Evi Huter

Stigmata der Verdammten


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sehr ernst an, und dann war ein Hauch von Sorge in seinem Gesicht.

      Ben fragte neugierig:" Nun ich hör dir zu. Was willst du mir sagen?"

      " Kleiner Bruder," sagte Hakim,

      " ich mach mir Sorgen um dich. Du setzt große Hoffnung auf das nächste Training mit den Scouts. Ich kann das ja sehr gut verstehen. Und du hast auch sehr gute Chancen auf das Stipendium. "

      " Ja, und? Was willst du mir damit sagen?", fragte Ben schnippisch.

      " Ich will dir nur sagen, dass es auch möglich ist, dass du nicht ausgewählt wirst. Dann sei bitte nicht all zu sehr enttäuscht, dann klappt es aber sicher beim nächsten mal. Du weißt ja, dass immer wieder mal Talentsucher vorbeikommen.", antwortete Hakim mit einem Nachdruck an Sorge in seiner Stimme.

      Ben verstand überhaupt nicht warum Hakim sich sorgte. Er fragte sich, ob Hakim plötzlich an ihm zweifelte. Er war es doch der ihn zum täglichen Training schon im Gefängnis trieb. Und nun sollte es nicht ausreichen? Dieser Gedanke verdrängte Ben so schnell wieder, so wie er auch kam. Zum ersten mal in seinem Leben glaubte Ben an sich selbst. Er war sich so sicher, dass er es schaffte.

      Er sah Hakim an, und fragte ihn:" Warum sagst du das jetzt zu mir? Ich dachte du glaubst an mich? Was soll das?"

      "Ben! Ich glaube doch an dich. Du bist ein großes Talent. Daran gibt es keinen Zweifel. Wenn ich so ein Scout wäre, hätte ich dir sofort ein Stipendium gegeben. Nur diese Typen suchen die zukünftigen Studenten nach ganz strengen Kriterien aus. Und es kann eben sein, dass du diesmal vielleicht nicht dabei bist. Glaub mir, keiner wünscht sich mehr als ich, dass du dabei bist. Ich wünsch es mir von ganzem Herzen. Aber sei bitte nicht zu sehr enttäuscht wenn es nicht klappt, ok?", gab Hakim zur Antwort, und atmete tief durch.

      Ben konnte die Sorge von Hakim immer noch nicht verstehen, aber er hatte keine Lust mehr auf dieses Gespräch. Deshalb nickte er, und meinte dass schon alles gut wird. Er tat so als hätten ihn die Worte des großen Bruders nicht berührt. Doch in Wahrheit fühlte er sich sehr verletzt. Hakim machte die Tür von außen zu, und er hoffte dass Ben wenigstens ein bisschen seine Sorge verstand. Doch Ben saß in seinem Zimmer, und war von Hakim zu tiefst enttäuscht. Für ihn war es ganz klar. Sein großer Bruder hatte den Glauben an ihn verloren. Dann stellte sich Ben die Frage: " Aber warum?". Was bewegte Hakim dazu, so über Ben zu denken? Doch sein Herz war zu verletzt, um die Antwort zu geben.

      Ben schnappte sich seine Hanteln wieder, und trainierte noch verbissener als vorher. Während seinem Training kreiste nur ein Gedanke in seinem Kopf umher.

      " ICH WERD´S EUCH ALLEN ZEIGEN!"

      Ben schlief kaum noch, as viel zu wenig und trainierte zu viel. Egal was Hakim auch sagte, Ben tat das Gegenteil. Denn nun dachte Ben, dass Hakim nicht mehr sein bestes wollte. Was natürlich nicht der Realität entsprach.

      Das ausschlaggebende Training war nun da. Der Coach kam in die Umkleidekabine, und wünschte allen viel Glück. Es war kein offizielles Spiel, aber für Ben war es das Spiel des Lebens. Während des warm ups, konnte Ben die zwei Männer auf der Tribüne sehen. Einer hatte ein Klemmbrett in der Hand, und er schien sich darauf was zu notieren. Der andere saß daneben, und beobachtete alles was auf dem Spielfeld ablief.

      Nach dem Warm up, spürte Ben einen kurzen Moment der Schwäche. Für einen Augenblick blieb er stehen, weil ihm schwindlig wurde. Als dies aber gleich wieder vorbei war, ging er auf seine Base. Etwas verunsichert von dem kleinen Schwächeanfall, versuchte er sich auf seinen Wurf zu Hakim zu konzentrieren. Der erste Wurf gelang ihm auf Anhieb. Ben sah sofort zur Tribüne. Er wollte wissen wie die Reaktion der beiden Männer war. Aber diese saßen immer noch wie vorher da, und schrieben und beobachteten.

