Johannes Aisch

Bienenbuch für Anfänger


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Biene erkennen kann, und besprechen zuerst die Bewegungsgliedmaßen, dann Augen und Fühler, den Stachel und schließlich den ganzen Ernährungs- und Verdauungsapparat.

      Die Beinchen bestehen aus Chitin, das an den Gelenken dünner und beweglich ist. Durch Drehgelenke sind die Beine am Brustkasten sehr beweglich angehängt. Ihre anderen Gelenke sind meist Scharniergelenke, das erste Paar ist am schwächsten, das letzte am stärksten entwickelt. Sie bestehen aus Oberschenkel, Schiene, Ferse und dem fünfgliederigen Fuß. Jeder Fuß schließt mit Krallen und einem Saugläppchen, das den Bienen es ermöglicht, gerade so wie die Stubenfliegen, an einer Glasplatte in die Höhe zu kriechen. Die Beine haben einen Haarbesatz, der wie eine Bürste gebraucht wird, um den ganzen Körper abzufegen. Besonders der Blütenstaub wird damit zusammengebracht, von einem Bein zum anderen befördert und schließlich an den breiten Schienen des Hinterfußes in dem sogenannten Körbchen angeklebt. Eine Anzahl von quer gestellten Haarreihen sorgen, dass der Blütenstaub haften bleibt. An den Vorderbeinen ist ein mit Borsten ausgekleideter Halbkreis ausgeschnitten. Ihn benutzt die Biene zum Reinigen der Fühler.

      Die Flügel müssen eine gehörige Arbeit leisten. Kann man doch beobachten, dass es eine Biene mit einem Eisenbahnzug aufnimmt. Dazu gehört auch eine tüchtige antreibende Kraft. Der Brustkasten ist durch Chitinbalken in seinem Innern versteift und von starken Muskeln durchzogen. Die feinhäutigen durchsichtigen Flügel bekommen ihren Halt durch Längs- und Queradern. Der Rand des Vorderflügels kippt sich am unteren Rand ein wenig um. In die so entstandene Krempe greifen kleine Häkchen, die der Hinterflügel an seinem Innenrand trägt. Auf diese Weise verbinden sich die Flügel zu einer Fläche, wenn sie ausgebreitet werden. In der Ruhe schieben sie sich übereinander.

      Die Augen sind wie bei der Königin gestellt, die Punktaugen allerdings mehr nach oben, so dass nur eins nach vorn gerichtet ist. Die Netzaugen setzen sich aus vielen einzelnen Augen zusammen. Jedes Punktauge ist ein Auge für sich.

      In den Fühlern dürfen wir mit ziemlicher Sicherheit nicht nur die Tastwerkzeuge, sondern auch den Sitz des Geruchs und des Gehörs suchen. Sie sind mit unendlich feinen Härchen und Grübchen besetzt und die Haupt-Sinnesorgane der Biene. Jedenfalls haben die Bienen in ihren Fühlern auch eine wundervoll sein ausgestattete Wetterwarte, die sich aber nicht täuscht.

      ABBILDUNG 4: Bienenstachel. Str Stechrinn, B Stechborsten, G Giftblase, D Drüsen.

       Der Stachel ist verzwickt zusammengesetzt. Er besteht aus einer spitzen, harten Rinne. In und mit ihr schieben sich beim Stechen, von stark wirkenden Hebeln und Muskeln getrieben, zwei Stechborsten vor. Diese haben zehn starke Widerhaken und sind nicht zurückzuziehen, wenn der Stich ein einigermaßen elastisches Gewebe getroffen hat. In dieWunde ergießt sich durch die Stachelrinne Gift aus einer großen Giftblase Da der Stachel mitsamt der Blase in der Wunde hängen bleibt, so tritt nach und nach immer mehr von. dem Gift in Wirksamkeit. Die Biene muss ja eingehen, aber ihr Leben ist teuer verkauft. Das Gift strömt einen nicht unangenehmen Geruch aus. Man kann ihn auch wahrnehmen, wenn man an ein Volk anklopft, und die Bienen in der Erregung mit starr erhobenem Sterz umherlaufen, wobei feine Tröpfchen Gift auf den Stachelspitzen sichtbar werden. Die Art des Giftes ist chemisch noch nicht genau ergründet. Es ist ein Alkaloid. Seine Wirkung auf die einzelnen Personen und Tiere ist sehr verschieden.

      ABBILDUNG 5: Bienenkopf. MK Mittelkiefer, HK hingerkiefer, VK Vorderkiefer, L Lippe, K Kinn, Ks Kopfschild.

      Der Verdauungsapparat besteht aus Mundwerkzeugen, Magen und Darm. Am Munde ist die Zunge der Hauptteil. Sie ist ein feines Pinselchen, an dessen Spitze ein noch feineres Löffelchen sitzt. Sie hat auf der Oberseite am Grunde eine Rinne, die »Futterrinne«. Auf die Zunge legen sich von oben her ein Paar Mittelkiefer und von unten die Hinterkiefertasten. Dadurch wird die Zunge in eine Röhre eingeschlossen, die die aufgepinselte flüssige Nahrung zum Schlund führt und auch den ausgekröpften Futtersaft in den Rüssel anderer Bienen überfließen lässt. Von oben und vorn her wird der Mund durch die Oberlippe abgedeckt. Rechts und links stehen die zangenartig wirkenden scharfen und starken Vorderkiefer. Dazu kommen von unten das Kinn, mit dem die Zunge verbunden ist, und von oben das Kopfschildchen, an dem die Vorderlippe hängt, und eine ganze Reihe von Tastern und Wülsten, die alle dazu dienen, den Mund zu einem Rüssel zu machen, der die feinsten Spuren von Zuckersäften aus den Blüten aufzunehmen vermag, und gleichzeitig wieder zu einer Zange, die Wachs knetet, und ganz fühlbar zwicken und festhalten kann.

