden die Versuchsergebnisse, die nach dem EN-Verfahren ermittelt wurden, mit dem Faktor 2 multipliziert, um jeweils auf den Wert nach dem DIN-Verfahren schließen zu können.
Die nach DIN EN 1996-1-1/NA [17] anzusetzenden Haftscherfestigkeitswerte sind derzeit in Abhängigkeit der Mauermörtelart, jedoch nicht differenziert nach der Mauersteinart, angegeben, s. ebenfalls Tabelle 6. Die Werte basieren auf der Haftscherfestigkeitsprüfung nach dem DIN-Verfahren mit dem als ungünstig angesehenen Kalksand-Referenzstein. Nähere Erläuterungen zu diesen Werten können [8] entnommen werden.
Bild 4. Bandbreite der Haftscherfestigkeitswerte nach dem EN-Verfahren (Werte aus [7])
Tabelle 6. Stein/Mörtel; Anhaltswerte für die Haftscherfestigkeit nach [7] und anzusetzende Haftscherfestigkeitswerte (charakteristische Werte) nach DIN EN 1996-1-1/NA [17], differenziert nach Mauersteinart/-sorte bzw. Mörtelgruppe bzw. -klasse
Ein Vergleich der anzusetzenden Haftscherfestigkeitswerte mit den nach Mauerstein bzw. Mauermörtel differenzierten Anhaltswerten zeigt, dass teilweise deutlich höhere Haftscherfestigkeitswerte angesetzt werden könnten.
Bei der Biegezugbeanspruchung parallel zu den Lagerfugen wird zur Berechnung der Biegezugfestigkeit bei Fugenversagen ersatzweise die Haftscherfestigkeit angesetzt (s. Abschnitt 6.2.4). Zutreffender wäre stattdessen, die Torsionsscherfestigkeit zugrunde zu legen. In [7] und [9] wird darauf speziell eingegangen.