Werner-Wolf Turski

Die Pueblo-Kulturen


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Salado-Kultur zu erkennen. Sie begannen neue Arten des Wandaufbaus zu nutzen, u.a. Adobewände mit zur Verstärkung eingebauten Holzpfosten. Weitere neue Formen des Baus waren Häuser mit Wänden aus freistehenden Adobesetzungen, nachverstärkten Caliche-Wänden mit Adobeausfütterungen, freistehende geschichtete Caliche-Bauten und Pueblowänden aus geschichtetem Adobe. Diese übertägigen Räume bestanden manchmal schon aus einer Anzahl zusammenhängender Räume. Solche von den Archäologen als Compound (Baukomplex) bezeichnete Siedlungsstätten waren mit massiven, bis 2,1 m hohen Adobe-Umfassungsmauern (compound wall) umgeben, die dann nur noch über Leitern oder durch ein einzelnes Tor betreten werden konnten.

      In der Endphase der klassischen Zeit ab 1300 u.Z. waren die auf meist über 2 m hohen Plattformmounds errichteten mehretagigen „Großhäuser“ (insgesamt 7 bis 8 Stück in der gesamten Klassik-Region und -zeit) mit Basiswandstärken von über 1,8 m die eindrucksvollsten Hausbauwerke der Hohokam-Kultur. Die Großhäuser standen in Compounds, aber nicht jeder Compound hatte ein eigenes Großhaus. Im Allgemeinen sind die Bauten dieser Zeit größer als die aus den vergangenen Perioden. Obwohl solche Veränderungen eine ziemliche Zeit benötigten, bis ihre Auswirkungen sich bei den Außengruppen der Hohokam widerspiegelten, zeigt die Kontinuität bei Keramik und Bauweise, dass diese Wechsel sich indigen entwickelten.

      Mit dem Beginn der Klassischen Periode wurden Plattformmounds die wesentlichen öffentlichen Bauwerke und wurden auch oft umgebaut und mit abschließenden Adobemauern umgeben. In den Bereich zwischen der Umfassungsmauer und dem Plattformmound wurden zunehmend Adobebauten platziert. Auch die Plattformen der Mounds dienten als Unterbau für Adobebauten, die über die Zeit öfter umgebaut wurden. In der engeren Umgebung des Mound-Compounds waren meist weitere einfache Compounds angelegt.

      Der Wechsel in den öffentlichen Bauten reflektiert wahrscheinlich einen Wandel in der sozialpolitischen Organisation der Hohokam-Gesellschaft und zeigt, dass sich während der Klassischen Periode hierarchische Beziehungen innerhalb und zwischen den Kommunen entwickelten. Seit 1200 u.Z. wurden im Gebiet der klassischen Hohokam-Kultur keine Ballspielplätze mehr gebaut und/oder betrieben, die Plattformmounds mit ihren Aufbauten, wie den Großhäusern, und Umgebungsbauten erhielten ein höheres säkulares und spirituelles Gewicht. Die nach 1150/1200 u.Z. einsetzende Veränderung wird u.a. auf eine Einwanderung oder Beeinflussung von Menschen der östlich im Tonto Becken unter Anasazi- und Mogollon-Einfluss entstehenden Salado-Kultur in das Hohokam-Gebiet zurückgeführt. Es gibt aus dieser Zeit im Hohokam-Gebiet keine Beweise gewaltsamer Auseinandersetzungen, so dass die hypothetische Einwanderung von Menschen der Salado-Kultur und die anschließende Fusion mit den Neulingen anscheinend friedlich verlief. Die kulturellen Veränderungen und Wanderungen von Bevölkerungsgruppen sind auch im Kontext der Völkerbewegung uto-aztekisch sprechender Menschen aus dem Südwesten nach Mesoamerika zu sehen.

      Die Umbruchsituation stimulierte eine Bevölkerungskonzentration, eine neue Bauweise, eine neue Architektur und neue landwirtschaftliche Bestrebungen, jedoch immer noch auf der Hohokam-Tradition aufbauend. Sie erweiterten - neben der Auflassung von Kanälen - einige Kanalsysteme und nutzten auch die Flutwasserbewässerung. Der Trockenbodenbau, u.a. die Gestaltung von Terrassenbauten, wurde ebenfalls im breiteren Maße praktiziert.

      Während der Klassischen Zeit gab es mehrere Male Großüberschwemmungen, die die ausgedehnten Kanalsysteme schädigten. 1358 u.Z. gab es das höchste Hochwasser seit 450 Jahren. Man schätzte ein, dass es ein oder zwei Jahre dauerte, um ein Kanalsystem nach einem größeren Flutschaden zu reparieren. Solche Schäden waren vor allem für die Dörfer am Ende der Kanäle katastrophal. Die Überschwemmung von 1358 u.Z. kann dazu geführt haben, dass die meisten Kanalsysteme am Salt River zerstört und unbrauchbar wurden, so dass einige Dörfer kein Wasser mehr erhielten und die Bevölkerung wegzog, um an anderen Orten weiter leben zu können. Es gibt aus dieser Zeit Beweise für eine Rekonstruktion oder eines Umbaus von Kanälen.