      Als der zweite Catcher dran war, setzte sich Ben auf die Spielerbank. Plötzlich war er wieder da. Ein Schwächeanfall. Nur diesmal war er schlimmer. Er fing an zu schwitzen. Kalter Schweiß wanderte seinen Nacken hoch. Der Kreislauf spielte verrückt. Ben konnte kaum mehr was sehen. Nachdem er auch nichts mehr hören konnte, wurde er bewusstlos. Sein ganzes Team rannte auf den ohnmächtigen Ben zu. Der Coach verschaffte sich Platz, und tätschelte solange sein Gesicht, bis er wieder zu sich kam. Hakim war es, der die Ambulanz verständigte. Ben sah um sich herum, und er sah viele Gesichter die er erst nicht richtig zuordnen konnte.

      Erst als er wieder ganz bei Bewusstsein war, wurde ihm klar was passiert war. In der Zwischenzeit sind die Sanitäter eingetroffen, und bereiteten Ben auf den Transport ins Krankenhaus vor. Ben sah verzweifelt nach links, und dann nach rechts. Als er dann die beiden Männer vom College sah, fing er an zu weinen.

      Während er weinte rief er immer wieder:" Ich kann es besser, es tut mir leid! Ich kann es besser, es tut mir leid! Es tut mir leid."

      Hakim fuhr etwas später ins Krankenhaus, um Ben zu besuchen. Als Hakim das Krankenzimmer betrat, saß Ben auf dem Bett und ließ den Kopf hängen. Irgendwann erhob Ben den Kopf, und sagte schluchzend zu Hakim:

      "Großer Bruder, es tut mir leid wie ich mit dir in letzter Zeit umgegangen bin. Ich war sehr unfair zu dir. Erst jetzt sind mir die Bedeutung deiner Worte bewusst. Kannst du mir bitte nochmal verzeihen?"

      " Ist schon längst geschehen. Doch steck jetzt nicht den Kopf in den Sand. Noch ist nichts verloren. Die Scouts haben noch keine Entscheidung getroffen. Sie haben deinen ersten Wurf gesehen, und der war verdammt gut." , ermutigte Hakim seinen kleinen Bruder.

      "Wirklich?", fragte Ben eher ungläubig.

      "Ja!", versicherte Hakim felsenfest.

      Ben wollte ihm glauben. Auf einmal ging die Tür auf, und das komplette Team samt den Talentsuchern trat ein.

      Ben war sehr überrascht als er fragte: " Wow, was macht ihr denn hier?"

      "Na, ja!", konterte Coach Sax,

      "wenn du bei der Bekanntgabe der Entscheidung nicht bei uns sein kannst, dachten wir, so kommen wir einfach zu dir."

      Ben lachte, und war einfach froh dass sein Team, welches so was wie seine Familie wurde, bei diesem wichtigen Moment da war. Der Mann mit dem Klemmbrett stellte sich in die Mitte des Raumes. Alle verstummten. Es war plötzlich so still in dem Raum, man hätte eine Stecknadel fallen hören können. Alle waren nun auf das Ergebnis gespannt.

      Der Mann mit dem Klemmbrett fing endlich an zu reden.

      " Wir konnten heute beim Training wirklich hervorragende Leistungen sehen. Wir sind vom gesamten Team sehr beeindruckt. Aber wie ihr wisst, können wir nur 5 von euch mitnehmen. Jetzt möchte ich euch nicht mehr länger auf die Folter spannen.

      Ein Stipendium bekommen: Jerry Summers, Tom Landers, Brad Taylor, Chad Barrows, und last but not least......", er machte eine Pause, um die Spannung noch mehr zu steigern.

      " Ben Youngblood! Herzliche Gratulation!"

      Ben hatte es also tatsächlich geschafft. Er wurde für ein Baseballstipendium ausgewählt. Für den frischgebackenen Studenten fühlte sich die ganze Situation so unwirklich an. Er saß fassungslos in seinem Krankenbett, und beobachtete wie aus einer anderen Perspektive, die Geschehnisse die sich um seine Person herum abspielten. Er sah seine Teamkollegen die sich riesig über das Stipendium freuten. Er konnte zwar sehen, wie sie vor Freude im Zimmer herumtanzten, aber er seine Ohren vernahmen keinen einzigen Ton. Sein Körper und auch sein Geist befanden sich in einer Art Schockstarre, welche aber nicht lebensbedrohlich wirkte, sondern eher ein Gefühl von Freiheit in ihm auslöste.

      Nach ein paar Minuten löste sich Ben aus dieser starren fassungslosen Haltung. Nun nahm er auch die Freudenschreie seiner Freunde wahr, die immer noch wie wild durch das Zimmer fegten. Da kam der Moment, in dem Ben begriff dass sein Traum vom Jurastudium nun wahr wird. Plötzlich schrie er auf:

      " OH MEIN GOTT!"

      In diesem Augenblick hielten alle die bisher vor Freude schrieen, weinten und tanzten inne. All ihre geschockten Blicke wandten sich zu Ben. Dieser sah mit Tränen in den Augen seine Freunde an, und sagte dann mit einer sanften Stimme: