Werner-Wolf Turski

Die Pueblo-Kulturen


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Bedingungen ab.

      3.1.6.4. Die Ballspielplätze (750/775 bis 1150/1250 u.Z.)

      Ein Kennzeichen der Hohokam-Kultur sind spezielle Erdbauanlagen: eingetiefte Zeremonialplazas. Sie bestanden aus einer eingemuldeten ovalen bis elliptischen Fläche, deren Erdaushubmassen – analog dem Kanalbau – zu mehr oder minder hohen flachen seitlichen Begrenzungswällen aufgehäuft wurden, die sich an den „spitzen“ Enden des Ovals aber nicht berührten. Im Gebiet zwischen Tucson und Flagstaff wurden bis jetzt mehr als 250 solcher Anlagen in 160 größeren Wohnstandorten entdeckt. 40% der gefundenen und als „Ballspielplätze“ bezeichneten Anlagen liegen im Phoenixbecken. Diese Plätze sind aber über das gesamte Hohokam-Gebiet verteilt. Davon sind bis jetzt nur wenige ausgegraben und erforscht worden. Die Gesamtzahl liegt aber noch höher, da z.B. die entsprechenden – mindestens 8 – Anlagen aus dem nördlichsten zeitweise von den Hohokam bewohnten Gebieten im Wupatki-Becken hier noch nicht mit erfasst wurden. Im Wupatki-Becken wurden Ballspielplätze erst nach 1070 u.Z. von den eingewanderten Hohokam errichtet, deren Nutzung spätestens bis 1300 u.Z. mit dem Verlassen dieser Niederlassungen eingestellt wurde. An Hand der wenigen erforschten Anlagen dieser Art ergeben sich folgende Aussagen:

      Ca. 206 Ballspielplätze wurden hauptsächlich zwischen 750 und 1000 u.Z. benutzt. Zwischen 1150 und 1250 u.Z. erlosch die rituelle und säkulare Rolle dieser Plätze und die Aktivitäten auf ihnen und in ihrer Umgebung erloschen ebenfalls. Eine Ausnahme stellt nur die relativ isolierte, nördlichste Gruppe von Ballspielplätzen im Bereich von Wupatki auf dem Colorado Plateau dar. Im Süden wurden nach 1250 u.Z. wahrscheinlich keine Ballspielplätze mehr gebaut. Die Konzentration der Ballspielplätze lag im Phoenix- und im Tucson-Becken.

      Die meisten hatten eine Umwallung aus Erdstoffen, es gab aber auch Umwallungen aus Gesteinsbrocken, die an den Außenseiten der Aufwallung mauerartig gestapelt waren (z.B. in der Rock Ball Court Site) und auch wenigstens eine Anlage (in Wupatki), deren Umfassung aus einem Gesteinsmauerring mit Erdhinterfüllung bestand. Der einzige im Mogollon-Gebiet errichtete Hohokam-Ballspielplatz aus der Zeit zwischen 1000 und 1150 u.Z. befindet sich in der Stove Canyon Site in der Nähe des Point of Pines Pueblos und war durch eine große ovale Eintiefung gekennzeichnet, die von einer größeren Anzahl von großen Basaltblöcken umgeben war. Die Längsachse des Platzes hatte eine grundsätzliche Nord-Süd-Orientierung. Die Eintiefung beträgt ca. 0,5 m unter die ursprüngliche Erdoberfläche. Der Boden der Eintiefung besteht aus geglättetem weißgelbem Lavazersatz des weichen, verwitterten oberen Teils eines natürlichen Felsuntergrundes. Die Grabarbeit war für die Erbauer kein nennenswertes Problem, ihre Grubenhäuser waren auch in diese Schicht eingetieft worden. Alle Umgebungsartefakte deuten auf einen starken Hohokam-Einfluss. Es ist anzunehmen, dass die Verwendung dieser unterschiedlichen Materialien keiner speziellen Idee, sondern einer Anpassung an die lokalen geologischen Bedingungen und/oder traditionellen Baumethoden mit Steineinsatz geschuldet war.

      Die Spielfläche der „Ballspielplätze“ war geglättet, mit Caliche überzogen/versiegelt (ggf. bis in die Caliche-Schicht gegraben) und stellte eine flache, symmetrische, konkave, schüsselförmige Muldenoberfläche dar, die sich leicht aufwärts zu den Kanten des Platzes hinaufzog und dann relativ steil an den Aufschüttungen anstieg. An jedem Ende des „Ballspielplatzes“ waren sich verengende Öffnungen in der Umwallung freigelassen, die als „Tore“ gedient haben könnten, in die die Spieler möglicherweise die Gummi- oder Steinbälle zu platzieren hatten, oder als eine flache Rampe, durch die die RitualteilnehmerInnen den Innenraum betraten. Im nordwestlichen Ballspielplatz von Pueblo Grande waren Steinmarken in den Boden ungefähr in der Mitte des Platzes vor den möglichen „Toren“ eingelassen, um evtl. mögliche Spielzonen (?) zu markieren. Es gab aber auch ein Beispiel mit einer Markierung aus aufrecht stehenden Pfosten.

