Hugo von Velocia

Ein Lindwurm unter Wölfen


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dich zu verteidigen, wenn du müde bist. Ein Drache würde auch nicht mit einem Angriff warten, bis du dich entspannt hast. Aber okay, du darfst mal eine Pause machen.“

      „Gut, danke.“ Der Wolf legte sich auf den Boden und versuchte etwas Ruhe zu finden, doch er stand danach gleich wieder auf. „Ich suche mir einen gemütlicheren Platz zum Erholen. Der Boden ist nicht gerade bequem.“

      „Du könntest dich auf meinen Bauch legen. Da ist es sicher etwas bequemer für dich“, bot der Lindwurm an. So einen schlafenden Wolf auf sich zu haben wäre bestimmt gemütlich, dachte er sich und schnurrte leise.

      „Wenn du nichts dagegen hast, gerne“ Velyne streckte seine Vorderläufe aus und streckte sich einmal richtig durch, bevor er den Lindwurm mit seinen blauen Augen anschaute.

      „Natürlich hab ich nichts dagegen. Ich finde das sehr gemütlich und ich mag dein weiches Fell auf mir“, meinte der Lindwurm, drehte sich auf den Rücken und streckte sich der Länge nach aus. Dann gähnte er noch mal.

      Das ließ sich der kleine Wolf nicht zweimal sagen und sprang sofort auf den blaugrün gestreiften Bauch des Lindwurms. Schnurrend ging er in die Richtung seines Kopfes, legte sich kurz davor nieder und rollte sich zusammen. Es war sehr bequem und lächelnd drückte er seinen Kopf gegen den Körper des Lindwurms und schleckte ein wenig über die warmen Lindwurmschuppen.

      Der Lindwurm streichelte den Wolf über den Rücken und schleckte ihm einmal kurz über die Schnauze. Mit so einem Wolf auf dem Bauch, brauchte er keine warme Decke. Er schnurrte und entspannte sich. Er gähnte noch einmal und schlief kurz darauf ein. Normalerweise duldeten Lindwürmer niemanden in der Nähe, wenn sie sich schlafen legten, doch bei diesem Wolf machte er eine Ausnahme.

      Auch Velyne schlief kurz danach ein und fing schon bald an zu träumen. Doch es war kein angenehmer Traum. Plötzlich tauchte aus dem nichts ein Drache auf und schnappte ihn mit seinen Fängen. Velyne zappelte hin und her um sich daraus zu befreien, wobei er auch in der Wirklichkeit herumzappelte und dabei vom Lindwurm fiel und schmerzhaft am Boden landete. „Aua... war das nur ein Traum?“, murmelte er leise und dachte ein paar Minuten noch mal über das heutige Training nach. Dann versuchte er, am Boden weiter zu schlafen.

      Der Lindwurm wachte auf, als der Wolf herumzappelte. Sicher träumt er nur, dachte er sich und versuchte wieder einzuschlafen. Doch auch der Lindwurm war irgendwie unruhig und schreckte öfters wieder aus dem Schlaf, als ob er damit rechnete, im Schlaf angegriffen zu werden. Er war recht froh, als die Nacht endlich vorbei war.

      Beunruhigende Spuren

      Velyne erwachte, als endlich die Sonne aufging. Diese Nacht hatte er nur wenig Schlaf bekommen und dazu tat ihm von seinem Sturz und dem Training am Vortag noch alles weh. Das Training hatte ihn die halbe Nacht so beschäftigt, dass er nicht mal im Schlaf seine Ruhe gefunden hatte. Müde hielt er noch seine Augen geschlossen.

      Gähnend erwachte der Lindwurm kurz nach Sonnenaufgang. Gerne hätte er noch etwas länger geschlafen, doch er fühlte sich schon seit einer ganzen Weile etwas beobachtet. Und meistens konnte sich der Lindwurm auf seine Instinkte verlassen. „Wach auf, Kleiner. Hier stimmt etwas nicht. Hier muss etwas ziemlich Großes in der Nähe sein.“

      „Hm?“ Velyne richtet sich auf und konnte sich kaum auf den Beinen halten. „Es tut mir leid. Ich habe schlecht geträumt und am Ende hat mich ein Drache erwischt. Von da an konnte ich nicht mehr schlafen. Und jetzt bin ich etwas übermüdet... aber was ist los?“

      „Psst. Nicht so laut. Ein Drache ist los. Hier muss einer ganz in der Nähe sein. Ich spüre das ganz deutlich. Wir sollten besser von hier verschwinden. Wenn du noch müde bist, kannst du später weiter schlafen. Ich glaube zwar nicht, dass ein Drache es wagen würde, mich anzugreifen, aber du musst vorsichtig sein. Viele Drachen würden so einen Wolf wie dich sehr lecker finden. Bleibe also besser in meiner Nähe.“

      „Okay, das werde ich.“ Velyne versuchte immer in der Nähe des Lindwurms zu bleiben. Vielleicht kann ich ihm im Notfall ja auch helfen, dachte er sich. „Und du bist dir da sicher?“, fragte er etwas ängstlich.

