Eike Horn

Der Männerclub


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im Auto auf mich zu warten. Die Scheiben seines Wagens waren von innen komplett beschlagen, also sah Charly mich nicht kommen. Schreckhaft zuckte er zusammen, als ich die Beifahrertür öffnete. „Darf ich mich zu dir setzen?“

      „Man Dennis, kannst du nicht klopfen!“, rief er empört. „Hab mich zu Tode erschreckt.“

      „Dafür bist du noch echt lebendig.“

      „Quatsch nicht. Das bin nicht ich. Ist nur ein Geist von mir.“ Er kicherte und winkte mich rein. „Jetzt erzähl mal.“

      Ich fasste mein Gespräch mit Frau Meyer in kurzen Sätzen zusammen. Das ich ihr Vertrauen missbrauchte, störte mich nicht. Die Dinge, die sie mir erzählt hatte, empfand ich nicht als vertrauenswürdig genug, um sie nicht mit Charly zu teilen. Ihr Lob an uns, hob ich mir für den Schluss auf. Charly entwich ein anerkennender Pfiff, allerdings ärgerte ihn die Sache mit Benno genau so wie mich.

      „Denkst du er wird da unten glücklich?“, fragte er abwesend.

      „Wenn er sich nicht allzu dumm anstellt, denke ich schon.“ Mehr hatte ich was das Thema betraf nicht zusagen. Von Charly kam dazu nur ein undefiniertes brummen. Eine Zeitlang schwiegen wir und hörten dem Regen zu, wie er auf das Auto prasselte.

      „Er ist ein taffer Junge“, unterbrach Charly das Stakkato des Regens. „Der macht das schon. Vielleicht ist er den Anderen auch schon voraus? Bei den Kinkerlitzienprogrammen die benutzt werden.“

      „Damit könntest du sogar richtig liegen“, stimmte ich zu. „Bist du eigentlich fertig mit deiner Arbeit?“, wollte ich als nächstes wissen, was Charly veranlasste herzhaft zu lachen.

      „Du noch nicht?“, fragte er, nachdem er sich gefangen hatte.

      „Heute fertig geworden“, sagte ich stolz. „Morgen muss ich dafür die neuen PCs einrichten.“

      Plötzlich wurde Charly ernst. „Die Schlange will dir garantiert eins auswischen, weil du einfach in ihr Büro gekommen bist. Du tust mir leid.“ Ich zog den vorbereitete Stick aus meiner Tasche und grinste.

      „Das mein Lieber, ist der Schlüssel zum Erfolg.“

      „Das ist nur ein USB-Stick!“ Ich guckte Charly böse an und er begriff, was es mit dem Stick auf sich hatte. „Da wird der Drachen aber Augen machen, wenn du morgen so schnell fertig bist.“

      „Charly sie ist nicht dumm. Sie wird damit rechnen.“ Ein erneutes Brummen von Charly beendete auch dieses Thema.

      „Was wirst du morgen machen?“ Interessiert wartete ich auf eine Antwort, doch Charly ließ sich viel Zeit mit seiner Antwort. Ich befürchtete das Schlimmste.

      „Ich habe heute eine E-Mail bekommen“, fing er endlich an. „Sie war vom Eisig. Ab morgen soll ich den Support für alle Sicherheitslösungen übernehmen. Axel hat wohl keine Lust mehr auf den ganzen Kram.“

      „Oder genug Geld eingesackt“, schlug ich vor. Als ich auf die Uhr schaute, erschrak ich fast „Ich muss los Charly“, sagte ich gehetzt. „Werde noch einkaufen für das Wochenende. Zoé hat mir ein paar Dinge aufgeschrieben, die sie gerne Essen würde.“ Ich öffnete die Tür und trat in den Regen. „Lass dich nicht unterkriegen.“

      „Kennst mich doch. So schnell wirft mich nichts aus der Bahn. Bis morgen Dennis.“ Mit Schwung schloss ich die Wagentür und als ich bei meinem Auto war, hatte Charly den Parkplatz längst verlassen.

      Es regnete noch immer, als ich mein Auto auf dem Parkplatz des Supermarktes abschloss. Ich hatte kurz überlegt, ob ich nach Hause fahren sollte, entschied mich aber dagegen und fuhr statt dessen direkt zum Discounter. Das Auto parkte ich neben einem riesigen SUV, der sogar größer war, als der von Charly.

      Bei solch einem Mistwetter hatten die wenigsten Leute Lust auf einkaufen. Mein Glück, denn so war nicht nur der Parkplatz recht leer, sondern auch der Supermarkt.

      Ich kramte den Einkaufszettel aus meiner Jackentasche und lief die Regale ab. Im Einkaufswagen landeten neben Nudeln auch viel frisches Gemüse und Fisch. Zoé hatte sich auch einen saftigen Schokoladenkuchen gewünscht. Ich brauchte Backpapier.

