Hugo von Velocia

Ein Lindwurm unter Wölfen


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ja auch irgendwie betäuben, bevor er sie verschlang. Doch bevor sich der Lindwurm darüber Gedanken machen wollte, musste er erst einmal wissen, wo sich die Drachen befanden.

      Slykur war ziemlich enttäuscht von sich selbst und seiner jetzigen Handlungsweise. „Und wenn wir angekommen sind, werde ich mich vor dem Lager verstecken. Ich will nicht, dass sie wissen das ich Schuld daran habe, dass sie als dein Futter enden. Nur dass du Bescheid weißt.“ Slykur ging immer weiter in die Richtung des Lagers. Das wird mich länger beschäftigen. Mitdrachen zu opfern um selbst zu überleben... grauenhaft, dachte er sich und er fühlte sich ziemlich elend.

      „Kommt nicht in Frage. Du bleibst immer schön in der Nähe. Es braucht dich nicht zu kümmern, dass die kleinen erfahren, dass du sie verraten hast. Sie werden es ja niemanden mehr weitererzählen können", erwiderte der Lindwurm lachend und kroch erwartungsvoll hinter Slykur her.

      „Aber...“ Slykur begann leicht zu stottern. „Das kann ich nicht. Ich kann es nicht ertragen, ihre Angst und Enttäuschung zu sehen. Sobald die Drachen für dich sichtbar sind, kannst du doch alleine weitermachen, oder?“ Nachdenklich starrte der Drache wieder auf den Boden, während er noch immer langsam weiter ging.

      „Na gut. Du kannst meinetwegen in Deckung bleiben, damit sie dich nicht sehen können. Aber ich möchte nicht, dass du davonläufst, bevor ich mit denen fertig bin. Hinterher werde ich dann entscheiden, ob du gehen darfst, oder nicht.“ Noch immer folgte der Lindwurm dem Drachen. Und er hoffte, dass er bald am Ziel sein würde.

      „Du lässt mich gehen! Umsonst opfere ich die Kleinen nicht. Ich mach das obwohl ich mich mit ihnen gut verstehe. Und die Kleinen haben keinem was getan!“ Slykur konnte sein Temperament nicht länger komplett zurückhalten, da der Lindwurm ziemlich kaltherzig agierte. „Wir sind bald da", grummelte der Gründrache.

      „Hm sag mal, wie viele kleine Drachen sind es denn?“, fragte der Lindwurm und freute sich schon auf die leckeren Jungdrachen. „Wenn genug Drachen da sind, dann darfst du natürlich gehen. Dann würde ich dir sogar dankbar sein, weil du mir eine so leckere Beute beschafft hast", sagte der Lindwurm grinsend. Er war sich jedoch ziemlich sicher, dass er den Drachen trotzdem wiederfinden könnte. Er hatte zwar die Absicht, ihn gehen zu lassen, doch vielleicht konnte er ja trotzdem seinen Spuren folgen. Um zumindest in seiner Nähe zu sein, falls er doch wieder Hunger bekommen sollte. Er musste nur aufpassen, dass Slykur ihn dabei nicht erwischte. Doch das sollte möglich sein, dachte sich der Lindwurm.

      „Als ich gegangen bin waren in dem Lager fünf Drachen. Alle so um die zwei Meter groß. Das müsste doch wohl ein ausreichender Ersatz für mich sein“, antwortete Slykur nervös. Eigentlich befanden sich sogar sechs Drachen im Lager, doch Slykur wollte nur opfern was nötig war, deshalb erzählte er dem Lindwurm erst mal nichts davon.

      „Fünf Drachen? Ja das wird auf jeden Fall reichen. Zwei von dieser Größe wären schon genug gewesen. Aber das macht nichts. Die anderen schnappe ich mir einfach später", murmelte der Lindwurm und begann schon jetzt etwas zu sabbern. Doch fünf Drachen bedeuteten auch Gefahr. Denn die meisten Drachennester wurden auch von erwachsenen Drachen bewacht. Der Lindwurm beschloss, vorsichtig zu sein. Vielleicht hatte Slykur auch nur die Absicht, ihn in eine Falle zu locken. Gegen mehrere angreifende Drachen, hatte auch ein Lindwurm keine Chance. Ich muss vorsichtig sein, dachte sich der Lindwurm. Nach ein paar Minuten fragte er ungeduldig: „Sind wir jetzt bald da?“

      „Ein wenig Geduld noch. Du warst doch auch nicht so ungeduldig, als du mir andauernd aufgelauert hast", antwortete der Drache frech. „Die werden dir kaum weglaufen. Und es kann nicht mehr lange dauern bis wir dort sind.“ Slykur konnte den Gedanken, ein elendiger Verräter zu sein, nicht mehr loswerden.

      „Na gut, aber wenn du versuchst, mich an der Nase herumzuführen, dann kannst du dich auf was gefasst machen“ knurrte der Lindwurm. Eine Stunde gebe ich ihm noch. Wenn wir bis dahin nicht dort sind muss ich eben ihn fressen, dachte er sich und schaute sich immer aufmerksam um, ob vielleicht andere Drachen in der Nähe waren.

