Hugo von Velocia

Ein Lindwurm unter Wölfen


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Noch immer blieb der Lindwurm sehr freundlich. Mit diesen unerfahrenen Wölfen könnte er sich bestimmt prächtig amüsieren, dachte er sich.

      „Lindwurm... noch nie gehört. Aber die Hitze macht uns nichts aus und das mit dem Fell ist nur Gewöhnungssache“, erklärte Velyne und stupste noch immer vergnügt seinen Bruder. „Bis dann Lindwurm, wir haben keine Zeit zu vergeuden“, fügte sein großer Bruder noch hinzu.

      „Wenn ihr mir sagt, wo ihr hinwollt, kann ich euch vielleicht den Weg beschreiben. Ich kenne mich hier aus und ich kenne da so einige Abkürzungen. Da könntet ihr viel Zeit sparen“, sagte der Lindwurm lächelnd und überlegte sich, ob es hier in der Nähe vielleicht noch mehr Wölfe gab. Wenn er den Wölfen folgte, könnte er vielleicht ein ganzes Rudel erbeuten. Das wäre mal eine besonders reichliche Mahlzeit für einen Lindwurm. Zwei Wölfe waren zwar gut. Aber ein ganzes Rudel wäre viel besser.

      „Nein danke, wir wissen genau wo wir hin wollen. Es ist zwar noch ein weites Stück, aber unser Instinkt weiß wo wir lang gehen müssen“, sagte Velyne und wandte sich wieder vom Lindwurm ab. „Komm Bruder, lass uns weitergehen, ich will unbedingt hin.“

      Der Lindwurm dachte kurz nach. Die zwei waren mit Sicherheit auf den Weg zu irgendeinem Wolfsrudel. Und sie waren nicht besonders erfahren und würden ihn wahrscheinlich direkt zu noch mehr Wölfen führen. Wenn er sie jetzt gehen ließ, musste er ihnen nur folgen und hatte dann vielleicht noch viel mehr zu essen. Doch den Wölfen einfach hinterher kriechen wollte er nicht, daher fragte er scheinheilig: „Könnte ich euch nicht ein Stück begleiten? Hier leben nämlich viele gefährliche... Tiere. Und in meiner Nähe kommt euch sicher keines davon zu nahe.“

      „Nein wir kommen gut allein zurecht. Sehen wir wirklich so schwach aus, dass du glaubst, uns beschützen zu müssen?", schnauzte White Fang.

      „Komm Bruder, er meint es nicht böse, sei doch nicht so“, fügte Velyne hinzu.

      „Wir sind Wölfe. Wir brauchen keine Begleitung von... Lindwürmern. Was auch immer das für Wesen sein mögen“, sagte White Fang etwas hochnäsig.

      „Also da wo wir hingehen brauchen wir keinen fremden Schutz, aber trotzdem danke“, besserte Velyne seinen Bruder noch mal aus.

      „Nein, für Wölfe seht ihr recht stark aus. Ich dachte nur, ihr könntet vielleicht einen starken Lindwurm in eurer Nähe gebrauchen. Hier leben nämlich Drachen und die könnten euch schon gefährlich werden.“

      „Nicht nötig. Wir können gut auf uns aufpassen“, meinte White Fang.

      Da die Wölfe sich offenbar nicht begleiten lassen wollten, blieb dem Lindwurm wohl nichts anderes übrig, als ihnen heimlich zu folgen.

      „Na ja, ich habe euch jedenfalls gewarnt. Eine gute Reise wünsche ich euch noch“, sagte der Lindwurm so freundlich wie er konnte.

      „Danke“, antworteten beide Wölfe gleichzeitig. Sie machten sich wieder auf den Weg, vorbei am Lindwurm und weiter Richtung Horizont. „White Fang, Wie lange glaubst du, dass wir noch brauchen?“

      „Wahrscheinlich gut drei Tage. Wir haben noch ein ordentliches Stück vor uns.“

      „Hm, na gut Dann gehen wir besser schnell weiter. Und sei nicht so lahm!“, sagte Velyne und stupst seinen Bruder wieder kichernd an.

      „DREI TAGE?“, dachte sich der Lindwurm ärgerlich. Er hatte nicht die geringste Lust, so lange hinter zwei Wölfen her zu schleichen. Vielleicht wäre es ja sogar besser, wenn er sich die beiden gleich schnappen würde und sich danach alleine auf die Suche nach dem Rudel machte. Drei Tage, dachte er. Für einen Lindwurm wäre das eine endlose Strecke. „Wollt ihr nicht vielleicht lieber erst mal eine kurze Pause machen?“, rief der Lindwurm den Wölfen hinterher.

      „Nein, es ist ziemlich wichtig, dass wir so früh wie möglich ankommen. Für Pausen ist es noch zu früh“, antwortete Velyne. White Fang grummelte nur vor sich hin.

