Gert Podszun

WasserGeld


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ist laut dem Umweltbundesamt das am besten kontrollierte Lebensmittel in Deutschland. Wegen seiner guten Qualität empfahl etwa die Zeitschrift „Öko-Test“ Leitungswasser für die Herstellung von Babynahrung, da es eine bessere Qualität aufwies als viele Mineralwässer.“

      Wasserqualität ist von vielen Umständen abhängig. Je mehr von diesen Umständen eintreten, desto kritischer wird die Wasserversorgung. Da liegt der Schlüssel. Wenn man die Umstände beherrschen kann, beherrscht man den Markt. Wer das Wasser beherrscht, der hat die Macht. Wirtschaftliche und politische Macht. Ferdinand war bekannt, dass eine weitere Komponente bezogen auf die Trinkwasserversorgung von Bedeutung war, nämlich die Qualität der Leitungs- und Aufbereitungssysteme. Aus politischen Kreisen wusste er, dass in vielen Kommunen ein nennenswerter Investitionsbedarf für die Erneuerung der Leistungssysteme bestand.

      Er verstand es mit seinem analytisch trainierten Verstand, in existierenden Systemen und Organisationen Fehler oder Schwächen zu finden. Nicht umsonst war seine Kanzlei an vielen Firmen beteiligt.

      Die Botschaft auf seinem abgeschirmten Mobiltelefon listete unter der Überschrift Megatrends einige Positionen auf. Wasser rangierte ganz oben, auch Flaschenwasser. Ferdinand erinnerte sich an die hohen Preise für Flaschenwasser in der Elfenbeinküste. Er nutzte die Botschaft, um selbst im Internet zu recherchieren und etwaige Links für seine Datenbank zu finden. Es dauerte nicht lange, bis er herausfand, dass es Unternehmen gab und gibt, die sich in vielen Ländern der Welt Wasserrechte sichern, um dort Tiefbrunnen zu bauen. Aus diesen Tiefbrunnen wird dann Wasser gepumpt, in Plastikflaschen gefüllt und teuer verkauft. Eine dieser Firmen hieß OSuez du Mont! Das passt hervorragend. Henriette wird mich unterstützen, ja, unterstützen müssen.

      Er traf eine Entscheidung. Wir werden den Wassermarkt beherrschen. Es kam nicht oft vor, dass er wir sagte, wenn er sich selbst meinte. Er war überzeugt, eine strategisch wichtige Entscheidung getroffen zu haben.

      In meinem Netzwerk und in den verlinkten Datenbanken stehen die notwendigen Informationen bereit. Die geeigneten Akteure für die Umsetzung meines Planes sind vorhanden und werden ohne Widerstand mitmachen. Da wird auch Henriette ihren Beitrag leisten müssen. Ihr Konzern ist im Wassergeschäft tätig und wird sicherlich expandieren wollen. Das wird meinen Plan abrunden. Planung ist eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg. Ich werde die politische Schiene motivieren.

      Neben den offiziellen Auftritten der politisch Mächtigen gibt es zahlreiche Hinterzimmergespräche. Eines davon fand in dem Tagungsraum eines am Rhein gelegenen Hotels statt. Er zog es vor, nicht in Hannover zu tagen, um einen neutralen Hintergrund zu haben. Zudem würde er die Gelegenheit nutzen, einen Abstecher nach Köln zu machen. Dort hatte die FN-Holding eine Beteiligung.

      Ferdinand hatte eingeladen, Das Thema war ziemlich frei gehalten. Die Zukunft der Republik. Die wichtigsten Mitglieder der Parteispitze kamen zu dem Treffen, weil sie davon ausgingen, dass Ferdinand - wie immer - ein brisantes Thema aufgreifen würde.

      Sie hatten recht. Ferdinand kam ohne große Umschweife zu seinem Vorhaben:

      „Meine Damen und Herren, Ihnen ist hinreichend bekannt, welche Megatrends die Zukunft unseres Landes, nein, nicht nur unseres Landes, sondern weite Bereiche unserer Welt betreffen werden. Wir haben uns vor einiger Zeit mit der Problematik der Seltenen Erden beschäftigt. Die Ergebnisse sind Ihnen weitgehend bekannt. Wir haben da nur einen Teilerfolg erzielt, weil wir möglicherweise zu spät waren. Die Chinesen haben den übrigen Staaten dieser Welt den Rang abgenommen.

      Hier möchte ich dieses Thema verlassen und einen Blick in die Zukunft wagen, so wie es die Einladung je benannt hat.