      „Oh ja, ich bin mir absolut sicher, Kleiner", sagte der Lindwurm und sah sich misstrauisch um. Sofort fielen ihm die Drachenspuren auf, die sich ganz in der Nähe befanden. „Oha, der war ja schon ganz in der Nähe. Sag mal, bist du dir sicher, dass du von diesem Drachen nur geträumt hast? Vielleicht hast du ihn wirklich gesehen", fragte der Lindwurm. „Es sieht nämlich so aus, als ob wirklich einer hier gewesen ist.“

      „Nein, das kann nur ein Traum gewesen sein. Immerhin hat er mich am Schluss gepackt. Und wie du siehst bin ich noch hier.“

      „Könntest du ihn nicht im Halbschlaf unbewusst gesehen haben? Vielleicht hast du nur deshalb von einem Drachen geträumt, weil du wirklich kurz davor einen gesehen hast?“, fragte der Lindwurm. Velyne sah ein wenig beunruhigt aus.

      „Ich... ich bin mir nicht sicher. Vielleicht habe ich auch nur seine Anwesenheit gefühlt“, sagte der kleine Wolf. „Und was machen wir jetzt?“

      „Du solltest auf jeden Fall vorsichtig sein, wenn hier ein Drache herumschleicht. Sicher hat er dich schon längst entdeckt. Und ich würde darauf wetten, dass er versuchen wird, dir irgendwo aufzulauern. Bleib also besser immer in meiner Nähe. Der Drache wird es nicht wagen, sich mit einem Lindwurm anzulegen“, erwiderte der Lindwurm und betrachtete nachdenklich die Drachenspuren.

      „Okay ich werde vorsichtig sein, jedoch will ich mich nicht wie ein Feigling verhalten oder dir zur Last fallen“, entgegnete er und schien es wirklich ernst zu meinen. „Wie groß glaubst du könnte dieser Drache wohl sein?“

      „Ich halte dich nicht für einen Feigling. Manchmal ist es sogar besser, vor einem aussichtslosen Kampf zu fliehen. Denke immer dran: Wer flüchtet, kann später wieder kämpfen. Der Drache ist für dich bestimmt eine Nummer zu groß. Auch ich würde mich nur ungern auf einen Kampf mit ihm einlassen wollen. Am Besten verschwinden wir einfach von hier. Er wird uns schon nicht verfolgen.“

      „Glaubst du? Was wenn er nicht damit rechnet, dass ich mit dir unterwegs bin und er trotzdem meinen Geruch wittert. Ich glaube ein hungriger Drache würde so einiges riskieren um an sein Futter zu kommen. Wir sollten jedenfalls sehr vorsichtig bleiben.“ Velyne stellte sich neben den Lindwurm und war bereit ihm zu folgen, egal wohin der Lindwurm auch gehen würde.

      „Er wird dich eh schon gesehen haben. Aber vielleicht könnten wir ihm glauben machen, dass ich dich gefressen hätte. Dann wird er uns nicht mehr stören. Er rechnet sicher nicht damit, dass du mein Freund bist. Wir müssen nur dafür sorgen, dass wir hier Spuren hinterlassen, die genau so aussehen, als ob hier ein Kampf Lindwurm gegen Wolf stattgefunden hätte. Eigentlich brauchen wir das gar nicht mehr. Unser Training gestern müsste schon genug solche Spuren hinterlassen haben. Aber um ganz sicher zu gehen, sollten wir den Kampf noch mal wiederholen“, meinte der Lindwurm.

      „Okay. Gute Idee. Aber wie willst du das schön überzeugend hinbekommen? Ich habe da jetzt keine Idee auf Lager“, fragte Velyne und fing an zu grübeln.

      „Wie gesagt, wir müssen einfach noch mal kurz gegeneinander kämpfen und dabei möglichst viel Spuren hinterlassen. Und danach darf natürlich nur einer von uns noch Fußspuren hinterlassen. Du könntest dich einfach auf meinen Rücken setzen, bis wir ein Stückchen von hier entfernt sind. Wenn der Drache keine Wolfsspuren mehr findet, wird er uns auch nicht weiter verfolgen. An mir wird er nicht interessiert sein. Wenn uns der Drache nicht grade jetzt oder dann beim Abmarsch beobachtet, könnte das gut funktionieren.“

      „Okay, das machen wir. Bist du bereit?“ Ohne auf eine Antwort des Lindwurms zu warten stürzte er sich auf ihn und sprang direkt auf ihn zu, damit er ihn auch erwischen konnte. Immerhin sollte das Ganze ja auch ziemlich überzeugend aussehen.

      Der Lindwurm gab sich alle Mühe, einen ziemlich überzeugenden Kampf aufzuführen. Doch noch während er mit dem Wolf beschäftigt war, bemerkte er, dass der Drache ganz in der Nähe sein musste. Sicher beobachtete er alles aus sicherer Entfernung. Damit war es dem Lindwurm nicht möglich, zusammen mit dem Wolf heimlich davonzuschleichen.