Günther Frühmorgen

ESCAPER Stories / Band 1


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zur Milchabteilung. Da stehen in der Regel ausschließlich Männer, die diese oder jene Milchtüte eine halbe Stunde in der Hand hin und her wiegen. Hängt ein Marilyn Monroe-Poster daneben, sage ich, und sie werden es eine Stunde lang tun.

      Okay, das war easy. Nebenbei hab ich unauffällig die Pampers und das sonstige Zeug in andere Wägen verteilt. Presto an die Kasse. That´s right, M´am. Ich habe nur Photobatterien. Ich blicke mich nochmals um. Das Fischaugen-girl bin ich los. So macht man das.

      "Excuse me, sir," sagt er neben mir. "Security. Kommen Sie mal mit."

      "Bestimmt nicht, Mister," sage ich. Grapsche meine Photobatterien. Schiebe meinen Hut in den Nacken. Okay, ich habe keinen Hut.

      "Du brauchst erst ein kleines Loch in Dein Trommelfell, hah?" sagt er. Ich spüre den kalten Lauf seines .38ers an meinem Ohr.

      Sein Office mieft wie ein Container, in den 100 GIs letztes Wochenende ihre getragenen Socken hineingeworfen haben. Kaffeeflecken auf dem Boden. Eine Puppe, prall auf einem Plastikstuhl. Schwarze Haare hochgesteckt wie ein Bienenkorb.

      "Das ist er!" sagt sie.

      "Moment mal," sage ich.

      "Easy!" Er drückt mich an die Wand, schließt die Tür.

      "Hey!" sage ich.

      "Okay - du hast diese Lady hier verfolgt." Er wuchtet sich quietschend auf seinen Drehstuhl. "Sagt sie. Wir werden das nun in aller Ruhe besprechen."

      "Blödsinn," sage ich. "Völlig daneben! Hören Sie, Lady, ich habe Sie bestimmt nicht im Visier gehabt. Es ist so, ahem, ich habe vielleicht versucht, Preisschilder aus der Ferne zu entziffern."

      "Stimmt," sagt er. "Unser Mann hier schielt ziemlich durch seine dicken Gläser."

      "Hah!" sagt sie. "Wovon rede ich? Tatsache ist, daß er mich schon verfolgt, seit ich beim Tanken war. Und er hat nach meinem Busen gegrapscht. Davon rede ich, Mister!" Sie spricht mit kantigem deutschem Akzent, aber so unweit ihrer Bluse kommt das ziemlich sexy raus.

      "Stimmt," sagt er. "Das Fraulein hier hat einen großen Busen. Besonders wenn sie sich so hinsetzt wie jetzt, hier auf unserer guten alten Erde!"

      "Hey!" sage ich. "Bevor wir hier nun feststellen müssen wer Habichtsaugen hat und in welcher Exposition ein großer Busen den Äquatorumfang unserer Erde vergrößert – "

      "Ich habe mich gerade zu den gefrorenen Heringschwänzen hinabgebeugt," fängt sie an zu schrillen, "da spüre ich diese Hand unter meinem Arm. Und der da steht neben mir und schiebt mir seine Hand hierher!" Sie hält Alamo-Schlüssel schützend an ihre Bluse.

      "Oh yeah? Ich schätze, daß wir das nun genauer erörtern – right, Miss Ellen." Er schielt auf die gespannten Ausbeulungen ihrer Bluse.

      "Hah!" sage ich. "Das war reiner Reflex vielleicht."

      "Du – du grapscht nach big tits aus Reflex?" Er schiebt sich über den Schreibtisch zu mir her. Auf dem Schreibtisch ist nichts als ein Telefon und sein stierer Blick.

      "Instinktmäßig greife ich mal nach eingefrorenen Früchten," sage ich. "Muß ja was essen, ab und zu, officer. Right?"

      "Er war schon bis hier - mit Vanille-Eis an den Fingern!" Sie schrillt wieder und fängt an, ihre Bluse aufzuknöpfen.

      "All right!" sagt er. "Alles klar. Ich glaube, ich hab´s verstanden, Miss. Sie können jetzt gehen. Ich kümmere mich schon um das Früchtchen hier."

      Ich gebe ihr artig eine kalte Hand. "Nichts für ungut - "

      "Idiot!" Sie walzt hinaus. Die Jalousien an der Tür schlackern.

      "Okay - !" sagt er. "Ist es Dir recht, wenn Du 50 Dollar hier als Spende fürs Waisenhaus hinterlässt und abziehst?"

