Günther Frühmorgen

ESCAPER Stories / Band 1


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geplant, in Aystetten einen Disneyworld-Dschungelpark zu eröffnen. Disney bemächtigte sich nun Dr. Helbigs Grundstück. Dies gelang mit einem billigen Trick.

      Man versprach Dr. Helbig zeit seines Lebens - und ebenso seinen Nachfahren - eine freie Liane im Park. Außerdem sollte er Rosy bekommen - jene seltene rothaarige Orangutan-Äffin, die so sexy war, dass sie, als sie auf dem Münchner Flughafen ankam, Piloten und Personal derart verwirrte, dass der Flughafenbetrieb für mehrere Stunden lahmgelegt war. Man konnte nicht anders, als sie umgehend aus ihrem Käfig zu nehmen und sie in einen Sack zu stecken, um ihre Reize weitgehendst zu verbergen. Was man Dr. Helbig nun allerdings verschwieg – und hier beginnt wirklich ein unfaires Spiel der auf den Erdnußschalen unter Dr. Helbigs Kronleuchter sitzenden Disney-Anwälte in ihren blauen Nadelstreifen-Anzügen – war, dass Rosy anschließend auf dem Flughafen irgendwie vertauscht worden war. Lothar Matthäus war da, um seine neue Ehefrau abzuholen – Lucia Bombina, die letztjährige Miss World. Lucia Bombina trug gerne ein Sackkleid von Valentino. Und nun passierte es. Lothar nahm statt Lucia fälschlicherweise Rosy in ihrem Sack mit. Und Disney blieb Lucia Bombina, die man nun versuchen musste, Dr. Helbig unterzujubeln, ohne dass dieser viel merkte.

      Francis

      Ich krieche mit meinem Chrysler gerade noch über die Kreuzung. Oh, crap! Irgendwas kracht im Getriebe. Ich klammere nicht an meinem Kassierer-Job in eurem Kash & Karry, ihr Knalltüten, habe ich gesagt. Ich kotze allmählich, weil ich euretwegen nie King of Queens sehen kann! Come on! Ich bin der friedlichste Franz, aber ich will nicht alle Folgen versäumen! Ich frisier hier nicht länger eure Affen, ich mach hier die Fliege, Freunde, bye bye. Ich hab nun mal ein forte Faible für FedEx. Oh, Carrie, kiss me, cougar.

      Jetzt schippere ich meine schlappe Schleuder schief an den Straßenrand. Schlecht gelaufen! Vor mir parkt ein police car.

      Ich kucke. Klar, die cops kassieren wieder Knete von einer Kneipe, King´s Korner. Hocken an der Bar, big boys, lassen sich von barbusigen babes mit blowjobs bedienen. Und ich steh hier blöd. Und postiere mich an ihrem prowler, meine Pranke schon an der Tür. Ich platze rein. Harte Polster. Er springt sofort an. Mit quietschenden Reifen raus auf die Reagan Road, das wird tagelang noch nach Gummi stinken. Die Karre kommt klasse. 60, 70 Meilen. Und Dauerhupe. Wo ist diese blöde - ? Ah, da, so jetzt auch noch die blau-rote Lichterorgel da oben auf dem Dach, whheeee---wheeeeeee---!!!

      Klar, vier Monate Kash & Karry, das langt. Vier Monate keine Carrie, wenn sie kommt. Weil ich klamm hinter dieser Kasse kauere, und krumme Kunden mir ihr kümmerliches kash hinkullern.

      Oh, Francis, get free! Ich ramm Dich, Du Rambo! Raus aus der Spur! So ... 90 Meilen, wo seid ihr? Rückt ruhig euer rotziges Radar zurecht! Wow. Das ist genau das Tempo, um noch rechtzeitig die Taste zu drücken für King of Queens. Yoooooop! Rote Ampel, watch it! Und sie bremsen sich blöd - suckers!...oooops, das war knapp – ahhh! Dein Kotflügel, Kerl - Du wolltest ihn verknüllt! I´m a killercop, capiche?

      Whoooompa – runter die Rampe, rein in meine Tiefgarage. Noch dreimal rum ums Carré, die Reifen nochmal richtig rubbeln. Rein zwischen einen rosaroten Ranger und einen fliederfarbenen Firebird. Home. Zappelig im Lift. Schnell jetzt. Schlüssel rein, drin die Schlappen zack in die Ecken. Ein Coors schlucken, die Hand in die Chips. Und welche jetzt? Ich hol mir noch ein Bier. Brüte vor meinen Beständen. Die meisten King of Queens kenne ich schon auswendig. Im TV kommen auch nur noch alte, wenn überhaupt. Hm. Hm. Okay! Ich drücke eine Cassette rein, schlampe mich in den Sessel. Oh, Carrie. Come on, cougar.

      Irgendwann wache ich auf. Es ist noch hellichter Tag. Luuuft! Ich schiebe das Fenster hoch, lasse mich von der Straße ankrachen. Warum halbe Sachen? Raus aus der Wohnung, den Liiiiiift runter, run! Nun hat mich die Straße richtig. Dreck, Lärm, Lollies. Gegenüber Sonnenflecken im Glas und Marmor einer Bank. Da sitzen sie, die Finger flach an flappen Tasten. Ich klemme mich in eine Telefonzelle. Fetze durchs Telefonbuch, yellow pages. Bingo, die Nummer der Bank... yeah, George Bush here, please connect me to the director... beeeeeep...

