Werner-Wolf Turski

Die Pueblo-Kulturen


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als auch auf gestalterischem Gebiet. Die Handwerksprodukte erreichten ihre ausgefeiltesten Formen der Hohokam-Kultur. Die Dekors der Tongefäße, die in der Santa Cruz Phase (850 - 950/975 u.Z.) entstanden, wiesen die größte Formenvielfalt und den ausgeprägtesten Detailreichtum aller Töpferwaren der Hohokam-Zeit auf. Die Hohokam erweiterten ihre Verwendung der importierten Molluskenschalen. Sie schnitten und schliffen Schalen und Schalenstücke zu Perlen, Armreifen und Anhängern, die sie oft als stilisierte Vögel, Reptilien und Tiere ausformten. Sie verwendeten diese Schalen auch als Unterlage für kompliziert gestaltete Mosaike.

      Sie fertigten speziell als Grabbeigaben lange, schlanke und mit Widerhaken versehene Pfeilspitzen. Sie verarbeiteten plattige Schieferstücke zu Farbpaletten mit fein geschliffenen Randbereichen, manchmal auch mit Darstellungen von Menschen oder Tierfiguren. Sie gestalteten - hauptsächlich als Bestattungsopfer - Steinschalen in der Form von Tieren, Vögeln und Reptilien. Zunehmend verwendeten sie keramische Gefäße als Malfläche, um Abbildungen von Tänzern, Lastträgern, Vögeln und vielen anderen Motiven aufzutragen. Sie formten realistischere Lehmfigurinen, indem sie dem Grundkörper Lehmstücke hinzufügten, um u.a. Kleidung darzustellen und bemalten sie mit roten und schwarzen Mustern, um offensichtlich Tätowierungen oder ähnlichen Körperschmuck anzuzeigen.

      Die Hohokam erhielten aus Mesoamerika Mosaik-Spiegel, bei denen sorgfältig geschnittene Pyritkristalle in eine haftende Matrix eingesetzt worden waren. Die erhöhte Anzahl und Vielfalt der exotischen Gegenstände gegen Ende dieser Periode gilt als Beleg für den Anstieg und den Umfang von Interaktionen zwischen den Hohokam und den umliegenden Gruppen, speziell auch zu solchen, die mit Mesoamerika in Kontakt standen.

      In der dritten Zeitperiode, der Zeit der Sesshaftigkeit/Konsolidierung (sedentary period) von ca. 900/975 bis 1100/1150 u.Z. verlangsamte sich das Tempo der Expansion der Hohokam-Kultur, wobei sie weiterhin neues bodenbauerisch nutzbares Land, unter anderem am südwestlichen Rand des Colorado Plateaus, besiedelten, wo sie die nach dem Vulkanausbruchs des Sunset Craters (1064/65 u.Z.) entstandenen Aschenflächen nutzten. Sie fuhren fort, Dörfer mit zentralen Plazas zu bauen. Sie bauten Hütten, die etwas länger waren als die sonst ähnlichen aus den früheren Perioden, errichteten verstärkt Ballspielplätze - Beweise deren gestiegener Bedeutung im rituellen Bereich der Hohokam-Kultur - und auch Plattformmounds. Aus dieser Zeit gibt es keine mit Schlamm versiegelten Abfallhaufen mehr, sondern nur noch bewusst/geplant gebaute Plattformmounds, bei denen sehr oft der übliche Abfall als Füllmaterial mit genutzt wurde. Dieser planmäßige Bau zeigt offensichtlich die steigende Bedeutung auch dieser Gemeinschaftsbauwerke. Während dieser Periode wurden erstmals pfostenverstärkte Adobewände um die Plattformmounds errichtet. Diese Bauten waren offensichtlich die Vorläufer der späteren Compound-Bauwerke. Außerdem erschienen erstmals in dieser Zeit Hausgruppen und deuten möglicherweise die ersten Spuren einer Sozialstruktur an, die stärker differenziert war als die vorher nur ansatzweise bestehende. Sie investierten zunehmend größere Arbeitsleistungen in den Bodenbau, in dem sie zur Erweiterung der Anbauflächen bestehende Kanalsysteme lateral erweiterten und neue anlegten. Neue Kultigene wie Amarant wurden angebaut. Zumindest im Kernbereich der Kultur sank der Anteil der Nahrungsstoffe, die über Jagd und Sammelaktivitäten erlangt wurden. Wahrscheinlich waren durch die höher gewordene Bevölkerungsdichte diese Ressourcen auch absolut stark zurückgegangen.

      Die Hohokam-Handwerker begannen mit neuen Arbeitsmethoden zu experimentieren, besonders mit der Bemalung und der Säureätzung von Meeresmuschelschalen aus dem Golf von Kalifornien und der Pazifikküste. Die Töpferinnen fertigten immer noch viele Arten von kleinen dickwandigen Gefäßen, Tierfiguren und Standgefäßen. Aber ihre aufgemalten Dekors wandten sich von gegenständlichen Lebensformen mehr den geometrischen Mustern zu, die teilweise extrem kompliziert wurden. Sie begannen auch eine Massenproduktion von rot dekorierten Tonwaren (Red-on-Buff ware), die wahrscheinlich bei Interaktionen eine große Rolle spielten. Sie stellten auch kleine handgeformte Köpfe her, die wahrscheinlich für eventuell rituell genutzte Puppen/Figuren mit einem Faser- oder Textilkörper vorgesehen waren. Insgesamt sank aber das technische und künstlerische Niveau der Gestaltung von Steinbildnissen und Paletten ab.

