zu, der aus irgendeinem Grund nicht im Navi eingezeichnet war und das zweite Mal bog ich zu früh ab und kam mitten auf einem Feldweg aus.
Nach einer guten halben Stunde jedoch, schaffte ich es schließlich, am Haus der Woodsteps anzukommen. Ich parkte den Wagen am Straßenrand und stieg aus.
Die Woodsteps wohnten in einem relativ großen Haus am Waldrand.
Ganz in der Nähe befand sich der See, in dem ich fast das Auto versenkt hätte und vor dem Haus war nur Feld. Es sah wirklich schön aus.
Der Vorgarten und die Büsche und Blumen sahen zwar ein bisschen chaotisch aus, aber dagegen hatte ich nichts. Ganz im Gegenteil, lieber würde ich in einem chaotischen und dafür gemütlichen Haus wohnen als in einem modernen und sterilen.
Ich griff nach der Plastiktüte mit den Medikamenten und stieg die Stufen zum Haus hinauf. Das Holz ächzte unter meinem Gewicht, obwohl ich nicht besonders schwer für meine Größe war. Ich klingelte und sah verstohlen durch das kleine, runde Fenster in der Tür, ob jemand zu Hause war.
Ich konnte nichts sehen, aber kurz darauf hörte ich eine gehetzte Frauenstimme im Haus murmeln.
Dann wurde plötzlich die Tür geöffnet.
Hastig trat ich einen Schritt zurück und versuchte nicht ertappt auszusehen. Nicht dass Mrs Woodstep noch dachte, ich wäre eine Spannerin oder so etwas in der Art.
Eine Frau mittleren Alters trat aus dem Haus und sah mich fragend an.
Und dann erkannte ich sie plötzlich, es war Amanda, die Kellnerin aus dem Restaurant! Und mit einem Mal wusste ich auch für wen die ganzen Medikamente waren.
Sie schien mich auch zu erkennen, denn plötzlich huschte ein freundliches Lächeln über ihr Gesicht.
„Oh hallo Lory! Was machst du denn hier?“, fragte sie und sah mich erfreut an.
„Hi Mrs Woodstep“, sagte ich und lächelte unsicher.
„Ach, nenn mich Amanda, meine Liebe. Komm doch rein, Lory. Möchtest du eine Limo?“
Ich wusste nicht genau, was ich sagen sollte. Eigentlich wollte ich nur schnell die Sachen abgeben und dann wieder gehen, aber dieses Angebot konnte ich schlecht ablehnen, ohne unfreundlich zu wirken, fand ich. Also ging ich ins Haus.
„Ja, vielen Dank“, sagte ich und streifte meine Schuhe im Flur ab.
„Ach, die musst du hier nicht ausziehen“, sagte Amanda und machte eine gelassene Handbewegung in Richtung meiner Schuhe. „Wir nehmen das hier nicht so genau.“
Ich ließ meine Schuhe trotzdem dort stehen und folgte Amanda in die Küche.
Dort goss sie mir ein Glas frischer Limonade ein und stellte es mir auf den
Küchentisch. Sie setzte sich hin und zeigte gastfreundlich auf den Stuhl ihr gegenüber. „Also, wieso bist du hergekommen?“, fragte sie freundlich.
„Sicherlich nicht, um mit einer alten Frau wie mir zu sprechen, oder?“
Sie lachte zurückhaltend und ich sah sie ein wenig unsicher an.
„Aber sie sind doch nicht alt!“, sagte ich und hoffte, dass es auch so ehrlich klang wie es gemeint war.
Amanda lächelte etwas verlegen und fuhr sich durch ihr schulterlanges, blondes Haar.
Ich nahm einen schnellen Schluck von meiner Limo und legte dann die Tüte auf den Tisch, die ich die ganze Zeit über in der Hand gehalten hatte.
„Noah hat mich gebeten, diese Sachen hier für sie zu besorgen. Eigentlich wollte er das heute selber machen, aber ihm ist wohl etwas dazwischen gekommen.“ Amanda sah in die Tüte und wurde plötzlich ernst.
„Ja danke Lory, das ist wirklich sehr nett von dir. Ich schaffe es momentan einfach nicht, mich um meine Tochter zu kümmern und dann auch noch einkaufen zu gehen. Entschuldige bitte die Unordnung hier, aber für solche Sachen habe ich momentan beim besten Willen auch keine Zeit.“
Ich sah Mrs Woodstep verständnisvoll an und biss mir auf die Unterlippe.
