Johannes Aisch

Bienenbuch für Anfänger


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P Schlussmagen, D Dünndarm, E Enddarm, M Malpighische Gefäße, St Stachel, W Wachsdrüsen

      Wie man auf den ersten Blick sieht, zergliedert sich der Bienenkörper in drei Teile: Kopf, Brust, Hinterleib. Bei genauerer Untersuchung findet man, dass die Brust aus vier, der Hinterleib aus neun Chitinringen gebildet ist. Die Hinterleibsringe sind schuppenförmig ineinander geschachtelt. Der Chitinpanzer ist an den Verbindungsstellen häutig verdünnt. Der Kopf enthält im wesentlichen die Sinnes- und Fresswerkzeuge, die Brust die Bewegungsgliedmaßen, und der Hinterleib die Verdauungs- und Geschlechtsorgane. Das ist ja bei allen Insekten auf dieselbe Weise eingerichtet. Ebenso ist das Herz als ein langgezogener Schlauch dicht unter dem Rückenpanzer hingestreckt und zur Atmung ein Gezweige von vielen feinen Röhrchen (Tracheen) in zwei Hauptsträngen an beiden Seiten entlang gespannt. Die Stränge führen in jedem Leibesring seitlich durch ein feines Löchelchen (Stigma) die Luft unmittelbar dem sie im Körper frei umspülenden Blutsaft zu. Deshalb muss eine Biene ersticken, der im Staub des Fußbodens die Stigmen verstopft sind. Im Hinterleib erweitern sich die Tracheen zu kleinen Luftsäckchen, so dass es eine Biene eine Weile aushält, wenn sie mit Honig ganz besudelt wird. Wird sie bald wieder von den Geschwistern abgeleckt, bleibt sie am Leben. Der Hauptnervenstrang verdickt sich im Kopf zu einem kleinen Gehirn und zieht sich von dort aus an der Bauchseite entlang durch den Körper. Die Biene ist also, wie ein Altmeister bei seinen Imkerkursen spaßig zu sagen pflegt: ein umgekrempeltes Säugetier. Die Knochen hat sie draußen und das Fleisch drinnen, das Rückenmark auf dem Bauch und das Herz auf dem Rücken. Alle Bienen haben drei Punktaugen und zwei große, aus vielen Teilen zusammengesetzte Netzaugen. Mit den Punktaugen sehen sie wahrscheinlich in der Nähe, mit den Netzaugen in die Ferne. Im einzelnen ist der Körper der drei Wesen für seinen besonderen Zweck verschieden eingerichtet.

      Die Drohnen

      haben nur einen Zweck im Bienenstaat: die Königin zu befruchten. Ist dieser Zweck erfüllt, sind sie ja überflüssig und müssen leicht beseitigt werden können. Für irgend eine Arbeit kommen sie nicht in Betracht. Sie haben keine Waffe und keine Mundwerkzeuge zum Beißen. Mit ihrer Zunge können sie allenfalls lecken, aber nie Honig einsammeln. Sie sind somit den sie fütternden Arbeiterinnen auf Gnade und Ungnade ausgeliefert. Einen großen Teil des Hinterleibes nimmt der Geschlechtsapparat ein. Wenn man eine Drohne vorsichtig vom Rücken her seitlich und abwärts zusammendrückt, springt das Geschlechtsglied wie zwei Hörnchen heraus. Die Drohne muss dann sterben — also mit einem barmherzigen Druck wird ihr schnell der Kopf zerpresst. Ist das Tierchen geschlechtsreif gewesen, so platzt das Geschlechtsglied auf und spritzt den Samen, der im Innern sich aufgespeichert hat, heraus. Bei der Vereinigung mit der Königin ergießt sich der ganze Sameninhalt in eine eigens dafür bestimmte Samentasche der Königin. Damit die Drohnen bei ihren Minnefahrten eine etwa hochzeitende Königin gut erkennen können, haben sie außerordentlich große Augen. Die Netzaugen umspannen fast den ganzen Kopf. Oben stoßen sie beinahe zusammen, unten lassen sie nur die Mundteile frei. Die drei Punktaugen sind vorn auf die Stirn gedrängt. Eine fliegende Drohne kann den ganzen Luftraum über und unter sich, vorn und hinten überblicken, so dass ihr nichts entgeht. Die großen Glotzaugen dienen dem Imker als Erkennungszeichen für Drohnen, wenn er in Zweifelsfällen eine verdeckelte Zelle öffnet, um sich von ihrem Inhalt zu überzeugen. Sehen uns aus dem Arbeiterbau die beiden Glotzaugen an, dann haben wir es mit der unangenehmen Buckelbrut zu tun.

      Da die Drohne eine fliegende Königin erhaschen soll, ist sie stark und massig gebaut und hat von allen Bienenwesen die größten Flügel.

      Die Königin

      kommt für die eigentliche Arbeit im Bienenstaat auch nicht in Betracht. Sie muss sich befruchten lassen, Eier legen und dabei als Alleinherrscherin ihren Thron verteidigen. Dazu hat sie einen Stachel, den .sie aber nur gegen ihresgleichen zückt. Sobald zwei Königinnen sich treffen, fallen sie übereinander her; eine muss auf der Wahlstatt bleiben. Gegen andere Wesen gebraucht sie ihre Waffe nicht, das hieße für sie: sich selbst morden. Die Mundwerkzeuge sind schwächlich; sie wird ja von den anderen Bienen gefüttert und saugt nur im Notfalle selbst Honig.

