Hugo von Velocia

Ein Lindwurm unter Wölfen


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schwach, aber gut, dass wir darüber gesprochen haben. Es ist schön, dass wir gut miteinander auskommen. Und wo ist jetzt deine Höhle?"

      „Gleich da drüben. Gehe ruhig schon mal rein." Der Lindwurm ließ Slykur vorausgehen, denn dann würde Slykur in der Falle sitzen, wenn er die Höhle erst mal betreten hatte. Der Lindwurm schleckte sich schon voller Vorfreude über seine beiden langen Fangzähne. Hätte sich Slykur in diesem Moment umgedreht, wäre er mit Sicherheit misstrauisch geworden.

      Neugierig ging Slykur voraus. Vor lauter Hunger lief ihm schon der Sabber aus dem Maul. „Wo ist die Beute? Ich kann keine wittern?", fragte er. Vom Hunger getrieben verschwindet der Drache immer weiter in die Höhle.

      Nun war es mit der Freundlichkeit des Lindwurms vorbei. „Die Beute? Die ist genau da, wo du bist, Kleiner. Du bist die Beute.“ Der Lindwurm schnellte auf Slykur zu und wickelte seinen langen, schlangenähnlichen Körper um den Drachen. Er musste ihn nur festhalten, dann war er auch in der Lage, ihn zu fressen. Triumphierend lachend sagte er: „Weißt du etwa nicht, dass wir Lindwürmer eine Schwäche für leckere Drachen haben?“

      Slykur spannte seine Muskeln an und begann zu fauchen. „Was soll der Mist? Ich bin nicht hier um selbst gefressen zu werden.“ Der Drache schlug mit dem rechten Flügel auf den Kopf des Lindwurms. Es sah so aus als hätte dieser komische Schlangendrache nicht mit Gegenwehr gerechnet, da er den Griff leicht lockerte. Slykur schaffte es fast, sich aus diesem Griff zu befreien. Nur noch ein wenig...

      „Autsch, verflucht noch mal. Halte gefälligst still, Kleiner", fauchte der Lindwurm. Er hatte alle Mühe damit, den Drachen irgendwie unter Kontrolle zu bringen. Doch das war schwieriger, als er angenommen hatte. Dennoch war er zuversichtlich, es schaffen zu können, denn er hatte schon öfters Drachen dieser Größe bezwungen. Leicht war das nie gewesen, doch ein Lindwurm ließ sich nicht so leicht abschrecken.

      „Von wegen, Stillhalten. So dumm bin ich nicht. Erbeutest du deine Opfer immer auf so eine hinterhältige Art?“ Slykur wich ein paar Meter zurück um nicht noch mal so plötzlich von dem Lindwurm erfasst werden zu können. Sein Hungergefühl verschwand auf der Stelle und der Drache widmete dem Lindwurm jetzt seine volle Aufmerksamkeit.

      „Oh ja, zumindest meistens. Wir Lindwürmer sind immer ein wenig hinterhältig. Und da wir sehr oft auch Drachen fressen, müssen wir auch ein wenig hinterhältig sein. Und jetzt komm her und wehre dich nicht. Dann wird es auch nicht weh tun, Kleiner“, erwiderte der Lindwurm. Doch er wusste, dass seine Chancen deutlich gesunken waren. Warum hatte er den Drachen nur nicht ordentlich festhalten können. Er musste wohl etwas außer Übung gewesen sein. Eine häufige Strategie jagender Lindwürmer war es, seine Opfer wie eine Schlange zu umschlingen. Lindwürmer waren sehr stark und waren auf diese Weise durchaus in der Lage, auch große Opfer festzuhalten. Anders als Schlangen erwürgten Lindwürmer ihre Beute allerdings nicht auf diese Art. Dieses Umschlingen diente einzig und allein dem Festhalten einer Beute.

      „Das hättest du wohl gerne." Slykur begann zu grinsen. „Warum gehst du mir nicht einfach aus dem Weg. Ich bin doch viel zu groß für dich, du komische Schlange." Slykur begann einen kleinen Feuerball in seinem geschlossenen Maul zu bilden. Da er diese Fähigkeit fast noch nie verwendet hatte, war es bist jetzt auch noch nicht bekannt, dass er sie überhaupt besaß. Diesem Lindwurm würde er schon zeigen, wer hier der Stärkere war.

      Der Lindwurm ahnte, was der Gründrache vor hatte. Und nun war er es, der sich Sorgen machte, denn er wusste, dass er sich gegen Feuer nicht wirklich verteidigen konnte. Seine Hautschuppen waren zwar nicht wirklich feuerempfindlich, doch allzu lange konnte er sich so einem Drachenfeuer auch nicht aussetzen, ohne sich Verbrennungen zu holen. Er musste also entweder sofort noch einmal angreifen, oder versuchen, aus dem Weg zu gehen. Doch den Drachen entkommen zu lassen, kam für den Lindwurm nicht in Frage.

      Da sich der Lindwurm nicht vom Fleck rührte, musste sich Slykur für eine Alternative entscheiden. Angriff! Er spuckte den Feuerball mit hoher Geschwindigkeit in die Richtung des Lindwurms. Er verfehlte sein Ziel nur knapp aber nicht ganz. Der Feuerball streifte den Lindwurm, richtete aber keinen nennenswerten Schaden an. „Gehst du mir nun endlich aus den Weg oder nicht? Ich will dich nicht unnötig verletzen", knurrte Slykur.