Es fiel mir schwer solche bedrückenden Gespräche zu führen, ich wusste nie, was ich sagen konnte, ohne den anderen Leuten damit auf die Füße zu treten, vor allem wenn ich nicht genau über deren Situation Bescheid wusste.
„Weißt du Lory, die Medikamente sind für meine Tochter Rosie. Sie…“
„Ja ich weiß, unterbrach ich Amanda schnell, damit sie es nicht aussprechen musste. „Maddie hat mir schon alles erzählt. Also nicht alles, nur das Nötigste, was ich wissen muss“, korrigierte ich mich schnell und knetete meine Finger unter dem Tisch. Hoffentlich dachte Amanda jetzt nicht, dass meine Tante alles aus dem Nähkästchen plauderte und jedem Rosies und Amandas Probleme ausbreitete.
„Ist schon gut. Ich weiß wie du das meinst. Maddie und ich sind schon seit Weigkeiten befreundet, ich weiß, wie sie tickt“, sagte Amanda und lächelte mich gutmütig an.
„Wer ist das Mom?!“, rief eine Mädchenstimme von oben hinunter.
Sie klang hell und schön, aber gleichzeitig auch irgendwie schwach und ein wenig heiser.
„Es ist Lory. Sie ist die Nichte von Maddie, sie ist den Sommer über hier. Sie ist so alt wie du!“, antwortete Amanda. Sie sah irgendwie hoffnungsvoll aus.
„Jedenfalls danke ich dir für die Medizin, Lory. Bekommst du noch Geld?“, fragte sie mich und suchte schon ihre Hosentaschen nach Geld ab.
„Nein, nein, Noah hat mir etwas gegeben. Aber es hat nicht ganz gereicht, ich habe es auf ihre Rechnung stellen lassen. Ich habe mir auch eine Packung Hustenbonbons gekauft, ich hoffe das ist ihnen Recht.“
„Aber Lory!“, lachte Amanda unbeschwert, „natürlich ist mir das Recht. Du bist hier jederzeit willkommen, also wenn du etwas brauchst oder so, dann komm gerne her, das ist überhaupt kein Problem.“
Ich lächelte dankbar und wollte mich gerade zum Gehen wenden, als ich plötzlich Schritte auf der Treppe hörte.
Ein zierliches, blasses Mädchen mit fast hüftlangem, blonden Haar und feinen Sommersprossen auf Nase und Wangen kam zaghaft die Treppe herunter gelaufen und sah mich prüfend an. Sie trug ein kurzes Nachthemd, was wohl eher mal ein Baseball-Shirt gewesen, dem Mädchen allerdings viel zu groß war.
„Hi“, sagte das Mädchen zaghaft, „ich bin Rosie.“
„Hi Rosie. Ich bin Lory. Wie… geht es dir…?“
Ich verzog das Gesicht, als ich bemerkte, was ich da gerade gefragt hatte und setzte hastig zu einer Entschuldigung an.
„Nein schon gut, Lory. Ich habe es satt, dass sich niemand traut mich das zu fragen, weißt du. Mir geht es nicht besonders gut, ich bin müde, ich habe Arm- und
Beinschmerzen und mir ist todeslangweilig. Und wie geht es dir?“
Ich schluckte und sah hilfesuchend zu Amanda. Aber sie schien wie in einer Art Bann gefangen zu sein, sie rührte sich kein Stück, sondern starrte nur ihre Tochter an, als sei sie eine Art Geistergestalt oder so etwas in der Art.
„Also mir geht es eigentlich ganz gut“, antwortete ich zaghaft.
„Es ist schönes Wetter draußen und ich habe Ferien. Abgesehen davon habe ich keine
Schmerzen, also denke ich, dass es mir wohl ganz gut geht, ja…“
Zögernd sah ich Rosie an. Ich hoffte ich hatte nichts Falsches gesagt, aber offensichtlich gab sich Rosie mit meiner Antwort zufrieden.
„Gut. Das freut mich für dich, ehrlich. Ich wünschte nur, ich könnte das Gleiche von mir behaupten“, sagte sie und ging zum Kühlschrank, um auch sich ein Glas Limo einzugießen. Sie trank ein paar kleine Schlucke davon und sah dann ihre Mutter an.
„Die ist gut. Hast du sie selbst gemacht?“
Ihre Mutter schien auf einmal aus