      Ihre Flügel sind stark genug zum Hochzeitsfluge und Schwarmreigen, stehen aber hinter denen der Drohne zurück. Die Netzaugen sind nur seitlich gestellt, die Punktaugen ziemlich weit vorn auf der Stirn. Sie muss ja damit die einzelne Zelle genau auf ihre Sauberkeit untersuchen. Zu diesem Zweck ist auch Kopf und Brust schlank und das Beinwerk kräftig. Muss doch die Dame damit im Laufe des Tages so manchen Knickstütz ausführen. An den breiten schimmernden Beinen erkennt man leicht die Königin, wenn sie im dicksten Bienenknäuel untertaucht. Der wichtigste Teil ist der schlanke Hinterleib. Er trägt die beiden gewaltigen Eierstöcke. Mit dem Wachstum der Eierstöcke vergrößert und verkleinert sich die Ausdehnung des Leibes. Auf der Höhe des Brutgeschäfts, in der Zeit, da täglich gegen 3000 Eier erzeugt werden, schwillt er zu ansehnlicher Länge und Dicke an und schleppt auf der Wabe entlang. Will man in dieser Zeit die Königin greifen, so darf man ja nicht den Hinterleib unsanft treffen.

      ABBILDUNG 3: Eierstöcke der Königin. E Eilieter, S Samentasche

      Die Geschlechtsorgane bestehen, wie schon gesagt, aus zwei Eierstöcken. Sie sind Bündel von schlauchförmigen Gefäßen, in denen sich die Eier bilden. Sind die Eier reif, so gleiten sie durch die Eileiter in die Scheide und schieben sich aus dieser heraus, den letzten Hinterleibsring entlang und bleiben am Boden der Zelle haften. Aus ihrem Wege müssen sie bei der Samentasche vorbei. Das ist eine kleine Blase, dicht an der Stelle, wo die beiden Eileiter sich vereinigt haben. Sie ist durch einen kleinen Kanal mit diesem letzten Stück des Eileiters verbunden und gibt durch ein kleines Pumpwerk aus dem Inhalt der Samentasche ein paar Samentierchen auf das Ei ab; durch eine feine Öffnung an der Spitze dringen sie ein, es so befruchtend. Damit sind wir in das verborgene Allerheiligste des Bienenlebens eingedrungen. Die Wissenschaft und die Beobachtung haben es bis zum heutigen Tage in diesem Punkte noch nicht zu unbestrittenen und allgemein anerkannten klaren Ergebnissen gebracht. Soviel aber steht fest: jede Königin wird außerhalb des Stockes auf dem Hochzeitsflug begattet, und zwar nur einmal, für das ganze Leben ausreichend. Dabei ergießt sich der männliche Samen in die schon genannte Samentasche. Man kann sich davon überzeugen, ob eine getötete Königin befruchtet war oder nicht, indem man die Samentasche untersucht. Sie liegt wie ein Mohnkorn in dem Gewebe unter dem vorletzten Hinterleibsringe Hebt man die Schwanzspitze vom vorletzten Ringe aus mit einer Nähnadel ab, so findet man die Eierblase Sie ist von feinen Gewebefasern umschlossen. Diese entfernt man streichend mit der Nadel und spickt dann die Blase auf. Ist ihr Inhalt wasserhell, so war die Königin unbefruchtet, ist er wie Heringsmilch, so war der männliche Same von der Blase aufgenommen. Als Operationstisch für diese kleine, stets glückende Arbeit dient der Fingernagel des Daumens der linken Hand. Schlitzt man dann weiter den Bienenkörper nach oben hin mit der Nadel auf, so quellen die beiden fettgrauen Eierstöcke hervor; man kann mit bloßem Auge ihren Bau erkennen.

      Nur aus ordentlich befruchteten Eiern einer begatteten Königin gehen weibliche Bienenwesen hervor, aus Eiern einer unbefruchteten Königin Drohnen. Danach ist man berechtigt, den Schluss zu ziehen, dass alle Drohnen aus unbefruchteten Eiern hervorgehen, dass also die Königin teils befruchtete, teils unbefruchtete Eier legt. Ob sie dies willkürlich tut —? ob sie einem äußeren oder inneren zwingenden Einfluss unterliegt —? Der Bienenforscher Dickel behauptet, dass die gesunde Königin nur eine Sorte Eier lege, befruchtete, und dass die Arbeitsbienen das Geschlecht bestimmen, indem sie durch Einspeichelung der Zellen und der Eier die Samentierchen im Ei zum Absterben bringen. Den Beweis dafür ist er schuldig geblieben. Die Wissenschaft hat bisher noch keine Spuren von männlichen Samentierchen in Eiern gefunden, die in Drohnenzellen gelegt waren. Hier liegt also eine Parthenogenesis (jungfräuliche Geburt) vor.

      Die Arbeitsbienen,

      des Bienenstaates eigentlicher und größter Schatz, müssen wir etwas genauer kennen lernen. Ihr ganzer Körper ist auf die Arbeit eingerichtet. Man steht still und staunt die Weisheit an, die in einem so kleinen Wesen eine solche Fülle der verschiedenartigsten und doch auf einen Zweck hin wirkenden Organe ausgestaltet