Jacques Varicourt

Parcours d`amour


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Neues“, aber es bewährt sich immer wieder. Das sieht man ja an mir. Neu, in dem Sinne, war nur mein Auftreten, meine etwas hanseatische Art und Weise den Dingen auf den Grund zu gehen, denn ich kann ja etwas - schreiben und komponieren. Aber davon einmal ganz ab, ich gebe Ihnen ein paar einleuchtende, aufklärende Beispiele... Man ist zum Beispiel der Sohn eines bekannten britischen Filmproduzenten, der Name spielt dabei kaum eine Rolle. Oder man ist der Millionenerbe aus Amerika, vielleicht der heimliche Herrscher über Bits und Bytes, alles ist denkbar. Jeder glaubt das. Jeder braucht den Glamour, der dann, von einem selbst ausgeht, der andere zwangsläufig mit anstrahlt, damit die Idioten dann an den Abenden, auf den Bällen und Veranstaltungen, gesehen werden. Man überstrahlt natürlich gelegentlich die eigentlichen Stars, weil ein Bankkonto immer noch die größte Macht besitzt. Auch wenn das Bankkonto, in seiner scheinbar, unendlichen Dimension, nur in der Phantasie von irgendwelchen karrieregeilen Hühnern herumspukt. Ich meine Hühner, die ihre Beine dauernd und überall breit machen um Erfolg zu haben. Diese sind ausnahmslos geldgeil, bereits geliftet, zu stark geschminkt und alles andere als schön, wenn sie morgens neben einem aufwachen, und als erstes zu irgendwelchen hochprozentigen Getränken greifen. Und Journalisten, um das auch mal zu sagen, die sich zu wichtig nehmen, vergessen immer häufiger, dass es noch eine Welt jenseits der Partys und der Oberflächlichkeit gibt. Journalisten im Allgemeinen, in ihrem Können betrachtet, ich spreche aus eigener Erfahrung, schreiben gerne - und dabei viel zu viel ab. Dabei verirren sie sich immer öfters im Meer der belanglosen Worte, die nichts bedeuten, wenn sie sich zu sehr mit ihrer Arbeit, ihrer „Wichtigkeit“ identifizieren. Bei dem schwulen Nachwuchs war es das gleiche. Nur dort verschweigt die Mehrheit der Aktiven und der Passiven, was wirklich Sache ist - worum es sich dreht. Denn das Bild in der Öffentlichkeit muss um jeden Preis aufrechterhalten werden. Das hat übrigens rein gar nichts mit Outing zu tun. Die einen leben von ihrem - sich selbst outen, weil es schick und so angesagt ist, die anderen leben dahinter, und verdienen genauso gut, vielleicht sogar noch besser. Wenn man diese Zusammenhänge erkennt, sie versteht, sich mit ihnen auseinandersetzt, sich mit einfügt, mitheult, aber dennoch für sich, sexuell gesehen, von den Schwanzlutschern in Ruhe gelassen wird, dann macht Erfolg Spaß. Denn man tut ja nur so, als ob man dazu gehören würde. Auch das wieder, im rein sexuellen Sinne. Doch es geht noch ein Stück weiter... Denn, wenn man aus Gründen der Perfektion im Team auftritt, nach Absprache, dann ist die eigentliche Illusion, in der Tat perfekt gelungen. Und natürlich lässt man, wenn man gefragt und angesagt ist, alle Türen für jeden offen, für jeden der wichtig ist, der Verträge entstehen lassen kann, oder Ähnliches, was einem ein dauerhaftes Einkommen sichert. Bekannt, also richtig bekannt, wenn man es will, wird man erst, wenn man felsenfest behauptet, dass man „der“ oder „derjenige“ ohne den geringsten Zweifel ist. Verstanden??? - Also... abgerundet, vollendet wird die Sache, die Aktion, wenn eine gekaufte oder ausgeliehene, vertrauenswürdige Person, die eigenen Behauptungen ohne Einschränkungen bestätigt. Erst dann erinnern sich die Leute plötzlich wieder und sagen: „Ach ja, da war doch mal irgendetwas, Sie kommen mir so bekannt vor.“ Und das, obwohl es nichts zu erinnern gibt. Denn mich gibt es ja eigentlich nicht, ich bin eine Erfindung von mir selbst, zumindest gewesen, wie ich bereits erwähnte. Deshalb ist es so ungeheuer wichtig, dass die Realität sich mit Ähnlichkeiten, mit tatsächlichen Begebenheiten vermischen muss, denn dann kann man sich seines Erfolges auf Dauer sicher sein. Ich bin kein Hochstapler, will es auch nicht unbedingt sein, ich bin nur ein erfolgloser Komponist und Kurzgeschichtenschreiber gewesen der an sich glaubte. Aber mir fehlten die lohnenden, die alles entscheidenden Verbindungen. Und diese ganz bestimmten Verbindungen, enden oder beginnen, meistens im Bett eines Gönners, beziehungsweise einer Gönnerin – und das im schlimmsten Fall. Man reißt sich nicht um einen Bums... Leider, egal wie es auch kommt, oder in meinem Fall kam, ich hatte immer nur ältere Frauen am Hals, die mich für sich haben wollten. Natürlich kamen auch Männer direkt auf mich zu, übrigens alles bekannte Gesichter aus Film, Funk und Fernsehen. Doch ich ließ einen nach dem anderen höflich, aber unmissverständlich, abblitzen. Der finanzielle Erfolg stand im Vordergrund, darum habe ich nur so getan als „ob“ ich von beiden Seiten befahrbar wäre. Ich habe die Leute bewusst gegeneinander ausgespielt, ohne dass sie es merkten, und habe mich dann, wenn es zum Äußersten ging, durch einen anderen ersetzt, ersetzen lassen, gekauft - Callboys (als Stichwort) sind damit gemeint. So bin ich zwar weit gekommen, ohne den Arsch hinhalten zu müssen, aber ich lebe natürlich mit einem Makel. Doch da die gesamte Unterhaltungsbranche ein schwul/lesbisches, ständiges Happening ist, in der sich jeder austoben kann, soviel er will, wenn er/sie es geschafft hat, so werde auch ich bald in Vergessenheit geraten. Das ist meine Meinung.