Julia Meier

Inselromane


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sämtlichen Werken herausbrachte, in die 10 Bände Tragödien, die der Autor zuvor noch im Eigenverlag ediert hatte, integriert waren (Dansk biografisk leksikon 2014–2016, online, Eintrag zu A.F. Høst).

      Dass Oehlenschläger die dänische Fassung seines Inselromans im eigenen Verlag publizierte, entsprach also seiner jahrelangen verlegerischen Praxis, war aber gerade im Zusammenhang mit der Publikation in zwei Sprachen von besonderer Bedeutung: In mehreren Briefen bat er CottaCotta, Johann Friedrich, das versprochene Manuskript des Romans noch behalten zu dürfen; einerseits wollte er es erst von einem deutschen Freund durchsehen lassen, „um so viel wie möglich der etwannigen Danismen zu entfernen“ (BrC vom 28.10.1822), andrerseits aber beabsichtigte er, den Text gleichzeitig dänisch herauszugeben (BrC vom 3.8.1822, 28.10.1822 und 4.4.1823). Er plante sogar, den Roman deutsch, dänisch und englisch erscheinen zu lassen, alle drei Versionen zur gleichen Zeit (BrC vom 28.10.1822). Dank dem Bestehen seines eigenen Verlages hätte der Autor eine solche dreisprachige Publikation bis zu einem gewissen Grad koordinieren können, da er in der Lage war, zumindest das Erscheinen der dänischen Fassung zeitlich weitgehend selber zu bestimmen. Doch der Plan scheiterte: Walter ScottScott, Walter, der versprochen hatte, eine englische Übersetzung des deutschen Textes zu veranlassen und diese mit einem eigenen Vorwort herauszugeben, musste seine Zusage aufgrund erfolgloser Verlagsverhandlungen zurücknehmen, so dass eine englische Ausgabe nicht zustande kam (BrC vom 24.8.1824). Als die dänische Version bereit war, liess Cotta Oehlenschlägers Briefe und Bitten um nunmehr rasche Publikation des Romans längere Zeit unbeantwortet. Schliesslich teilt der Autor Cotta mit: „Das Buch erscheint jetzt im Dänischen auch, freilich habe ich in der Vorrede gesagt, dass ich selbst eine deutsche Ausgabe besorge, und Sie haben es ja auch in mehreren Blättern angekündigt, zu lange dürfen wir aber in keinem Falle mit der Herausgabe zaudern“ (BrC vom 24.5.1825). Es liess sich also auch mit dem Selbstverlag nicht einrichten, die deutsche und die dänische Version gleichzeitig erscheinen zu lassen. Die Publikation von Øen i Sydhavet erfolgte vorzeitig, weil Oehlenschläger auf die Einnahmen angewiesen war; zugleich befürchtete er, dass eine deutsche „Raubübersetzung“ diese schmälern könnte. Er erfuhr jedoch gar nicht, wann Cotta nun das deutsche Manuskript zu publizieren gedachte, und entdeckte erst 1826 in einer Kopenhagener Buchhandlung zufällig die Teile I und II der Inseln im Südmeere (BrC vom 7. Mai 1826.)

      Diese Vorgänge erklären die merkwürdige Tatsache, dass der Roman, obwohl ursprünglich auf Deutsch verfasst, zuerst in dänischer Sprache erschien. Sie führten aber auch zu einer Verstimmung zwischen dem Autor und seinem Verleger, weshalb Oehlenschläger ihm ebenfalls am 7. Mai 1826 zwar mitteilte, er habe drei Theaterstücke gedichtet: „Meine dramatischen Arbeiten haben Sie ja bis jetzt immer noch haben mögen“, sich aber im selben Brief auf eine Trennung von CottaCotta, Johann Friedrich einstellte: „Wollen Sie gar nichts mehr mit mir zu thun haben – das sollte mir (sic) sehr schmerzen. Sagen Sie mir es dann auch gleich mit eingehender Post, damit ich mich zu einem andern Verleger wende […].“ Ein knappes Jahr später bietet Oehlenschläger Cotta jedoch sein Stück „Die Vareger (Nordhelden) in Constantinopel“ an, „das in meinem Vaterlande einstimmig für meine vielleicht beste Tragödie gehalten wird“ (BrC vom 28.4.1827). Cotta dankt für das Angebot und äussert seine Bereitschaft, das Stück herauszubringen, teilt dem Autor aber zugleich mit, dass er das Honorar mit dem hohen Verlust verrechnen müsse, den er durch die „Insel d. Sudmeers“ (sic) erlitten habe (Brief vom 10.7.1827, Breve B/3: 334).10 Möglicherweise führte der unerfreuliche Verlauf der Editionsgeschichte des Romans letztlich zum Ende der Verlagsbeziehung zwischen Cotta und Oehlenschläger;11Cotta, Johann Friedrich jedenfalls gab Oehlenschläger sein Stück nicht bei Cotta, sondern beim Berliner Verleger A.M. Schlesinger heraus und bot Cotta keine weiteren Arbeiten an.

