Hugo von Velocia

Ein Lindwurm unter Wölfen


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wenn es dir nichts ausmacht. Im Fischen bin ich ganz und gar nicht gut. Die Fische sind mir einfach viel zu schnell und zu glitschig. Aber ich mag sie ganz gern“, sagte der Wolf erfreut.

      „Das macht doch nichts, Kleiner. Ich bin gut im Fische fangen. Ich muss noch nicht mal zum Atmen auftauchen, da ich auch unter Wasser leben und atmen kann. Ich werde nicht lange brauchen, um dir ein paar leckere Fische zu fangen. Warte hier, ich bin gleich wieder da.“ Der Lindwurm kroch schnell ins Wasser und tauchte unter um sich nach essbaren Fischen umzusehen. Bald schon fand er, wonach er suchte.

      Velyne wartete gespannt auf den Lindwurm. Er hatte seinen Bruder inzwischen völlig vergessen. Zumindest musste er jetzt nicht zu einem Kämpfer werden. Das allein war für Velyne schon Grund genug um gut gelaunt zu sein. Der kleine Wolf heulte vergnügt vor sich hin und sprang am Ufer hin und her.

      Es dauerte gar nicht lange, bis der Lindwurm mit einer Ladung Fische im Maul wieder aus dem Wasser kroch. Er ließ sie alle am Ufer fallen. „Hier, such dir einfach aus, was du möchtest. Der Rest ist dann für mich“, sagte der Lindwurm freundlich. Noch nie zuvor hatte er etwas Essbares mit jemanden geteilt. Andererseits hatte er bisher auch noch nie jemanden gehabt, mit dem er hätte teilen können.

      „Den da“, sagte Velyne und er zeigte mit der Pfote auf einen der Fische. „Der sieht ziemlich lebhaft aus. Aber hier an Land kann er wenigstens nicht flüchten.“ Grinsend schnappte sich Velyne den Fisch. Er war wirklich schon sehr hungrig, wie er erst jetzt so richtig merkte.

      Der Lindwurm sah dem Wolf dabei zu. Der Fisch schien ihm zu schmecken. Obwohl der Lindwurm bisher einen Wolf noch nie beim Fische fressen beobachtet hatte. Für den Lindwurm wäre es unvorstellbar gewesen, etwas nicht am Stück hinunterzuschlingen. Doch für den Wolf war das anscheinend normal.

      „Hast du noch ein paar übrig?“, fragte der Wolf und deutete grinsend auf seinen knurrenden Magen.

      „Klar, nimm dir ruhig so viele du willst. Wenn die nicht reichen, dann sind im See noch jede Menge davon“, sagte der Lindwurm lächelnd. Für den Lindwurm waren die Fische alle ziemlich klein und wäre der Wolf nicht bei ihm gewesen, dann hätte er so kleine Fische sicher gar nicht gefangen, sondern sich lieber auf die Suche nach etwas Größerem gemacht. Für einen Wolf waren die Fische allerdings schon ziemlich groß. Sicher würden viele davon übrig bleiben, denn Velyne sah nicht so aus, als ob er auch nur die Hälfte der Fische fressen könnte, die der Lindwurm gefangen hatte.

      Velyne schnappte sich einen Fisch nach dem Anderen und verputzte sie gleich schnell wie den Ersten. Doch nach weiteren vier Fischen war er satt. „Danke, nun bin ich wirklich voll“, hechelte Velyne. Er war dem Lindwurm dankbar, denn er allein hätte niemals auch nur einen Fisch fangen können und jagen war er auch noch nie ohne White Fangs Hilfe.

      Lächelnd schaute der Lindwurm dem Wolf dabei zu und schnappte sich dann die beiden Fische, die noch übrig waren. Für den Lindwurm war das ein lächerlich kleiner Happen, doch er hatte ja auch noch keinen Hunger, da er noch immer mit der Verdauung des Wolfs beschäftigt war, der sich inzwischen in seinem Magen mehr und mehr aufzulösen begann. Doch er wollte Velyne auf keinen Fall daran erinnern. Bisher hatte der Wolf den Verlust seines Bruders sehr locker genommen. Und so soll es auch bleiben, dachte sich der Lindwurm.

      Ausbildung

      „Ich glaube ich brauche mal eine kurze Pause. Ich habe doch etwas zu viel gefressen“, sagte Velyne und stupste die gerade noch zu erkennende Ausbeulung an dem Bauch des Lindwurms an. „Komisch, dass man das bei dir so deutlich fühlen und sehen kann, wenn du etwas gefressen hast“, sagte er aus Langeweile.

      „Ja. Aber da gewöhnt man sich als Lindwurm dran. Es dauert immer ein paar Tage bis ich nach dem Essen wieder meine schlanke Linie wiederhabe. Aber diesmal hält es sich ja in Grenzen. Ein einzelner Wolf ist für mich nicht so viel. Man kann ihn noch fühlen, wenn man drüberstreicht, auch wenn man es kaum noch sehen kann." Der Lindwurm merkte, dass sich der Wolf langweilte und deshalb wollte er ihn ein wenig beschäftigen und sagte: „Was meinst du, wer von uns schneller das andere Ufer des Sees erreichen kann? Du, wenn du außen herum rennst, oder ich, wenn ich mitten durch schwimme?“

      „Das lässt sich schnell herausfinden. Bereit? Los!“ Mit einem Satz sprang der Wolf auf und rannte so schnell er nur konnte.

