administrative Standorte, die einen oder mehrere Plattformmounds aufweisen, lagen an den Eingangsstellen/den “Köpfen“ der größeren Kanalsysteme, wie u.a. die Standorte von Pueblo Grande, Mesa Grande, Plaza Tempe und Tres Pueblos. Von dieser Stelle aus kontrollierten diese Standorte bzw. dort ansässige Personen den Fluss des Wassers in den Hauptkanälen und organisierten wahrscheinlich die notwendige jährliche Instandsetzungsarbeit an den Wehren und oberen Schleusentoren. Entsprechend dem Abstand der „verwaltungstechnisch“ maßgeblichen Dörfer waren dann auch die in diesen Dörfern errichteten Plattformmounds entlang der Kanäle in regelmäßigen Abständen von 4,8 km errichtet worden und können sekundäre Zentren dargestellt haben, die kürzere Abschnitte entlang des Kanalsystems kontrollierten.
Man vermutet, dass bestimmte „Führungspersonen“ der Hohokam-Gesellschaft auf der Oberseite einiger Plattformmounds permanent oder zeitweise lebten. Leider sind sehr wenige archäologische Ausgrabungen von Plattformmounds durchgeführt und publiziert worden. Die Aussagen zu dieser Frage sind deshalb spärlich und oft spekulativ.
Die Auflassung der Ballspielplätze zwischen 1150 und 1200 u.Z. und die zunehmende Bedeutung der Plattformmounds ab Mitte der Klassischen Periode (ca. 1250/1300 u.Z.) zeigt, dass diese in ihrer Ausrichtung und ihrer Funktion ein stärkeres religiös-spirituelles Gewicht bekamen (auch Nutzung für astronomische Zwecke). Ein Teil der Mounds lag aber weit abseits von Bewässerungskanälen. Sie hatten also keine kanalgebundenen Aufgaben und waren aufgrund ihrer Größe auch für die Errichtung von Spezialbauten ungeeignet, was letztendlich ihre spezielle religiöse Rolle stützen würde.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass jedes Flusstal ein oder mehrere durch Wasserläufe und den Pflanzenwuchs markierte hydraulische Layouts aufweist, die entsprechend dem menschlichen Bedarf und Vermögen durch Kanäle gestaltet und verstärkt wurden. Jeder dieser menschlich produktiv nutzbaren Layout-Bereiche enthielt einen oder mehrere Kanäle mit einem gemeinsamen oberen Schleusentorstandort und den bewässerbaren Feldflächen und Niederlassungen, die sich entlang der Kanalstrecken ausbreiteten und verteilten. Eindeutig arbeiteten die Bodenbauer in jedem Kanalsystem mit einander zusammen, um ihre Bewässerungseinrichtungen zu nutzen und zu unterhalten.
Die Hohokam bauten große und gut durchdachte Kanalsysteme und entwickelten eine produktive Bodenbauer-Gesellschaft, die viele Jahrhunderte existierte. Ihre Ergebnisse in der Bewässerungstechnik zählen zu den beeindruckendsten, die jemals mit Hilfe einer vorindustriellen Technologie erbaut worden sind. Es ist wahrscheinlich, dass beim allmählichen Aufbau und dem Betreiben des Kanalsystems eine religiöse und/oder säkulare, aber sehr flache Hierarchie entstand. Die architektonische Anordnung der Plattformmounds in der klassischen Zeit betont die Abtrennung und Isolierung von dort ausgeführten Aktivitäten. Dies deutet die Notwendigkeit einer Informationskontrolle mit dem Wunsch an, ihre Zugänglichkeit einzuschränken und möglicherweise auch eine Verschwiegenheit zu gewährleisten. Die Standorte mit Plattformmounds scheinen als mögliche zeremonielle und/oder administrative Zentren gedient zu haben. Auf jeden Fall spielten Kanal-„Kopf“-Standorte wie Pueblo Grande entscheidende Rollen im Bau, in der Organisation und im Betrieb der Hohokam-Kanalsysteme. Die Bedeutung der kanalaufwärts befindlichen Plattformmounds war vermutlich geringer als die der einlaufnahen Niederlassungen. Aber auch Dörfer der nonriverinen Hohokam hatten Plattformmounds.
Die Hohokam-Kanäle waren in einer für solche Anlagen meist sehr günstigen flachen Landschaft angelegt worden. Das oft bemühte „Ingenieurwissen“ der Kanalbauspezialisten beruhte auf langjährigen Erfahrungen und einer sehr aufmerksamen und gründlichen Naturbeobachtung ihres Aktionsraumes. In einer flachen Landschaft mit regelmäßigen – auch quantitativ unterschiedlichen – Überschwemmungen markiert die Vegetation Wachstumsgunsträume unterschiedlicher Qualität (Bodenqualität, Mächtigkeit des Grundwasserleiters, Höhe des Grundwasserspiegels). Diesen Sachverhalt nutzten und förderten die Hohokam durch den anfänglich sicher sehr geringen und/oder nur an sehr wenigen Stellen betriebenen Kanalbau. Aus dieser günstigen Situation heraus gewannen sie Schritt für Schritt technische und ökologische Erfahrungen, deren späteres Ergebnis von den heutigen Archäologen freigelegt wurde. Aber auch diese Anlagen geben trotz ihrer Größe nur sehr begrenzte Einblicke in das Leben der Hohokam. Sie haben aus einer ökologisch günstigen Chance eine beeindruckende Flusstalkultur geschaffen.
3.1.6.3. Die Wasserreservoire
Hohokam-Menschen erbauten und nutzten auch Wasserreservoire. Neben kleinen Anlagen im Bereich der riverinen Niederlassungen - teilweise mit Kanalanschluss - wurden auch große Reservoire in den flussfernen Trockengebieten angelegt. Der Kenntnisnahme und der wissenschaftlichen Erkundung letzterer wird aber erst in jüngerer Zeit verstärkt Aufmerksamkeit geschenkt, obwohl der Sachverhalt der Existenz solcher Anlagen bereits sehr lange bekannt ist, aber Archäologen haben auch nur begrenzte finanzielle Mittel zur Erfüllung ihrer wissenschaftlichen Neugier.
Diese ganzjährig Wasser liefernden Reservoire waren die primäre Lebensbasis für die Errichtung und den Erhalt von dauerhaften Niederlassungen mit Feldern und Bodenbauaktivitäten. Diese Dörfer stellten praktisch Oasen im Trockengebiet dar. Ein Teil dieser Oasendörfer – große Niederlassungen mit Plattformmounds, zahlreichen Adobe-Behausungen, Abfallhaufen und ausgedehnten bodenbauerisch genutzten Flächen – entstand nach 1100 u.Z. und belegt den Drang oder Zwang, bis dato marginale Flächen dem Bodenbau zu erschließen. Solche Anlagen und Siedlungen lagen im Wüstenbereich zwischen dem Tucson- und dem Phoenix-Becken sowie im Bereich des Santa Rosa Wash.
Es gab jedoch im Bereich des Organ Pipe National Monument bereits ältere, aber offensichtlich nur temporär genutzte kleine Niederlassungen aus der Zeit von 775 bis 975 u.Z., die als Camps auf einer Hohokam-Beschaffungsroute für Muschelschalen von der Küste des Golfes von Kalifornien interpretiert wurden. In diesen Campstätten wurde Red-on-Buff Keramik aus dem Phoenix-Becken gefunden. Diese Niederlassungen wurden wahrscheinlich sukzessiv permanent bewohnt und erfuhren in der Klassischen Periode (1150 bis 1400 u.Z.) eine Zunahme der Bevölkerungsanzahl und eine größere Veränderung im Hohokam Niederlassungsmuster. Es entstanden größere Gemeinschaften. Eine dieser Hohokam-Gemeinden bestand z.B. aus einer Dorfanlage, die mit dem Reservoir, den Abfallhügeln, den Röstgruben und den Grubenhäusern (Haus in der Grube) eine Fläche von 105 ha bedeckte. Dieses Dorf wurde von einer Anzahl von kleineren Dörfern umgeben, von denen eines einen Kanal hatte, zu dessen möglicher Funktion keine Aussage vorliegt. Im Gegensatz zu Hohokam-Standorten der klassischen Zeit in anderen Bereichen gibt es in der Organ Pipe Region keine Beweise für übertägige Adobebauwerke, Plattformmounds oder Compounds. Während der klassischen Zeit erloschen die Interaktionen dieser Dörfer mit dem Phoenix-Becken und die Verbindungen zum Tuscon-Becken verstärkten sich.
Es ist anzunehmen (Aussagen liegen dazu nicht vor!), dass die ersten Oasennutzungen durch die Hohokam an natürlichen Bodeneinsenkungen entstanden, die durch wasserführende Schichten permanent mit Wasser versorgt wurden, wobei der Wasserspiegel entsprechend der Verdunstung und dem Grundwasserzustrom schwankte. Das Vorhandensein von aquatischer Fauna und von Pollen spezieller Pflanzen wasserreicher Gebiete deuten an, dass diese Teiche oder kleinen Seen Rückstandsräume wasserreicherer Zeiten waren. Die Nutzung dieser Orte durch schweifende Menschengruppen ist eine natürliche Erscheinung. Dass solche Orte von den erd- und wasserbauerfahrenen Hohokam eventuell technisch erweitert oder gestaltet wurden und, initiiert von solchen natürlichen Oasenräumen, an günstigen Orten neue Einsenkungen bis zu erreichbaren wasserführenden Schichten einschließlich von Erfassungsanlagen zum Auffangen von abfließendem Oberflächenwasser gegraben wurden, ist dann nur eine logische Schlussfolgerung. Die Anlage der Dämme ist im Wesentlichen nur eine Aufhäufung des ausgehobenen Erdmaterials. Inwieweit wenigstens der Dammfuß aus wasserstauendem bindigen Boden bestand oder eine solche Außenschicht als Versickerungsschutz bekommen hatte, ist mangels konkreter Angaben nicht zu beantworten. Die Dämme und ihr wahrscheinlich geförderter Bewuchs haben aber sicher als Windschutz dämpfend auf die windgeförderte Verdunstung gewirkt. Reservoire, die nur vom aufgefangenen Oberflächenwasser hätten existieren wollen, wären unter den Bedingungen der Sonora-Wüste ohne Grundwasserzufluss nicht ganzjährig wirksam gewesen. Die Nutzung wie auch der Bau und die Erweiterung solcher wasserspendenden Anlagen lag im Erfahrungsschatz der Hohokam. Die