      Ich hatte es gerade in meinen Wagen gelegt und wollte weiter gehen, doch plötzlich erregte eine tiefe Männerstimme meine Aufmerksamkeit.

      „Wie oft habe ich dir gesagt, keine Aluminiumfolie!“, schimpfte diese.

      „Aber ich wollte Folienkartoffeln machen“, entgegnete eine zarte Frauenstimme.

      „Willst du uns vergiften?“, fragte die Männerstimme empört. „Ach wahrscheinlich hast du es schon wieder vergessen. Aluminiumfolie erhöht das Risiko an Alzheimer zu erkranken enorm und jetzt willst du darin noch Kartoffeln backen. Danach können wir uns gleich in ein Pflegeheim einliefern lassen.“

      Den Kerl musste ich mir ansehen. Etwas Abgedrehteres hatte ich noch nie gehört. Also ging ich zurück von wo die Stimmen herkamen und sah einen riesigen, nicht ganz schlanken (okay er war sehr dick, aber man ist ja freundlich) Mann mit strähnigen Haaren. Seine Frau oder Freundin war dagegen sehr zierlich und klein. Eingeschüchtert legte sie die Alufolie zurück in das Regal, doch der Kerl war mit seiner Frau noch nicht fertig. „Besser so. Ich finde es schon furchtbar genug hier einkaufen zu müssen. Es gibt viel zu wenig, was unseren Ansprüchen genügt. Morgen suchst du einen Bioladen ist das klar!“ Die Frau nickte ängstlich und das Pärchen ging weiter. Ich griff mir die Aluminiumfolie und eilte den beiden hinterher, die vor den ungezählten Kaffeesorten stehen blieben. Der Kerl griff zielsicher zu einer Biosorte und befühlte die Verpackung.

      „Hier Laetitia, schau mal. Nicht mal bei Kaffee schrecken die vor diesem Teufelszeugs zurück. Die Menschen werden überall vergiftet und merken es nicht mal.“ Mit Abscheu stellte er den Kaffee zurück. Gemütlich ging ich an den Beiden vorbei.

      „Man was freue ich mich schon auf meine Folienkartoffeln“, sagte ich etwas lauter zu mir. Manchmal muss man eben frech und gehässig sein. Ich konnte die Blicke des Riesen in meinem Rücken spüren.

      An der Kasse waren der dicke Kerl und seine Freundin hinter mir. Ich hörte wie er flüsterte: „Siehst du mein Schatz. Dieser dumme Mensch wird vor uns sterben, weil er seine Gesundheit so missachtet. Und er wird es nicht mal wissen.“

      Ich überlegte kurz, ob ich etwas sagen sollte, denn immerhin hatte ich den Stein durch meine Bemerkung ins Rollen gebracht, verkniff es mir aber. Die Woche war bis jetzt anstrengend genug und ich hatte meinen kleinen Spaß. Jetzt auch noch mit jemanden zu diskutieren, der wegen seines Übergewichts, vor mir das Zeitliche segnen würde, würde mir die restlich Nerven rauben.

      So bezahlte ich meinen Einkauf und ging nichts Ahnend zu meinem Auto. Ich war gerade dabei meine Einkäufe in den Kofferraum zu stellen, da kamen die Besitzers des SUVs zurück. Es waren der Riese und die Zierliche. Nun fiel ich vom Glauben ab. Wie konnte dieser Kerl über Aluminiumfolie herziehen und dann solch eine Abgasschleuder fahren. Ich setzte schon zu einer Frage an, als er die Fahrertür zu schlug und davon rauschte. Wie konnten die denn vor mir fertig sein? Kopfschüttelnd stieg ich ins Auto. Es sollte nicht die letzte Begegnung mit dem Riesen werden.

      6.

      Manchmal war ich wirklich froh eine Freisprechanlagen im Auto zu haben. So konnte ich Charly oder auch meine Tochter anrufen, wenn es mir wichtig erschien und genauso konnten sie mich auch anrufen ohne dass ich mich strafbar machte. Aber manchmal verfluchte ich sie auch. Das hatte nichts mit der Freisprechanlagen an sich zu tun, sondern mit den Leuten, die wussten, dass ich sie hatte. Zu diesen Personen gehörte auch Elisabeth.

      Ich fuhr gerade auf der Autobahn, die erfreulicherweise nicht zu voll war und ging in Gedanken die Tagesplanung durch. Nicht einmal das Klingel riss mich aus meinen Gedanken. Den Anruf nahm ich automatisch an, ohne auf die Nummer zu schauen, die mich anrief.

      „Hussmann“, sprach ich in die Luft.

      „Hier leider auch“, ertönte es aus dem Lautsprecher und ich war mit einem Mal wieder voll da.

      „Elisabeth