“ „In Vergessenheit?“ Sagte Teufel lachend. „So schnell kommen Sie,... äh du... mir nicht davon,“ fügte er voller Hohn, und etwas sehr autoritär hinzu. „Ich habe dich ertappt, weil „du“ zu dick aufgetragen hast, vergessen Sie das nicht, mein lieber Jürgen? Diese unselige Party, bei unserem aller Radiosender, ich meine bei der damaligen Geburtstagsfeier. Sie, äh, ich meine... du verstehst?“ - Ja, ich verstand diesen Schwachkopf von Bert Teufel! Ich verstand, dass ich Bert Teufel die Wahrheit sagen musste. Es gab für mich kein Schlupfloch, keine Verbalflucht in eine andere Richtung des Zeitgeschehens, das ich einst, in betrügerischer Absicht, mitbestimmt hatte. Darum begann ich weiterhin in der Vergangenheit meiner eigenen Geschichte herumzuwühlen und nach nennenswerten, interessanten Ereignissen zu forschen, um Teufel, sowie dessen Laptop, bei Laune zu halten. Auch wenn er mich jetzt ab und zu Mal siezte. Bert Teufel war so ein bisschen in Rage geraten, seine anfängliche Freundlichkeit hatte sich in rein journalistische Arbeit umgewandelt. Doch das hatte auch etwas Gutes für sich, denn er bezweifelte nicht mehr meine kleinen Erlebnisse in der Showbranche. Teufel glaubte mir, er hasste mich allerdings in einem gesunden Mindestmaß, denn ich wusste zu viele pikante Einzelheiten, auch über ihn, doch dazu später mehr. Ich wollte den Spieß nämlich nicht sofort umdrehen, sondern erst einmal abwarten, was Teufel gegen mich unternehmen könnte, sollte er zu sehr in „meiner“ ehemaligen Arbeitsweise, sowie in „meiner“ Vergangenheit herumstochern. So kamen wir mit einmal, völlig unspektakulär, aufs Essen zu sprechen. Vielleicht lag es an seinem Lebensgefährten Stephan, der immer noch mit Schampus, Kaviar und Baguette auf sich warten ließ. Der Einkauf hatte sich widererwartender Weise erheblich ausgedehnt. Mein Magen knurrte. Ich schlug daraufhin vor eine Pizza zu bestellen, doch Teufel wehrte ab, er wollte noch ein bisschen auf Stephan warten. „Der kommt schon,“ sagte er etwas verärgert und offensichtlich ebenfalls hungrig - von allzu vielen eisgekühlten Wodkas mit O-Saft. Kaum hatte ich den Gedanken an eine heiße Hähnchenbrustfilet-Pizza verworfen, da klingelte Teufel sein Handy. Es war Stephan. Er kündigte sein Kommen auf etwas später an, weil er noch ein wenig „shoppen“ wollte. „Geld genug hat er dabei,“ ließ Teufel „mich“ wissen, obwohl es „mich“ nicht im Geringsten interessierte wie viel Geld sein Freund dabei hatte. „Was soll diese blöde Angeberei?“ Fragte ich mich, - „Puuhh.“ Doch wir kamen relativ schnell wieder zurück aufs Essen zu sprechen, obwohl mein Magen nach wie vor knurrte... ein anderes Thema wäre mir durchaus lieber gewesen, denn wer schon einmal Hunger hatte, der weiß wie es ist, ausgerechnet dann, wenn man fast am Verhungern ist, vom Essen zu sprechen. Der Gedanke an eine heiße Pizza ließ mich trotzdem nicht mehr los. Teufel stellte daraufhin, weil er meinen Heiß-Hunger offensichtlich bemerkt hatte, eine Tüte Chips auf den Tisch. Kaum dass er die Tüte abgesetzt hatte, riss ich die Tüte betont langsam und sehr lässig auf, und bediente mich äußerst großzügig, um nicht zu sagen - unverschämt, an den Paprika-Chips. Mein Appetit war nicht zu bremsen. Immer wieder griff ich in die prall gefüllte Tüte Chips hinein. Aus Eigennutz ließ ich die Öffnung der Tüte permanent in meine Richtung zeigen, um so besser, und vor allem reichhaltiger, hineingreifen zu können. Als Teufel meine Gier auf Chips zur Kenntnis nahm, und ich ihm, nach einer Weile, als vorerst gesättigt erschien, setzte er das Gespräch mit einem erstaunten Gesicht, wahrscheinlich aufgrund meines Essverhaltens, in gewohnter Weise fort. „Sie waren doch mal vor gar nicht allzu langer Zeit, in „DER“ deutschen Kochsendung,“ stellte Bert Teufel einerseits fragend, andererseits natürlich längst wissend fest. Die Anspielung, auf meine momentane Fresslust, in Bezug auf die zur Neige gehenden Chips, war mir natürlich nicht entgangen. Ich kaute also erst einmal kräftig weiter, und bat um einen Augenblick des Verschnaufens. Teufel redete einfach weiter. „Jedenfalls habe ich Sie mit Herrn... ich meine mit... unserem... ähhm... Weinfachmann und bekennenden Männerfreund dort gesehen. Erzähl doch mal, was da so hinter den Kulissen ablief. Von der Einladung in die Sendung, bis zum eigentlichen