Ana Catarina Lopes

Wenn die Nacht wach ist


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anschaue.

      >>Worüber willst du dich überhaupt mit mir unterhalten? Immerhin willst du nur unter vier Augen mit mir reden. Jetzt aber erst, was bist du eigentlich? Ich habe immer gedacht, du seist ein Mensch und nun bist du hier?! << Ich schüttle wieder den Kopf. >>Ok, ich weiß, dass auch Menschen hierher gelangen können, aber Simonius hat dich einen Nachtschatten genannt. << Ich starre ihn an, aber ich sehe nichts Ungewöhnliches an ihm. Er sieht genauso aus wie immer, wenn auch seine Kleidung im Moment aus einem altertümlich aussehenden Hemd und Lederhose besteht.

      >>Was glaubst du denn, was ich bin? << Die Frage scheint so harmlos zu sein, während er sich am Kinn reibt und mich dabei aus halb geschlossenen Augen beobachtet.

      >>Was soll ich dir dazu noch sagen? Du kannst meine Gedanken lesen und das können nur Vampire, aber du kannst doch kein Vampir sein! <<

      >>Warum denn nicht? << Das hörte sich überhaupt nicht freundlich an. >>Immerhin habe ich dich auch in eine Vampyr verwandelt. <<

      WAS. HAT. ER. GERADE. GESAGT? Vampyr. Vampyr ist die weibliche Bezeichnung der Gattung Vampire, also eine Frau, die ein Vampir ist. Ich bin was?

      >>Was hast du gesagt? << Er hat das doch nicht wirklich gerade gesagt, oder?

      Er schaut mir dabei bewusst in die Augen und hält meinem Blick stand. >>Mandy, du bist eine Vampyr! << Er macht eine kurze Pause, damit das nächste noch besser wirken kann. >> Du bist meine Vampyr! <<

      Kann man eigentlich auf Knopfdruck ohnmächtig werden? An so etwas denke ich, wenn er plötzlich so eine Bombe platzen lässt… Noch besser: Kann man die Zeit wie in einem Film zurückspulen? Wie in einem Film, nur damit man dann einfach keine idiotischen Fragen stellt, auf die man gar keine Antwort haben will?

      Also mir würde das zurückspulen bis zum Anfang des Lebens reichen?

      Ist jemand dabei?

      

Kapitel 6

      Verständnisse und Missverständnisse

      Mandy

      Vampyr.

      Das Wort hallt in meinem Kopf nach.

      Ich soll bitte schön was sein?! Er muss doch verrückt sein! Du wusstest es doch schon, sagt mir mein böses Unterbewusstsein.

      Es stimmt. Das Gefühl kann ich jetzt nicht mehr abschütteln. Als ich hier aufgewacht war, hatte ich dieses eine Gefühl gehabt, dass an mir etwas anders ist, aber konnte es tatsächlich so fundamental sein? Ich sehe doch nicht anders aus? Das wäre irgendwie gruselig. Ich schaue meine Hände an, als wäre dort irgendeine Antwort für mich.

      >>Nein. Du siehst immer noch so aus wie vorher. Zumindest hier in der Schattenwelt weist dein Aussehen keine Veränderung auf. <<Ich blicke zu ihm auf, hoffentlich mit einem wütenden Ausdruck, denn er macht es schon wieder! Das nervt! Warum alles in der Welt muss er meine Gedanken hören. Ich will mit den Füßen aufstampfen, aber das wäre zu kindisch. Ich … was eigentlich?

      >>Danke. Heißt das aber, dass ich in der realen Welt anders aussehen werde? << Das musste ich dann schon meinen Eltern erklären.

      >>Naja bisher ist so etwas nicht wirklich vorgefallen. << Das ist ja mal eine so klare Antwort. Ich schnaube.

      >>Und was meinst du mit nicht wirklich? << Ich mache dabei Anführungszeichen mit den Händen in die Luft.