      Die Bedeutung von Trinkwasser ist jedem von Ihnen bekannt. Ich habe eine Untersuchung in Auftrag gegeben, um die Bedeutung des Wassers und die zu erwartende Entwicklung kennenzulernen. Dabei haben wir uns auch auf die neuesten Meldungen der EU bezogen. Dort plant man möglicherweise die Privatisierung der Wasserwerke. Das hat in den südlichen EU-Staaten bereits begonnen. Die Ergebnisse unserer bisherigen Erkenntnisse kann ich Ihnen heute präsentieren.“

      Ferdinand zeigte einige Schaubilder, aus denen hervorging, dass ein Kampf um Wasser in absehbarer Zeit in vielen Ländern bevorstehen würde.

      Sein Fazit: „Nur wer das Wasser, die Wasserversorgung, beherrscht, hat in der Zukunft die politische und wirtschaftliche Macht.“

      „Wie soll das erreicht und gesichert werden?“

      Auf diese Frage hatte er umgehend eine Antwort:

      „Wir müssen die Macht über die Wasserversorgung in unsere Hände nehmen. Das wird nicht ohne Hindernisse und Auseinandersetzungen gehen. Daher müssen wir zunächst einen weichen Weg nehmen. Es muss eine Kette von kleinen Prozessen sein, die keine großen Wogen in der Öffentlichkeit erzeugen. Ihnen ist ja bekannt, dass meine Tochter Marie als Staatssekretärin im Umweltministerium auch für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist. Im Zweifel wird sie für unser Vorhaben plädieren.

      Ich schlage folgende Vorgehensweise vor: Wir starten ein Pilotprojekt und wählen dafür eine Stadt aus, die nicht unbedingt im Mittelpunkt des bundesweiten Interesses steht. Dort nutzen wir Pressearbeit, Netzwerke und kooperieren mit kompetenten Fachleuten, um die Übernahme von Wasserwerken vorzubereiten und zuletzt zu übernehmen. Nach einer Pilotphase dehnen wir die Aktivitäten aus, verbinden die verschiedenen Einrichtungen gesellschaftlich miteinander und dehnen das Konzept aufs ganze Land und die Nachbarländer aus.

      „Wie soll das mit der Pressearbeit gehen?“

      „Meine Herren, sie wissen, dass Nachrichten in unserer Gesellschaft einen großen Nachhall haben, wenn sich eine Vielzahl von Menschen betroffen fühlt. Da wird schnell nach dem Staat gerufen. Und genau das kann ich garantieren. Ich kann versichern, dass die Voraussetzungen für ein Pilotprojekt bereits heute bestehen. Ich möchte Sie heute lediglich darum bitten, dieser Projektidee grundsätzlich zuzustimmen. Keiner von Ihnen wird involviert sein oder gar irgendwelche Maßnahmen ergreifen müssen.

      Jetzt lade ich Sie zu einem kleinen Essen und einen Umtrunk ein. Da können wir in individuelle Fragen besprechen. Sie werden sicher nun dazu kommen, Einwände zu bringen und Fragen zu stellen“

      Die Begegnung dauerte bis spät nach Mitternacht. Für die Teilnehmer hatte Ferdinand Zimmer reservieren lassen. Dabei hatte er dafür gesorgt, seine Gäste über vorinstallierte Kameras durch seine IT-Zentrale überwachen zu lassen. Er hielt es für angemessen, ihre Reaktionen erfassen und speichern zu lassen, um eventuelle Abweichler ausfindig zu machen.

      Das würde er am nächsten Tag in Köln kontrollieren können.

      6

      Ferdinand betrat am frühen Morgen die FN-IT-Zentrale in Köln und loggte sich nach einer kurzen Unterredung mit Mertens in seine Datenbank ein. Er vervollständigte sein Bild über den Konzern OSuez du Mont. Es gab eine Reihe von Niederlassungen in Ländern in Afrika, dort Abidjan, Vorderasien und Südamerika, alles eher unterentwickelte Länder. Überall gab es Bereiche, in denen der Konzern sich Wasserrechte gesichert hatte und über spezielle Brunnen sauberes Trinkwasser aus der Tiefe pumpte. Dazu existierten Abfüllbetriebe, in denen das Wasser aus der Tiefe in Plastikflaschen abgefüllt wurde und in den Verkauf kam.

      Da wird viel Geld verdient. Da könnte ich teilhaben. Und das werde ich. Die Verbindung über sein abgeschirmtes Mobiltelefon kam schnell zustande.

      „Henriette Balaban.“

      „Bonjour, Henriette. Ferdinand.“

      „Ich habe keine Zeit. Es passt nicht.“

      „Es wird passen. Du musst mir jetzt bitte zuhören, wenn Dich kein Schaden treffen soll.“

      „Was fällt Dir ein, mir so etwas zu sagen. Was für ein Schaden?“

      „Ich weiß, dass Du niemals nach Deutschland kommen wirst, um bei mir zu sein. Das tut mir weh, aber ich kann und muss es akzeptieren, weil Du Deiner Familie gehorchen musst.“

      „Das hatten wir doch schon!