      „Velyne, lass ihn und komm endlich.“

      „Aber... na gut, wie ihr wollt“, grummelte der Lindwurm. Es blieb ihm wohl nichts anderes übrig, als sich etwas auszudenken. Er würde keinesfalls drei Tage lang hinter den Wölfen herschleichen. Doch einen Moment musste er sich noch gedulden. So einfach konnte er nicht zwei Wölfe auf einmal schnappen. Einer wäre ja kein Problem, doch der Zweite würde ihm dann sicher entkommen. Er musste auf eine günstigere Gelegenheit warten.

      „Puh, ganz schön anhänglich, dieser Lindwurm“, meinte White Fang grinsend.

      „Ja, irgendwie ist er schon nervig und neugierig. Hab mich gewundert, dass er uns nicht genauer gefragt hat wohin wir wollen“, sagte Velyne.

      „Das geht ihn auch nichts an.“ Die Beiden setzten nun ihren Weg fort. Es lag noch ein weiter Weg vor ihnen.

      Der Lindwurm schlich den beiden Wölfen hinterher. Dabei brauchte er sich keine Sorgen zu machen, entdeckt zu werden, denn die Wölfe schienen nicht damit zu rechnen, verfolgt zu werden. „Ja, geht nur, ihr kleinen Leckerbissen. Zu schade, dass ihr nie euer Ziel erreichen werdet“, murmelte er leise und grinste fies. Es war ziemlich lange her, seit er zum Letzten Mal einen Wolf gefressen hatte und die beiden würden ihm gewiss nicht entkommen.

      „Es scheint langsam Abend zu werden", jammerte Velyne einige Zeit später.

      „Das macht nichts, wir werden trotzdem weitergehen und außerdem sind wir Wölfe. Wir schlafen nicht, nur weil es dunkel wird“, knurrte White Fang. Velyne kicherte und sprang White Fang wieder an.

      „Komm, Bruder, lass uns ein wenig laufen ich bin gerade etwas hyperaktiv.“

      „Hm... Na gut. Dann kommen wir wenigstens schneller voran“, meinte White Fang.

      Der Lindwurm grummelte ein wenig vor sich hin, als er sah, dass die zwei Wölfe jetzt auch noch so schnell liefen. „Das hat mir grade noch gefehlt. Ich bin doch nicht der Schnellste.“ Doch dann dachte sich der Lindwurm, dass es ihm nur Recht sein konnte, wenn die Wölfe ein wenig rannten. Dann wurden sie vielleicht endlich mal müde und der Lindwurm hatte dann seine Chance. Er durfte jetzt nur nicht zu viel Zeit verlieren und musste versuchen, dran zu bleiben.

      „Ich glaube das reicht, Velyne. Wir haben uns eine kleine Pause verdient.“

      „Ja, finde ich auch. Irgendwie gefällt es mir hier“, antwortete Velyne.

      „Ja, ist nicht übel... Still... hast du das gehört, Velyne?“

      „Ja ein Ästeknacken“, sagte Velyne „Wir sollten wachsam bleiben. Wir wissen nicht, was sich außer uns hier noch rumtreibt.“

      In seiner Eile hatte der Lindwurm dieses Geräusch verursacht. Doch er hoffte, dass die Wölfe nicht gleich bemerkt hatten, was die Ursache war. Jetzt sah es so aus, als ob sie endlich eine Pause machten. Auch der Lindwurm brauchte dringend ein wenig Erholung und musste erst mal wieder zu Atem kommen. Danach schlich er sich ganz leise und vorsichtig näher an die beiden Wölfe heran.

      „Jetzt haben wir ein wenig Zeit zum Reden, kleiner Bruder. Was hältst du eigentlich vom Kämpfen und bitte sei ehrlich.“

      „Na ja... um ehrlich zu sein, ich hasse kämpfen, ich würde mich eher ergeben“, antwortete Velyne zurückhaltend.

      „Nachdem ich dich trainiert habe wird sich das ändern, glaub mir. Aber inzwischen passe ich auf dich auf“, sagte White Fang lächelnd.

      Interessant, dachte sich der Lindwurm grinsend. Mit denen würde er sicher leichtes Spiel haben, glaubte er. Doch er wollte nichts überstürzen und belauschte die Wölfe noch etwas weiter. Vielleicht konnte er ja ein paar nützliche Dinge von ihnen erfahren. Zumindest waren die Wölfe dumm genug, laut miteinander zu sprechen, so dass man sie deutlich hören konnte. Dennoch wäre es dem Lindwurm lieber gewesen, wenn sie nicht ständig beieinander wären. Vielleicht konnte er sie ja irgendwie trennen und sich dann jeden einzeln vorknöpfen.

      „Und wie ist es bei dir White? Warum kämpfst du eigentlich?“, fragte Velyne.

      „Man kämpft, um sich einen guten Platz