      >>Ach Mandy ich weiß doch auch nicht alles. Es gibt Personen, die sich nach der Verwandlung verändern wollen und dies auch können. Soweit ich weiß, passiert es nur durch den eigenen Willen und nicht allein durch die Verwandlung. Daher ist es bisher nicht vorgefallen, dass sich jemand nach der Wandlung in einen Vampir, ohne eigenes Zutun, verändert hat. Die Frage ist eher eine andere. << Er setzt sein Kopf schief und schaut mich wieder einmal mit diesem intensiven Blick an. >>Willst du dich verändern? <<

      >>Nein. Ich bin so wie ich bin zufrieden. << Eigentlich, denn mein Körper passt zu mir. Ich fühle mich gut. Klar gibt es manchmal Momente, wo man etwas ändern wollen würde, speziell wenn gerade mal wieder jemand komische Bemerkungen macht, aber dann erkenne ich wieder, wie gut mein Körper zu mir passt. >>Du weißt aber schon, dass ich nicht vollständig menschlich bin? Es nie war? <<

      >>Dessen bin ich mir bewusst. Ich hatte schon immer dieses komische Kribbeln im Nacken, wann immer du versucht hast, herauszufinden, ob ich die Wahrheit sagte. Das mag eine deiner Gaben sein, aber es ist trotzdem Magie. << Damit lehrt er mich, dass die Magie immer ihre Signatur hat, die für einige mehr oder weniger wahrnehmbar ist.

      >>Warum hast du das gespürt? Ach, weißt du was, es irritiert mich maßlos, dass ich mich nur bruchstückhaft an meine vergangenen Leben erinnern kann. Deshalb kommen diese verdammten Antworten auch zeitversetzt in meinem Kopf an. Du kannst es also spüren, wenn ich meine Magie anwende. << Das ist ja verflixt. >> Lass uns in den Wohnturm hineingehen. << . Ich schüttle innerlich den Kopf. >> Die anderen müssen ja nicht gleich wissen, dass ich jetzt nicht nur eine Hexe, Seherin, und jetzt auch noch dazu eine Vampyr bin. << Das könnte für einige eine Mischung zu viel sein.

      >>Da stimme ich dir vollkommen zu. << Er legt mir eine Hand auf den Rücken und führt mich in den Wohnturm hinein.

      Ich stecke also in dieser verdammten Krise. Ich wusste über Sachen Bescheid, ohne wirklich über die Sachen Bescheid zu wissen. Macht das überhaupt Sinn? Für mich sind es nur Puzzleteile eines Ganzen, wo nur einige fehlen. Es ist eben, wie allgemeines Wissen im Universum, das nur darauf wartet, angezapft zu werden. Wissen das ich über Jahrhunderte erlangt hatte, indem ich einfach nur von einem Körper in den nächsten gesprungen bin. In mehr als ein Leben gelebt habe.

      Ich wusste doch vorher nicht einmal, dass Jay ein Vampir war und jetzt? Jetzt ist mir alles klar. Es ist Ok. Kristallklar, so eindeutig wie nichts anderes. Der Hexenrat verleugnet noch immer die Existenz anderer Wesen, als würden sie sonst einen Abbruch ihrer Macht erleiden. Alles bei den Hexen hatte so keinen Sinn! Wir erklimmen die letzten Stufen im Wohnturm und stehen schließlich innerhalb eines das Zimmers, welches mir schon immer gehört hatte. Es ist ein Zimmer wie man es sich aus alten Zeiten vorstellt.

      Ein großer Raum mit hoher Decke, mittendrin steht ein großes Himmelbett mit Vorhängen in Rosatönen sind das etwa gestrickte Stiefmütterchen in den Vorhängen und auf der Bettwäsche? Weiter links steht ein alter Sekretär aus Kirschholz, auf dem sich einige versiegelte Briefe stapeln. Ein mit Ornamenten geschmückte Schminktisch aus Mahagoni steht kurz daneben. Und die Wände erst, sie sind mit Wandteppichen ausgestattet, auf denen sich irgendeine Geschichte aufgenäht befindet, aber das interessiert mich nicht, denn Jay ist direkt hinter mir stehen geblieben. Klebt förmlich an mir, dass ich seine Körperwärme an meiner Haut spüre. Gänsehaut breitet sich auf meinem Körper aus und mir stockt der Atem.

      >>Wunderschön. <<, haucht Jay an meinem Ohr. Wie ist er nur so nah gekommen? >> Und in all den Jahren hat Simonius keine Veränderung durchgenommen. << Seine Lippen streifen dabei mein Ohr.

      >> Du warst schon mal hier? <<, japse ich.

      >> Du solltest eher fragen, wer in den vergangenen Jahrzehnten sich nicht hierher geschlichen hat. << Ich erstarre. Er deutet nicht gerade das an, was Ich denke.

      >> Ok! << Dabei versuche ich den Kloß in meinem Hals zu umgehen. Wie bitte? Wie viel Stelldicheins gab es hier? Will ich das überhaupt wissen? Nach einer Sekunde muss ich mich vor Grauen schütteln. Es ist ja nicht so, dass Gelegenheiten nicht ausgenutzt wurden, aber ein Zimmer, welches der Seherin gehörte?! Der