      Die Zeit gegen Ende der dritten Periode (um 1100/1150 u.Z.) ist ab ca. 1100 u.Z. (Übergang von der Sesshaftigkeitszeit zur Klassischen Zeit) vom Verlassen vieler Stätten und von der Gründung neuer Siedlungsorte und sowie einer offensichtlichen Stagnation bzw. einem Rückgang der Hohokam-Besiedlung in den Randgebieten ihres bisherigen Kulturbereiches charakterisiert. Inwieweit Dürreerscheinungen hierbei mitwirkten, ist nicht eindeutig zu beantworten, da keine baumringgestützten Daten existieren. Es ist lediglich bekannt, dass der Salt River, einer der Hauptzuflüsse im Hohokam-Gebiet, zwischen 1150 und 1200 u.Z. einen sehr niedrigen Wasserstand aufwies, sicher ein Indiz für einen längeren „Einbruch“ im großregionalen Niederschlagsgeschehen.

      Die Hohokam wurden von der Welle der Transformationen und Wanderungen betroffen, die die Menschen und Kulturen zu dieser Zeit überall im Südwesten und Nordmexiko berührten (z.B. klimabedingter Ausklang des Chaco-Phänomens). In einigen Gebieten mag dies auf die Wirksamkeit sich verändernder Allianzen zwischen den Hohokam-Gruppen in den peripheren Gebieten zurückzuführen sein, aber an anderen Plätzen ist ersichtlich, dass die Gemeinschaften sich in die zentrale Salt-Gila-Region zurückzogen, z.B. bis 1150 u.Z. aus dem Tonto Becken.

      Als Resultat dessen konzentrierte sich die Hohokam-Bevölkerung in einer geringeren Anzahl größerer Niederlassungsorte im Gebiet des Salt-Gila-Beckens und konzentrierte sich in einem territorial mehr kompakten Gebiet, dass dem nach Westen erweiterten Kerngebiet der Pionierzeit entsprach. Da sich die Gründe dieser Bewegung einer archäologischen Beweisführung verschließen, gibt es für mehr oder minder analog begründete spekulative oder hypothetische Betrachtungen einen breiten Raum. Pauschal werden Witterungs- und Klimafaktoren mit negativen Auswirkungen auf die Nahrungsstoffproduktion und daraus entspringender ressourcengebundener und gesellschaftlicher Stress mit allen seinen Folgen angenommen. Auch eine durch Klimaeinflüsse ausgelöste Anazasi-Immigration (1130 – 1150 u.Z. Kollaps der Chaco-Kultur) und intensivere (?) mesoamerikanische Einflüsse sind im Gespräch. Ob die Gesamtpopulation in dieser Zeit anwuchs oder sich verminderte, ist ebenfalls noch ein Gegenstand der wissenschaftlichen Debatte.

      Im Übergang von der Sesshaftigkeits- zur Klassischen Periode erschien eine neue Art eines von Mauern umgebenen Dorfes oder Dorfteiles. Diese Niederlassungen wurden auf Hügelkuppen angelegt, was von Archäologen als Indiz für eine Defensivsituation interpretiert wird, aber auch andere Ursachen haben kann. Eines dieser von Mauern umgebenen Dörfer ist die Sears-Kay Ruin (1050 bis 1200 u.Z.) nordöstlich von Scottsdale im Tonto National Forest. Gipfeldörfer sind in vielen Bereichen gefunden worden. Dies ist eines einer ganzen Reihe nördlich des Phoenix-Beckens in den Bergen. In den architektonischen Belegen erscheinen die Anasazi- und Mogollon-Einflüsse stärker als die der Hohokam.

      Dieser begonnene große Wandel setzte sich fort und wirkte in der vierten, der sogenannten klassischen Periode von 1100/1150 bis 1350/1450 u.Z. der Hohokam-Zeit. Vertraute Hohokam Eigenschaften aus früheren Zeiten änderten sich dramatisch oder verschwanden. Diese Änderungen können in der Architektur, den Tonwaren, den Bestattungssitten, den Kanalsystemen und in der Verteilung der Bevölkerung gesehen werden. Es wurden keine neuen Ballspielplätze gebaut und die vorhandenen wurden bis 1200 u.Z. aufgelassen. Die Plattformmounds - einige später mit Großhäusern besetzt - wurden nach den Kanälen die wichtigsten öffentlichen Bauten. Obwohl die Hohokam Jahrhunderte lang ihre Toten einäscherten, wurden in der klassischen Zeit die Körperbegräbnisse häufiger. Dies zeigt sich verändernde Sitten und/oder den wachsenden Einfluss von anderen Kulturen. Eine zahlenmäßig kleine religiöse oder soziale Elite kann sich in dieser Periode gebildet haben. Die prominenten Personen und/ oder Clans lebten in den Compounds um die Plattformmounds und hatten zeremoniell spezielle Begräbnisse für ihre Toten.

      Die Hohokam erbauten weiterhin an den Flussufern neue, größere und stärker konzentrierte Niederlassungen mit einer Flächengröße von bis zu 1,3 km². Während die meisten Dorfbewohner weiterhin in ihren traditionellen, flach eingetieften Grubenhäusern aus lehmverputzten Stämmen und Buschwerk wohnten, begann ein Teil von