      Der Mund findet seine Fortsetzung in der Speiseröhre Sie leitet die aufgenommene Nahrung durch Kopf und Brust bis in den Hinterleib und erweitert sich hier zur Honigblase Aus dieser gelangt die Nahrung in den links geschwungenen Mitteldarm (Chylusmagen), von dort durch den rechts geschwungenen Dünndarm in die Kotblase und schließlich nach Ausnutzung aller brauchbaren Teile als breiiger Kot zum After hinaus. An der Stelle, wo der Mitteldarm sich plötzlich zum Dünndarm zusammenschnürt, sind ihm die als Nieren dienenden zahlreichen, feinfädigen Malpighischen Gefäße angehängt. In denSchlund und die Speiseröhren hinein münden verschiedene große Drüsen.

      Die Biene vermag in der Honigblase 14 bis 16 Kubikmillimeter Flüssigkeit aufzunehmen oder 0,02 Gramm. An einem Gramm Nektar müssen also 50 bis 70 Bienen tragen. Zu einem Pfund Honig sind deshalb bei bester Tracht etwa 80000 bis 40000 Ausflüge nötig, wenn man die Verringerung der Menge durch Verdauung und Verdunstung berücksichtigt.

      Zwischen Honigblase und Chylusmagen ist ein eigenartig geformter Verschlusskopf eingesetzt. Er reicht mit einer leicht nach unten gebogenen Röhre in den Chylusmagen und mit einer Kugel in die Honigblase. Diese Kugel ist wie mit einem Messer über Kreuz eingeschnitten. An den Rändern der entstandenen 4 Klappen sind Härchen, die sich nach hinten, also dem Chylusmagen entgegen, wie ein Rechen vor einem Wasserrad, dem Strom des Mageninhalts entgegenstellen.

      Will die Biene nun Blütenstaub fressen, so schiebt sich der Verschlusskopf durch die Höhlung der Honigblase hindurch bis an die Speiseröhre und führt den Blütenstaub unmittelbar in den Chylusmagen. Ebenso kann der Inhalt des Chylusmagens, ohne die Honigblase zu berühren, wieder ausgekröpft werden.

      Der Blütenstaub nämlich wird mit Wasser im Chylusmagen der jungen Bienen aufgequollen. Die einzelnen Körnchen platzen auf, die Schalen werden als wertlos abgestoßen, der Inhalt aber formt sich zu Milch, dem sehr nahrhaften stickstoffhaltigen Brutfutter, um. Die Härchen des Verschlusskopfes seihen die leeren Pollenschalen aus, wenn die Milch ausgekröpft wird.

      Nach den Forschungen von Dr. Küstenmacher, der zurzeit an der Königlichen Gärtnerlehranstalt in Dahlem Bienenzucht lehrt, soll sich aus den aufgequollenen Pollen noch als Abfallstoff ein Fett, Balsam, abscheiden. Dieses tritt als leichtester Stoff in die obere Rundung des Chylusmagens und wird in kleinen Tröpfchen ebenfalls ausgekröpft. Das ist die Propolis, jener glänzende, im Sommer lästig klebende Stoff, mit dem die Bienen ihre Wohnungen tapezieren. Alle Teile, mit Ausnahme des Baues, sind damit mehr oder weniger überzogen Auf die Waben selbst wird er erst von den Bienenbeinchen verschleppt. Das Wachs erhält dadurch seine gelbe Farbe.

      Die Bienen vermengen diese ausgekröpfte Propolis mit Blütenstaub, Straßenstaub, Wachs, und allen möglichen kleinen Abfällen, die sie im Stock finden oder zufällig eintragen, und verstopfen mit dem so gewonnenen Stopfwachs alle Fugen und Löcher im Stock, ja, sie tragen daraus dicke Klumpen von manchmal 1 Kubikzentimeter Inhalt zusammen und verengen damit die Fluglöcher für den Winter. Auch Leichen von eingedrungenen Tieren, die sie nicht fortschaffen können, werden damit überzogen.

      Wie entsteht nun aus dem eingesammelten Nektar der Honig?

      Nektar ist schlichtes Zuckerwasser mit Zusatz von Geruchstoffen und einigen anderen Bestandteilen (Säuren, mineralischen Teilen) aus den Säften der Pflanzen — Im Honigmagen wird der Nektar, den die Chemiker als Rohrzucker bezeichnen würden, mit den tierischen Drüsensäften und wahrscheinlich auch mit bestimmten Stoffen aus dem Inhalt des Chylusmagens versetzt und umgewandelt. Der Rohrzucker wird dadurch in ein Gemisch aus Traubenzucker und Fruchtzucker verwandelt. Ein Teil des Wassers wird ausgeschieden, die Geruchstoffe