      Die Hohokam-Ballspielplätze waren unterschiedlich in ihrer Größe und hatten eine durchschnittliche Länge von 24,5 bis 35 m und eine Breite von 15 m. Die Aufwallungen waren meist bis 3 m hoch. Die Vertiefungen erreichten im Maximum 2,44 bis 3,66 m, die geglättete Freifläche des Platzes lag bei 630 bis 840 m². Der größte aufgefundene Ballspielplatz liegt in Snaketown, 32 km südlich von Pueblo Grande. Er hat die Form einer ovalen Schüssel, geformt von zwei parallelen Aufschüttungen. Die Erdwälle sind etwa 60 m lang und 33 m weit auseinander. Die Seitenwallhöhe misst 2,5 m. Die Seitendämme trafen sich nicht an den Enden, sie liefen am Boden aus. Die eigentliche Spielfläche wies eine Länge von 55 m und eine Breite von 19 m (= 1045 m²) auf. In Snaketown wurden Gummibälle ähnlich denen von Mesoamerika gefunden, allerdings nicht im Kontext des Ballspielplatzes.

      Unstrittig ist im Allgemeinen, dass diese Orte von lokaler und überregionaler spiritueller Bedeutung waren und sakralen und gegebenenfalls auch säkularen Zeremonien und Aufgaben dienten. Die von Mesoamerika und durch zweifellos vorhandene materielle und ideelle Kontakte der Hohokam nach Mesomerika inspirierte archäologische Bezeichnung „Ballspielplatz“ ist als Absolutum in den Literaturquellen festgeschrieben und in weiteren Ausarbeitungen sprachlich wegen seiner Knappheit kaum noch zu vermeiden. Die Bezeichnung „Ballspielplatz“ ist aber mit hoher Wahrscheinlichkeit eine extreme Verknappung nur einer möglichen ursprünglichen Funktion, wenn nicht gar eine Fehlinterpretation dieser Anlage. Trotzdem wird im Weiteren - mangels einer besseren Bezeichnung - mit diesem Begriff gearbeitet werden.

      Die ursprüngliche Bautechnologie ist meistens analog den Arbeitsgängen beim Kanalbau. (In Wupatki, wo der Ballspielplatz erst zwischen 1120 und 1200 u.Z., also gegen Ende der Ära des Baues und der Nutzung dieser Anlagen, entstand, ist dies aber nicht der Fall. Hier wirkte offensichtlich der Einfluss der Anasazi mit der Errichtung von Steinmauern beim Pueblobau.) Diese Bauweise würde die Anlage primär als eine spirituell umgewandelte, spezifische Form eines Kanals oder als eines Wasserreservoires/Brunnen darstellen. Selbst die Interpretation dieser Anlagenform als eine Erdvulva, die die befruchtende Himmelsflüssigkeit in ihrer wasserdichten Einmuldung auffängt und für eine bestimmte Zeit entsprechend der vorhandenen Wassermenge und den Verdunstungsbedingungen aufbewahrt, hat angesichts der zur „Geburtsstunde“ (ab 750/775 u.Z.) dieser Anlagen sicher noch bestehenden starken weibbezogenen Spiritualität eine gewisse Plausibilität. Es gab auch die - allerdings strikt abgelehnte - Bezeichnung „Badeanstalt“ für die bauliche Anlage. Ob die gefundenen „Spielfeldmarkierungen“ (in den verputzten Boden eingelassene Steine) für die direkte Durchführung einer Zeremonie oder als eine Marke für einen niederschlagsabhängigen Wasserstand in der Mulde dienten, ist nur spekulativ zu beantworten. Als sicher ist anzunehmen, dass die auf dem „Ballspielplatz“ zu bestimmten Terminen, die durch astronomische und/oder klimatische Ereignisse bestimmt wurden, von Weibern und/oder Männern durchgeführten Zeremonien im Wesentlichen der Fruchtbarkeit und dem Wasser galten. Es ist auch zu vermuten, dass sich der Charakter der dort vollzogenen Zeremonien und/oder die natürlichen und gesellschaftlichen Lebensbedingungen im Laufe der Jahrhunderte so veränderten, dass diese Anlagen im Zeitraum 1150/1250 u.Z. - nach knapp 500 Jahren - ihre spirituelle und soziale Bedeutung verloren und nicht mehr genutzt wurden. Dies deutet auf einen Wandel in der Spiritualität und in der Zeremonialität, verbunden mit gesellschaftlichen Veränderungen hin (Patriarchalisierung, Hierarchisierung?). Die gesellschaftliche Rolle der Ballspielplätze wurde durch die, wenigstens teilweise mit Adobebauten bestückten, Plattformmounds ersetzt. Die Anzahl dieser Mounds war – allerdings auch durch die Reduzierung der Anzahl der Niederlassungsplätze - weit geringer als die der Ballspielplätze.

      Dieser Übergang ist bei der großen Stätte Pueblo Grande im Phoenix Bereich gut zu erkennen. Der nordwestliche Ballspielplatz von Pueblo Grande ist der einzige freigelegte dieser Stätte, die wahrscheinlich 2 bis 3 solcher Anlagen enthielt. Der größte Ballspielplatz wurde während der Siedlungsentstehung/-ausbreitung des heutigen Phoenix überbauend zerstört. Der nordwestliche Ballspielplatz wurde um 950/1000 u.Z. erbaut, ist relativ klein (25 x 11,5 m) und hat eine Nord-Süd-Orientierung. Um 1100 u.Z. gab es zwei kleine Mounds ca. 200 m südlich des Ballspielplatzes, die später - um 1200 u.Z. - durch Überbauung in dem großen Plattformmound von Pueblo Grande aufgegangen sind. Um 1200 u.Z. wurde der Ballspielplatz aufgegeben und nur noch als Abfallplatz genutzt. Der große, rechteckige Mound wurde zum Zentrum der Siedlung, die im Durchmesser 1,6 km maß.