      Allerdings bleibt nachzutragen, dass Oehlenschläger den Kontakt im Jahr 1836 wieder aufnahm, indem er CottasCotta, Johann Friedrich Sohn Johann Georg, der nach dem Tod seines Vaters 1832 den Verlag übernommen hatte, ein Buch mit dem Titel Über die schöne Seele, die echte Humanität in GoethesGoethe, Johann Wolfgang von besten Werken in Aussicht stellte, das er als Verteidigung gegen Wolfgang Menzels Angriffe auf Goethe verfassen wolle (Brief vom 26.7.1836, Breve C/2: 17).12Goethe, Johann Wolfgang von Es war also vermutlich seine lebenslange Goetheverehrung, die Oehlenschläger bewog, sich in dieser Sache nach dem Kontaktabbruch doch wieder an den Cotta’schen Verlag und damit an Goethes Hauptverlag zu wenden. Eine Antwort J.G. CottasCotta, Johann Georg auf das Anerbieten ist allerdings nicht bekannt, und Oehlenschläger schrieb das geplante Buch nicht. Hingegen schlug ihm J.G. CottaCotta, Johann Georg mit Brief vom 2.12.1841 vor, eine von seinem Vater 1817 herausgegebene Gedichtsammlung in schönerer Aufmachung neu zu edieren, denn die Gedichte verkauften sich sehr schlecht, was er, Cotta, einzig der Ausstattung zuschreibe,13Cotta, Johann Friedrich während „Ihre [d.h. Oehlenschlägers] herrlichen, für immer schöne Dichtungen“ eine bessere Verbreitung verdient hätten (Breve C/2: 241). Oehlenschläger willigte sogleich ein, obwohl die Gedichte inzwischen Bestandteil einer von Josef Max verlegten Gesamtausgabe waren – aber der Autor war der Meinung, da das Werk früher dem Cotta’schen Verlag gehört habe, sei gegen eine Neuedition nichts einzuwenden. Er versprach, die Sammlung noch mit neuen Gedichten anzureichern, denn er habe „dänisch gewiss zwölfmal so viel lyrisch gedichtet als diese Sammling (sic) enthält.“ (Brief vom 18.1.1842, Breve C/2: 242). Die Gedichtsammlung erschien 1844. Ob sie sich in der neuen Ausstattung tatsächlich besser verkaufte, liess sich nicht eruieren. Jedoch scheinen diese letzten Kontakte mit dem Cotta’schen Verlag immerhin darauf hinzuweisen, dass eine gewisse, wenn auch vielleicht nur punktuelle Wertschätzung von Oehlenschlägers Arbeiten sogar in Deutschland noch bestand. Ausserdem wird deutlich, dass J.G. CottaCotta, Johann Georg die Bedeutung der Ausstattung seiner Verlagsprodukte für die Vermarktung erkannt hatte und sich um Verbesserungen bemühte, auch im eigenen Interesse, wobei solche Bemühungen natürlich dem Autor und seinem Werk ebenfalls zugutekamen.

      Was die Inseln im Südmeere betrifft, so wurde der Roman, wie erwähnt, trotz der mehrheitlich kritischen Rezeption (vgl. Kap. 1.4) in beiden Sprachen ein zweites Mal herausgegeben, wobei die zweite Auflage als direktes Resultat der negativen zeitgenössischen Kritik zu sehen ist;14 diese brachte Oehlenschläger dazu, seinen Text in beiden Sprachen stark zu kürzen, was er in seiner Autobiographie Levnet, nach der Feststellung, dass sein Roman in Dänemark keinen Anklang gefunden habe, mit folgenden Worten ankündigt:

      Forresten vil jeg gerne tilstaae, at Øen i Sydhavet har den almindelige Romanfeil: den er for vidtløftig. En Trediedeel kunde til Fordeel for Værket være udeladt. Dette vil ogsaa skee engang, hvis den skulde opleve et nyt Oplag. (Levnet II: 206)15

      In Oehlenschlägers Lebens-Erinnerungen von 1850 lautet die Stelle:

      Übrigens will ich gern gestehen, dass die Inseln im Südmeer einen üblichen Fehler von Romandichtungen hatten, das Werk war zu weitläufig. Ein Drittheil hätte zum Vorteil des Werkes fortgelassen werden können. (Meine Lebens-Erinnerungen 4: 18)

      Dabei ist der letzte Satz des dänischen Zitats aus Levnet [deutsch: „Das wird auch einmal geschehen, sollte er (d.h. der Roman) eine neue Auflage erleben“] ersetzt durch die Erklärung: „Dies ist bei den neuen Auflagen sowohl im Dänischen wie im Deutschen geschehen“ (Meine Lebens-Erinnerungen 1850, 4: 18). Die deutsche gekürzte Version erschien 1839 in Adam Oehlenschlägers Werken, zum zweiten Mal gesammelt, vermehrt und verbessert, Bd. 15–18; die dänische 1846 in Oehlenschlägers samlede Værker Bd. 20–21, resp. Oehlenschlägers Digterværker Bd. 11–12; dabei wurden von den 2’500 Exemplaren des Romans 1000 Exemplare als Sonderausgabe mit eigenem Titelblatt gedruckt (Liebenberg 1868, 1: 209–211). Diese Edition wurde 1852 in der Werkausgabe Oehlenschlägers Digterværker og prosaiske Skrifter, Bd. 15–16, mit geringfügigen Änderungen nachgedruckt.

      Für die Natur dieser Kürzungen interessierte sich die Forschung bisher nicht, da auch der Umstand, dass der Roman in verschiedenen Fassungen erschien, kaum je Beachtung fand. Eine Ausnahme bildet Frederik Ludvig Liebenberg, Oehlenschlägers treuester und fleissigster Herausgeber; er referiert die Fassungsgeschichte in seiner 32bändigen Gesamtausgabe Oehlenschlägers Poetiske Skrifter (1857–1862), wobei er auch auf die Tatsache der zweisprachigen Versionen eingeht (Bd.