– aber auch von Außen- und Innenwänden, die beispielsweise unterschiedlichen Formänderungen unterliegen. Dabei sind zwei Belastungsrichtungen (parallel und senkrecht zu den Lagerfugen) sowie zwei Versagensarten (Stein- und Fugenversagen) zu betrachten.
Die Mauerwerkzugfestigkeit kann sowohl experimentell als auch rechnerisch ermittelt werden. Die Prüfung der Zugfestigkeit von Mauerwerk ist nicht normativ geregelt.
Tabelle 8. Mauerwerk; Zugfestigkeit bei einer Zugbeanspruchung parallel zu den Lagerfugen (aus [1] bzw. [11])
In Tabelle 8 sind Werte für die Zugfestigkeit parallel zur Lagerfuge aus [1] bzw. [11] angegeben. Untersuchungen zur Bestimmung der Zugfestigkeit senkrecht zu den Lagerfugen wurden bislang nur sehr wenige durchgeführt, sodass keine abgesicherten Werte genannt werden können.
Bei der Herleitung von Berechnungsansätzen zur Bestimmung der Zugfestigkeit parallel zu den Lagerfugen in [12] wurde davon ausgegangen, dass in den vertikalen Stoßfugen, auch wenn sie vermörtelt sind, keine Zugspannungen übertragen werden können. Der Grund hierfür ist, dass die Stoßfugen nicht überdrückt sind und die Haftzugfestigkeit zwischen Mauerstein und Mauermörtel i. d. R. aufgrund des Mörtelschwindens und einer oftmals mangelhaften Ausführung vernachlässigbar klein ist.
Für den Fall Steinversagen bedeutet dies, dass die im Bereich einer Steinlage und Mörtelfuge auftretenden Zugspannungen parallel zu den Lagerfugen nur durch einen halben Mauerstein und die Mörtelfuge übertragen werden können. Da die Dicke der Mörtelfuge i. d. R. deutlich geringer ist als die Mauersteinhöhe, ist die Mauerwerkzugfestigkeit in diesem Fall näherungsweise halb so groß wie die Steinzugfestigkeit, vgl. Gl. (2). Wesentliche Einflussgröße auf die Mauerwerkzugfestigkeit parallel zu den Lagerfugen bei Steinversagen ist daher die Steinzugfestigkeit in Richtung Steinlänge.
(2)
mit
ft | Mauerwerkzugfestigkeit parallel zu den Lagerfugen bei Steinversagen |
ft,u | Zugfestigkeit des Steins in Längsrichtung |
Bei Fugenversagen müssen die im Bereich einer Steinlage und Mörtelfuge auftretenden Zugspannungen parallel zu den Lagerfugen über Schubspannungen in der Lagerfuge auf der Überbindelänge (lol) in die jeweilige nächste Steinlage übertragen werden. Die übertragbare Zugkraft in den Stoßfugen kann vernachlässigt werden, da die Haftzugfestigkeit zwischen Mauerstein und Mauermörtel i. d. R. gering ist (s. o.). Die Mauerwerkzugfestigkeit parallel zu den Lagerfugen ist in diesem Fall erreicht, wenn die in der Lagerfuge auftretenden Schubspannungen die Scherfestigkeit überschreiten. Die wesentlichen Einflussgrößen auf die Mauerwerkzugfestigkeit bei diesem Belastungs- und Versagensfall sind daher die auf die Mauersteinhöhe bezogene Überbindelänge und die Scherfestigkeit, die sich aus der Haftscherfestigkeit und ggf. dem auflastabhängigen Reibungsanteil zwischen Mauerstein und Mauermörtel zusammensetzt, siehe Gleichungen (3a) bzw. (3b).
(3a)
bzw.