      Boy, ich kann meine Stimme verstellen, so, daß sie wirklich klingt wie die von George Bush ... listen, this is George Bush, I got kidnapped... verdammt, meine Stimme klingt plötzlich wie die von Putin, und ich verstehe meinen eigenen Psalm nicht. Ist das russisch? Man, listen, du sollst ein paar Tüten cash - capiche? - rübertragen in die Tiefgarage! Leg sie in den Kofferraum des Polizeiwagens dort! Asshole, willst Du, dass der dritte Weltkrieg ausbricht? Dawei, dawei, Tawaresch! Trottel. Er hat´s kapiert, glaub ich. So, und ich bleibe klamm in meinem Klarsichtkubus hier. Tue, als ob ich telefoniere. Hey Mom, blah blah. Top, top, top, Minuten töppeln dahin. Ah, es regnet. Und da kommt er. Business suit und Goldman-Sachs-Geglotze. Er trägt Tüten. Trottet träge runter in die Tiefgarage. Ein Traum.

      Schon eine Sache. Ich schlüpfe runter ins Untergeschoß. Der Banker steht am Plymouth und krallt am Kofferraumdeckel rum. Ich husche hin. Man, what are you doing? Ah, okay, der Kofferraum klemmt. Ich nehme ihm die Tüten ab, scheuche den Schmok shoo-shoo in ein schummriges Eck. Packe mich in den prowler. Halte zwei Tüten Hunderter – Hosiannah – hautnah, und wah wah wah, come on! – die Karre kommt nicht. Wah-wah-wah-uku-uku-rrruuhhhh – presto raus und rum und – whoooompa – über die Rampe, rauf auf die road. Vollgas. Mit 110 Meilen raus aus dem Rotz.

      Eine Kavallerie von cops hinter mir. Jaulende Sirenen. Hubschrauber zerhacken den Himmel über mir. Wildes Gekurve durch Kies über country roads. Schlingernde black&whites hinter mir. Staub in wehenden Wolken. Dammit - dead end. Ein Bahnhof. Ich kante die Karre hart an die Gleise ran. Ich sehe ihn. Diesen wummernden Amtrak train. Ich springe über Schienen, schleudere mich an den Zug, ziehe. Die Tür zischt auf. Heiß drin. Voll. Winde und ellboge mich durch die Meute, turne über Taschen. Koffer. Rucksäcke. Quetsche mich durch all diese Lungerer hindurch. Hey, babe – good boobs. Ich presse mich für eine Minute ran. Trete die Tür drüben auf, wupp - raus aus dem Wagon auf der anderen Seite. NIX. No cops, no clowns. Und die Erde rast blau durch den dunklen Kosmos mit Sirenengeheul. Ich sprinte – dammit – knalle auf die Knie. Die Gravitation hier ist gigantisch, du klebst an diesem Planeten wie Kaugummi, no fucking way out.

      Ich schlurfe über Schotter. Vor zur Lok. Dieselgewummer. I´m Clint Eastwood. Ich drücke ihm meinen Colt an die Kehle. Der Lokführer springt raus. Zum ersten Mal: hijacking a train. All die Hebel und Zeiger und Knöpfe und Lämpchen. HAH. Yeah! Come on! Der Zug zieht an. Ruckt. Ich klemme meinen Kopf durchs Fenster. Whooooooop! Wind. Cops wieseln. Knallen hin. Cool. Wie Ameisen rennen sie hinter dem Zug her. Gunning the train. Wie schnell geht so eine rußende Echse?

      SAFE. Ich bin hier vorn, hinten sie. In den wackelnden Wagons. Hunderte von cops, die nicht weiterkommen. Herumtorkeln, zu Boden brechen. Ich zieh sie rum. Durch die Kurven da vorn. Bis sie kotzen. Okay, brother, Du weißt wie fromm Francis ist. I´m real friendly, keiner Fliege tu ich was. Früher, ja da lief schon mal was blöd.

      Meine Fresse, mag sein, dass nicht viele mit 11 sowas hinkriegen. Und das kommt dir wohl frühreif vor?

      Aber, wer spielt eigentlich was? Ich machte nichts anderes, als in diesem riesigen amerikanischen Kontinent herumzuwandern, an so einem 17. Mai. Ah, und da wurde vorher schon mal Kaltluft aus dem arktischen Norden herangefächert, jede Menge, schön trocken. Und aus dem Süden, vom Golf von Mexico, lenkte wer Massen feuchter, warmer Luft heran, die jetzt schön am Boden brodelt. Und da spaziere ich mit meinen braven 11 Jahren herum, gerade mal 120 cm groß. Und finde zufällig am Boden eine Schachtel Zündhölzer, ein paar rußige sind drin, aber noch ein gutes. Natürlich muß man das ausprobieren. Ein Feuer anzündeln. Irgendeinen windigen Heuschober in Brand setzen. Oder auch eine Farm, wenn das nicht reicht. Jedenfalls dreht sich der heiße Rauch nach oben. Kriegt gut Druck von unten, denn auch ein