      Da der Lindwurm natürlich nicht verlieren wollte, kroch er sofort in den See und schwamm so schnell er konnte. Auf halber Strecke merkte er, dass es ziemlich knapp werden würde, doch er wollte nicht gegen einen Wolf verlieren und gab sich besonders viel Mühe. Der kann ganz schön schnell laufen. Wenn er mir davon laufen würde, könnte ich ihn nie wieder einholen, dachte sich der Lindwurm.

      Doch Velyne wollte auch gar nicht davonlaufen, er hatte auch keinen Grund dazu. „Bald bin ich da. Da vorne ist es... mein Ziel“, keuchte er.

      Der Lindwurm kam genau gleichzeitig mit dem Wolf am Ziel an. Doch er behauptete: „Ich war schneller. Ganz klar, ich habe gewonnen“, und grinste dabei frech.

      „Wir waren gleich schnell“, erwiderte der Wolf. Obwohl der Lindwurm ihn jederzeit hätte überrumpeln können hatte er da keine Angst. „Ein Spiel unter Freunden sollte ehrlich sein und ich war gleichzeitig mit dir da“, sagte er lächelnd und ziemlich außer Atem.

      „Na schön, du warst fast so schnell wie ich. Aber wenn du auch geschwommen wärst, dann hättest du keine Chance gehabt Darin bin ich nämlich ganz klar besser als du. Aber ich muss zugeben, laufen kannst du richtig schnell.“ Der Lindwurm tätschelte dem Wolf den Rücken und lächelte.

      Velyne lächelte auch. „Und wenn du gelaufen wärst, hättest du keine Chance gehabt, da bin ich mir sicher.“ Velyne tänzelte um den Lindwurm herum und jaulte dabei verspielt auf.

      Kichernd kuschelte sich der Lindwurm an den Wolf und sagte ihm nach einiger Zeit: „Mich würde interessieren, ob du auch in der Lage bist, Spuren zu verfolgen. Als Wolf müsstest du so was können. Aber ich würde gerne deine Fähigkeiten testen. Du wartest hier genau eine Stunde lang. Ich werde mich verstecken und du versuchst mich dann wieder zu finden. Wenn du das kannst, dann könnte aus dir noch ein richtiger Jäger werden.“

      „Okay ich werde es versuchen.“ Velyne drehte sich um und freute sich innerlich, dass ihn der Lindwurm ausbildete. Er dachte sich, dass der Lindwurm eigentlich gar nicht so böse ist wie sein Ruf ihn beschrieb. Er frisst einfach nur, wie jeder andere auch. Und er schien auch nicht erbarmungslos zu sein. „Ich werde sicher niemanden vom Lindwurm erzählen, er ist irgendwie schon wie ein Freund für mich", murmelte er leise während er wartete und der Lindwurm schon außer Sichtweite war. So ein paar Übungen konnten ihm nützlich sein. Denn der Wolf hatte jetzt niemanden mehr, der ihm helfen konnte, für sich selbst zu sorgen. Hätte der Lindwurm ihn fortgeschickt, dann hätte Velyne sicher kaum eine Überlebenschance gehabt. Zumindest, wenn er nicht durch Zufall ein anderes Rudel Wölfe fand.

      Der Lindwurm war fest entschlossen, es dem Wolf nicht zu leicht zu machen. Er kroch ein Stückchen, bis er außer Sichtweite war und nahm dann die Gestalt eines Drachen an und ging wieder ein Stück und wechselte dann in noch ein paar andere Tiere, um den Wolf zu verwirren. „Ha, das wird es ihm ziemlich schwer machen“, redete er zu sich selbst und wartete kichernd ab. „Er rechnet sicher nicht damit, dass ich auch andere Gestalten annehmen kann."

      Nach der vereinbarten Stunde begann Velyne zu suchen. Die Spuren des Lindwurms waren anfangs noch deutlich zu erkennen. „Bei so tiefen Abdrücken, die der hinterlässt dürft es ein leichtes Spiel werden“, murmelte er lächelnd. Doch dann änderten sich die Spuren plötzlich. „Was zum?“ Die Spuren wurden etwas unförmiger und breiter. „Aber das riecht noch nach ihm, da bin ich mir fast sicher. Der Lindwurm riecht irgendwie nach Fischen. Genauso wie diese Spuren. Das muss seine Spur sein“, sagte der Wolf und schnüffelte mit der Nase am Boden herum.

      Der Lindwurm lächelte. Ob der Wolf wohl in der Lage war, zu erkennen, dass die Spuren, auch wenn sie immer wieder anders aussahen, alle vom Lindwurm stammten? Er wollte es ihm natürlich auch möglichst schwer machen und wechselte ständig die Gestalt und lief kreuz und quer in der Gegend herum.

      Velyne