      Slykur wusste, dass er mit dem Lindwurm keine abgekarteten Spielchen mehr treiben konnte. Er hat sich selbst sogar schon gewundert, dass er überhaupt so weit gekommen war. Aber dieses Mal sprach Slykur wirklich die Wahrheit. „Warum sollte ich versuchen dich hineinzulegen? Hätte das viel Sinn?“, fragte der Drache etwas nervös und starrte dem Lindwurm in die Augen.

      „Ich weiß nicht. Aber du bist durchtriebener, als viele andere Drachen. Dir würde ich alles zutrauen. Ich hoffe sehr, dass du die Wahrheit gesagt hast.“ Der Lindwurm spürte zwar, dass Slykur ziemlich nervös war, doch er hatte trotz allem das Gefühl, dass der Drache ihn diesmal nicht belogen hatte. Und so versuchte er, wenigstens nicht allzu unfreundlich zu ihm zu sein.

      Slykur war sich nun sicher, dass der Lindwurm viel über Drachen wusste. Bald konnte der Drache auch schon den Grenzpunkt des Drachenreviers erkennen. Es war schon ganz in der Nähe. „So, nun sind wir in dem Revier der Drachen, also wenn du dich anschleichen willst gedulde dich weiter hin und ignorier dein Hungergefühl.“ Slykur bestand darauf, dass sie sich heimlich an die Drachen anschlichen. Er wollte um jeden Preis verhindern, erkannt zu werden.

      „Ich sehe noch keine Drachen. Und du bleibst in meiner Nähe, bis ich sie sehen kann. Dann kannst du gehen wohin du willst.“ Der Lindwurm schnupperte in die Luft und tatsächlich glaubte er, den Geruch einiger Drachen wahrnehmen zu können. Sie konnten nicht weit sein, dachte er sich und kroch langsam in die Richtung, in der er die Drachen vermutete.

      Etwas später konnte Slykur die Drachen auch wittern. Er folgte ihrer Fährte, bis er auch schließlich den Ersten von ihnen fand. Er war jedoch nicht in seinem Nest, sondern streifte hier allein herum. Es war ausgerechnet jener Drache, den Slykur unbedingt vor dem gierigen Lindwurm retten wollte. Der sechste der angeblich nur fünf Drachen. „Was machst du nur hier draußen?“ Der Lindwurm starrte den Jungdrachen gierig an, doch Slykur hielt den Lindwurm noch zurück indem er sagte: „Äh... ähm... der gehört nicht dazu. Komm wir gehen weiter. Du wolltest doch die fünf Drachen in dem Nest haben. Und wenn du den einzelnen angreifst, dann könntest du die Anderen vertreiben.“

      „Aber der sieht doch genau richtig aus für mich. Und um so besser, dass er hier alleine ist. Dann merkt der Rest nicht, was ich hier mache und sie können nicht davonlaufen.“ Der Lindwurm kroch näher an den kleinen Drachen heran und sagte dann ganz offen zu ihm: „Hallo Kleiner. Komm doch mal näher zum lieben Onkel Lindwurm.“ Auch wenn es ihm schwer fiel, versuchte der Lindwurm besonders freundlich und nett auszusehen.

      „N... Nein!“ Slykur versuchte den Lindwurm noch mal zurückzuhalten. „Du vertreibst alle anderen.“ Inzwischen konnte der kleine Drache Slykur erkennen und der kleine fragte: „Slykur, wer ist das?“

      „Wie soll ich denn die anderen vertreiben, wenn sie gar nicht mitbekommen, was hier passiert? Ich glaube eher, du willst dich nicht an unsere Abmachung halten. Wage es ja nicht, den Kleinen zu warnen. Sonst bist du tot, Slykur“, knurrte der Lindwurm so leise, dass nur Slykur ihn hören konnte. Dann machte er wieder ein freundliches Gesicht und näherte sich dem kleinen Drachen.

      „Ihr Lindwürmer seid echt widerlich", antwortete Slykur mit zurückhaltender Stimme. Er beobachtete den Lindwurm wie er sich seiner Beute näherte. Währenddessen versuchte Slykur dem Drachen klar zu machen, dass er sofort abhauen soll, indem er ein wenig deutete. Anscheinend wusste der Drache auch auf was Slykur hinaus wollte, denn der Jungdrache begann immer schneller zurückzuweichen. „Lindwurm! Schau noch mehr Drachen!“ Slykur zeigte in die gegenüberliegende Richtung um dem kleinen Drachen die Flucht zu ermöglichen.

      Doch der Lindwurm wollte sich nicht stören lassen und erwiderte nur: „Um die kümmere ich mich später. Immer schön einen nach dem Anderen. Und jetzt störe mich nicht. Ich habe hier noch was zu erledigen.“ Der Lindwurm starrte den kleinen Drachen gierig an und kroch schnell auf ihn zu, fest entschlossen, ihn nicht entkommen zu lassen.

      Slykur war ziemlich verzweifelt. „Ich habe dir Drachen versprochen, aber der gehörte nicht dazu!" Er jagte dem Lindwurm nach und konnte ihn an seinem, Schweif fassen. „Lass ihn! Der ist es nicht wert.“ Slykur hatte ziemliche Schwierigkeiten den Lindwurm zu stoppen und versuchte weiterhin dem kleinen Drachen zum Wegrennen zu bewegen. Anscheinend