      Der Lindwurm ließ sich nicht wirklich aus der Ruhe bringen und kroch unbeeindruckt auf den Drachen zu. Er hatte keine Wahl. Er musste ihn angreifen. „Lass das, Kleiner. Oder du machst mich richtig böse.“

      Nur noch ein paar Meter, dann konnte der Drache nicht mehr weiter zurückweichen, denn die Höhle war nicht besonders groß. Drohend kam der Lindwurm immer näher und öffnete fauchend sein Maul. „Es hat nicht geklappt, Slykur. Du hast mich nicht getroffen. Meine Hautschuppen sind ziemlich feuerfest. Dir müsste schon ein Volltreffer gelingen, um mich auch nur ein wenig anzukokeln.“

      Slykur bemerkte, dass hinter ihm das Höhlenende nahte. Er hätte gar nicht erst diese Höhle betreten dürfen. Wie hatte er nur so einen dummen Fehler machen können? „Du willst es nicht anders..." Der Drache ließ einen gewaltigen Brüller los und brachte sich in Kampfposition. Konzentriert auf den Lindwurm und seine darauf folgenden Aktionen wartete er ab und produzierte bereits den nächsten Feuerball. Anders als andere Drachen konnte Slykur nur Feuerbälle auf Feinde speien. Diese explodierten, wenn sie auf ihr Ziel trafen. Doch der Gründrache konnte damit nicht einfach wahllos um sich feuern. Es dauerte immer einige Zeit, bis so ein Feuerball abschussbereit war. Und je mehr er innerhalb kürzester Zeit abfeuerte, desto länger dauerte es, bis der nächste bereit war.

      Dem Lindwurm wurde schnell klar, dass der Drache immer eine gewisse Zeit für so einen Feuerball benötigte. Das war natürlich seine Chance. „Mit nur einem Feuerball wirst du mich nicht kampfunfähig machen können. Meine Schuppen halten nämlich einiges aus. Und du willst doch nicht nähere Bekanntschaft mit denen hier machen, oder?“ Der Lindwurm zeigte dem Drachen seine beiden langen Giftzähne. Schon so manchen Drachen hatte er mit denen erlegt. Und nicht nur Drachen...

      Slykur schoss einen zweiten Feuerball in die Richtung des Lindwurms. „Grr, das werde ich auch nicht. Meine Schuppen sind auch nicht aus Butter.“ Obwohl sich Slykur in einer sehr misslichen Lage befand ließen seine Arroganz und sein Stolz kaum nach. Aber seine Konzentration schwächte sich auch nicht ab und da er durch das Austragen von früheren Rivalenkämpfen gut trainiert war, wurde er auch nicht so schnell müde. „Vergiss es ich bin kein Futter!“

      Der Feuerball versengte zwar die Schuppen des Lindwurms ein wenig, aber er richtete keine ernsten Schäden an. „Hm du glaubst also wirklich, dass du im Kampf gegen einen Lindwurm bestehen kannst? Du wärst nicht der Erste, der sich dabei irrt. Ich habe sogar schon größere Drachen als dich gefressen. Für mich bist du Futter, ob du willst oder nicht.“ Gierig starrte der Lindwurm den Drachen an.

      Slykur setzte einen hasserfüllten Blick auf. Er konnte es einfach nicht leiden so angestarrt zu werden. „Du siehst mich an als wäre ich ein Objekt der Begierde. Ob ich gegen dich bestehen kann oder nicht spielt keine Rolle. Es reicht schon, aus der Höhle zu kommen. Mit diesen Flügelchen wirst du kaum fliegen können“, höhnte Slykur und zog dabei ein breites Grinsen auf.

      „Du kommst hier nicht raus und du wirst nirgendwo hin fliegen“ erwiderte der Lindwurm nur und schnellte nach vorne auf den Drachen zu. Er wollte ihn in einen Ringkampf verwickeln, denn darin war der Lindwurm fast unschlagbar. Er versuchte seinen Körper um den Drachen zu schlingen, und ihn irgendwie zu Fall zu bringen. Und diesmal war er entschlossen, Slykur nicht noch einmal aus seiner Umschlingung entkommen zu lassen.

      Slykur erkannte sofort die Art des Angriffs und wich geschickt aus. „Glaubst du das diese Nummer zwei Mal zieht? Du hast einen Drachen vor dir und keinen Säugerling der keine Ahnung vom Kämpfen hat.“ Der Drache schlug mit dem Schweif in die Richtung des Lindwurms um ihn zur Seite zu stoßen. Doch der Schlag traf nicht sein Ziel. Ausweichen konnte dieser Lindwurm gut. Das musste Slykur anerkennen.

      „Ich weiß, dass ich einen Drachen vor mir habe. Und das freut mich auch außerordentlich, denn Drachen schmecken ausgezeichnet.“ Der Lindwurm konnte dem Schweif des Drachen ausweichen. Dabei hatte er jedoch einfach nur Glück gehabt. Besonders schnell war er als Lindwurm nicht, dessen war er sich auch bewusst. Doch er wusste auch, dass er den Drachen irgendwie daran hindern