      "Okay," sage ich.

      Sein ausgestreckter Arm hängt wie ein Kran über dem Schreibtisch, die Pranke offen nach oben. Ich gehe ans Fenster. Draußen ist der Parkplatz.

      "Meinst Du, ich warte bis sich ein Schmetterling da draufsetzt?" Er wackelt mit den Fingern. "Natürlich – ich liebe Schmetterlinge."

      "Meine Schwester auch," sage ich. Ich sehe den cosmosschwarzen Imperial tatsächlich noch da hinten stehen. Und weiter drüben eine Traube von Leuten um einen Wagen. Seine Hupe ist losgegangen.

      "Deine Schwester?" Er rollt die Hand ein.

      "Du kennst sie?" sage ich. Lasse die Jalousien runterrasseln. Drehe mich ruckartig zu ihm um. "Woher?"

      "Why – no!" Er ist erschrocken. Sitzt auf dem Stuhl und zeigt seine Weichteile.

      "Du kennst sie bestimmt!" sage ich. "Sie ist diese Sexbombe."

      "Oh – yeah?" Er hat Spucke auf den Lippen. "She hot?"

      "Heiß?" sage ich. Stütze mich mit den Fäusten auf den Schreibtisch. "Man! So heiß wie der Asphalt da unten im Juli."

      "Blond?" sagt er.

      "Überall," sage ich.

      "Extrovertiert?" sagt er.

      "Ich kann ihr Deine Telefonnummer geben," sage ich. Cool. "Erstmal."

      Er rappelt die Schublade auf. Kramt in Zeug. Kritzelt. Kritzelt Kringel auf eine Visitenkarte. "Auch meine Privatnummer," sagt er. "Ich bin erreichbar - 24 Stunden am Tag."

      "Schreib ihr noch was Poetisches drauf," sage ich. "Du bist doch poetisch veranlagt, oder?"

      "Right," sagt er. Packt die Pranke wieder auf die Card. "Ich schreibe was? Hm – I do like it hot. Bud. - Okay?"

      "Hübsch." Ich schiebe seine Karte in meine Hemdtasche. Rücke meinen Hut zurecht. Okay, ich habe keinen.

      "Ab!" sagt er. "Heute noch! - Vamos, vamos!"

      An der Tür. Ich drehe mich noch mal um.

      "Schreib dir mal eine Nummer auf," sage ich.

      "Sure," sagt er. "Also?"

      "Du kriegst die Nummer von Police Captain Perkins," sage ich.

      "Hah?" macht er.

      "Police Captain Perkins ist chief beim Washington Police Department," sage ich. "Du rufst ihn an und sagst, es tut dir furchtbar leid. Denn Perky kann ganz gemeine cops jede Sekunde überall hinschicken. Ich meine überallhin, wo große Busen den Äquator überdehnen."

      "Versteh ich nicht," sagt er. "Come again?"

      "Okay," sage ich. "Aber du verstehst, daß er krankhaft eifersüchtig ist, mein Schwager."

      "Dein – deine Schwester – ihr Mann?" stammelt er.

      "Misshandlungen!" sage ich. "Ganz brutale. Auf Parkplätzen so wie diesem hier. Nachts, wenn du solo zu deinem Auto watschelst. Keiner sieht es. Du liest es in keiner Zeitung. Die werden sich hüten. Die legen sich sich bestimmt nicht mit Crazy Perky an. Die nicht. Die sind ja nicht meschuggeh."

      "Hey - !" stockt er. "Woher soll ich wissen, daß Deine Schwester – "

      "Du kennst sie doch, Bud," sage ich. "Du hast gesagt, du findest, daß sie hot ist - hast du gesagt. Und dann schreibst Du ihr noch Kärtchen – I do like it hot – Bud. Was soll Crazy Perky da denken?"

      "Ich?" Er schluckt. "Jetzt langt´s aber, okay?"

      "Ich hab hier diese Karte von Dir, die Crazy Perky in der Handtasche meiner Schwester finden wird – heute noch, vamos, vamos."

      Er hat die Patschpranken platt auf dem Schreibtisch. Wieder Spucke auf seinen Lippen. Schweißhärchen um die Stirn.

      "Da kommt ein Schmetterling geflogen," sage ich. "Ein Schmetterling mit schönen grünen Flügeln."

      Er arbeitet. Arbeitet schwer in seinem