      Die Interaktionen verminderten sich in der Klassischen Periode. Die keramisch belegbaren Aktivitäten waren weitgehend auf den Bereich des Kanalsystems begrenzt. Die Hohokam-Kultur regionalisierte sich, verstärkt ab 1300/1350 u.Z., nach Kanalnetzbereichen und in den einzelnen flussfernen Gebieten - ggf. mit eigenen mehr oder minder hierarchischen Strukturen auf der Basis von speziellen Religionsbünden/Bruderschaften. Einige Gegenstände wie Muscheln, polychrome Salado-Gefäße, Steinrohmaterial und Kupferglöckchen gelangten noch in das Phoenix-Becken und in die peripheren Bereiche. Viele rituell früher genutzte Artefakte wie Räuchergefäße, Steinschüsseln und Paletten wurden in dieser Periode nicht mehr gefertigt.

      Abschließend ist festzustellen, dass die klassische Zeit ungeachtet großer baulicher Leistungen und einer wahrscheinlichen Hierarchisierung der Gesellschaft eine kulturell degressive Zeit ist, die die Umweltprobleme und die daraus entspringenden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Konflikte immer weniger bewältigen konnte und letztendlich kollabierte.

      Zwischen 1400 und 1450 u.Z. verließen die Hohokam ebenso wie die Pueblo-Menschen im Südwesten und in Nordmexiko ihre Gemeinden und Heimstätten. Vielleicht zogen sie zum Überleben in die benachbarten Regionen oder in neu errichtete kleine Niederlassungen. Einige Menschen könnten auch zurückgeblieben sein, aber sie gaben ihre vielgestaltige materielle Kultur, ihr technologisches Wissen und ihre handwerklichen Fähigkeiten auf, da diese keinen Beitrag mehr zum Überleben erbrachten. Es begann die Formierung der Pima und Papago-Stämme, mit denen im 16. Jahrhundert die spanischen Entradas in Südarizona zusammentrafen.

      3.1.5. Die Subsistenzwirtschaft (Jagd, Sammeln, Ernten, Bodenbau)

      Die Hohokam vollzogen einen sehr allmählichen Übergang von der aneignenden Jäger- und Sammlerwirtschaft und der Tradition der Erntevölker zur produzierenden Wirtschaft der Bodenbauer. Da der erfolgreiche, den Bedarf an Nahrungsstoffen mehr oder minder deckende Bodenbau sehr stark von der Wasserführung der Flussläufe, damit deren Überschwemmungs- und Oasenbereich in ihrem Gebiet abhing und damit im positiven wie negativen Sinne durch seine Konzentration der ihn speisenden Niederschläge große Risiken bezüglich seiner Zuverlässigkeit barg, waren die beiden früheren Wirtschaftsformen zum Ausgleich dieser Risiken stets im unterschiedlichen Maße präsent und immer aktuell. Die Sesshaftigkeit der Bodenbauergemeinde war stets mit einer saisonalen Mobilität zur Nahrungsstoff- und Materialbeschaffung verbunden.

      Die Flusstaloasen mit ihrem saisonal sehr unterschiedlichen Wasserangebot waren in dem sehr niederschlagsarmen Gebiet, speziell in der Sonora-Wüste, ein Gunstraum für die Tier- und Pflanzenwelt, der auch die Menschen zur Nutzung anzog. Die flachen Landschaftsformen waren ideal zur Aufnahme von Überschwemmungswässern und deren Wirksamkeit auf die Fauna und Flora. Diese idealen Bedingungen durch die Anlage von wasserrückhaltenden und wasserweiterleitenden Kanälen erfolgreich zu verstärken und zu erweitern war die herausragende Leistung der Bodenbau betreibenden Fluss-Hohokam. Dabei sind ihre Fähigkeiten beim Betreiben anderer Bodenbaumethoden außerhalb des mittelbaren Wirkungsbereiches der Flusstäler keinesfalls zu unterschätzen. Es stand nur nicht oder nur sehr begrenzt die spektakuläre Leistung des Kanalbaus dahinter. Der Trockenbodenbau der fernab von den Flüssen lebenden nonriverinen Hohokam setzte neben der Errichtung kleinteiliger bodenbauerischer Bauten wie Steinanhäufungen, Terrassenanlagen unterschiedlicher Dimension, Rückhaltedämmen und anderer Anlagen auch auf den Bau von zum Teil ganzjährig Wasser speichernder Reservoire, die mit den dazugehörigen Niederlassungen sicherlich eine Art Oasencharakter trugen, sowie auf die anlagenfreie Ausnutzung wachstumsfreundlicher Nischen in ihrer Umwelt.

      Die Sammeltätigkeit konzentrierte sich auf Wildfrüchte, Samen, Nüsse, Wurzeln und Brennmaterial. Unter diesen war die Nutzung des Saguaro, der Agave und des Mesquite zu allen Zeiten und auch über die Nahrungszwecke hinaus von herausragender Bedeutung. (Mesquite deckte bei den Hohokam – sicherlich lokal stark differenziert - bei entsprechendem Wasserangebot bis zu 50% des Nahrungsstoffbedarfes.) Viele Wüstengewächse und Bergpflanzen (Eichen) ergaben nicht nur Nahrungsstoffe (es wurden Samen und Früchte von ca. 200 Arten von Wildpflanzen für Nahrungszwecke zusätzlich zu den Bodenbauprodukten gesammelt.), sondern auch Materialien für Hausbau, Werkzeuge, Waffen, Kleidung, Behälter und Feuerstätten. Unter Zuhilfenahme von Speer (mit und ohne Speerschleuder),