(3b)
mit
ft | Mauerwerkzugfestigkeit parallel zu den Lagerfugen bei Fugenversagen |
fv0 | Haftscherfestigkeit |
lol | Überbindelänge |
hu | Steinhöhe |
μ | Reibungsbeiwert |
σd | Druckspannung senkrecht zur Lagerfuge |
Bei einer Beanspruchung senkrecht zu den Lagerfugen kann die Mauerwerkzugfestigkeit näherungsweise gleich der Steinzugfestigkeit in Richtung Steinhöhe für den Fall Steinversagen oder gleich der Haftzugfestigkeit zwischen Mauerstein und Lagerfugenmörtel für den Fall Fugenversagen angesetzt werden.
6.2.4 Biegezugfestigkeit
Die Biegezugfestigkeit von Mauerwerk ist von großer Bedeutung bei Ausfachungsflächen und Verblendschalen von zweischaligem Mauerwerk bei Einwirkung von Windlasten (Sog und Druck), aber auch bei mit Erddruck belasteten Kellerwänden. Bei dem anisotropen Baustoff Mauerwerk wird unterschieden zwischen den Beanspruchungen senkrecht zur Lagerfuge und parallel zur Lagerfuge. In einigen Fällen, z. B. bei Ausfachungsflächen oder bei Verblendschalen, treten meist zweiaxiale Beanspruchungen auf, d. h. eine Kombination der Beanspruchungen senkrecht und parallel.
Die Überschreitung der Biegezugfestigkeit einer Mauerwerkwand führt bei einer Biegebeanspruchung parallel zu den Lagerfugen zur Bildung einer Bruchebene senkrecht zu den Lagerfugen, während aus einer Biegebeanspruchung senkrecht zu den Lagerfugen eine Bruchebene parallel zu den Lagerfugen resultiert. In beiden Fällen können, wie bei der Zugfestigkeit, die Versagensfälle Stein und Fuge unterschieden werden. Die Bestimmung der Biegezugfestigkeit von Mauerwerk kann getrennt nach der Beanspruchungsrichtung sowohl rechnerisch als auch experimentell erfolgen.
Experimentell wird die Biegezugfestigkeit im Vierpunkt-Biegeversuch nach DIN EN 1052-2 [27] ermittelt.
In Bild 6 sind Ergebnisse zu Untersuchungen der Biegezugfestigkeit senkrecht zur Lagerfuge dargestellt, die in [13] ausgewertet wurden. Neuere Erkenntnisse sind in [9] enthalten. Die Bandbreite der Werte in Bild 6 ist je nach Materialkombination verhältnismäßig groß. Die Biegezugfestigkeit senkrecht zu den Lagerfugen fxk1 (mit einer Bruchebene parallel zu den Lagerfugen) darf in tragenden Wänden nach DIN EN 1996-1-1/NA [17] nicht in Rechnung gestellt werden. Lediglich bei Wänden aus Planelementen, die kurzzeitig rechtwinklig zur Wandebene beansprucht werden, darf normgemäß ein Wert fxk1 = 0,2 N/mm2 zugrunde gelegt werden. In Abhängigkeit der gewählten Materialkombination wäre der Ansatz eines höheren Wertes gerechtfertigt, vgl. Bild 6.
Die charakteristische Biegezugfestigkeit parallel zu den Lagerfugen fxk2 (mit einer Bruchebene senkrecht zu den Lagerfugen) wird nach DIN EN 1996-1-1/NA [17] als Kleinstwert aus den Kriterien Fugen- und Steinversagen bestimmt. Die dort angegebenen Berechnungsgleichungen basieren auf den Berechnungsansätzen zur Bestimmung der Zugfestigkeit parallel zu den Lagerfugen gemäß Abschnitt 6.2.3.
Bild 6. Bandbreite der Biegezugfestigkeitswerte senkrecht zur Lagerfuge (aus [13])
Eine genauere Analyse geometrischer Einflussgrößen hat gezeigt, dass neben den mechanischen Eigenschaften und dem Überbindemaß auch die