Lillie F. Leitner

RUNNING


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klar, dass sie sich vielleicht einfach mitteilen, nur mit ihm sprechen, was Nettes sagen will.

      Karl zwingt seine aufkommende Empörung nieder und bemüht sich, ebenfalls Interesse zu zeigen. Nach einer Weile krächzt er leise, mit gesenktem Blick; er ringt um jedes Wort: „Was – genau − arbeitest? – Du?“

      Michaela überhört ihn. Gedankenverloren erzählt sie:

      „Da ist ein Toter gefunden worden, unten am alten Hafen. Der lag wohl schon länger dort. Hatte einen Zettel in der Tasche mit unserer Adresse, also mit der Adresse der Beratungsstelle, und mit meiner Telefonnummer. Ich dachte schon, die Polizei gibt nie mehr Ruhe!“

      Karl blickt auf.

      David stößt sie mit dem Ellbogen an, sein Kopf weist auf Karl: „Haste nich jehört! Was du arbeitest?“

      Michaelas Blick streift Karl unsicher, während sie einen Schluck Wein nimmt.

      „Na, ich helfe Menschen, aus ihrer Sucht heraus zu kommen. Leider erstickt der ganze Verwaltungskram vieles ...“ Sie seufzt.

      „Am Hafen? Wo denn da? Wie kann denn da ein Toter lange rumliegen, da ist doch immer was los?“, fragt David kauend.

      „Na, an der Kneipenmeile am Alten Hafen, am Kreativkai, dem sogenannten. Da ist doch so ‘ne alte Fabrikhalle, direkt neben dem Lokal, wo wir neulich abends mit den Kollegen waren, weißt du noch?“

      „Ja, klar. Die alte Osmo-Halle, wo eine Zeit lang das Public Viewing stattgefunden hat! Und? Kanntest du den Mann?“

      Karl hat aufgehört zu essen. Gespannt blickt er zwischen den beiden hin und her, wobei er sich ein Lächeln nicht verkneifen kann. Wenn ein Sachse den Ausdruck ‚Public Viewing‘ von sich gab, hörte sich das mindestens abenteuerlich an.

      „Ach, woher − nie gesehen. Außerdem war der total unkenntlich, ich erzähle lieber nicht, was die mit dem alles angestellt haben. Der Polizist hat mir ein Foto gezeigt − uuuuuh! Ich mag gar nicht dran denken. Ich weiß jedenfalls von nichts. Die halbe Welt hat meine Telefonnummer in der Tasche, wenn ich die alle kennen würde ...“

      Karl lächelt. Das hört sich ja an, als ob seine Schwester die Zentralmanagerin einer wichtigen Organisation wäre. Das kann er sich überhaupt nicht denken, allein die Vorstellung ist schon absurd. Gerade will er nachfragen, er überlegt noch, ob und wie er die passenden Worte rauskriegt, als es klingelt.

      „Was denn, um die Zeit?“ David guckt auf die Uhr.

      Michaela stellt ihr Glas auf den Tisch und macht Anstalten aufzustehen.

      „Lass mal, ich mach das schon. Kann sowieso sein, dass ...“

      Aber Karl ist schon im Flur, mit Schwung reißt er die Haustür auf − und guckt verdutzt.

      Er sieht sich einer Gruppe äußerst unterschiedlich gestylter junger Männer gegenüber − drei sehen aus wie Punks, ganz in Schwarz und in zerrissenen Klamotten, mit befremdlichen Haarschnitten und verschiedensten Piercings im Gesicht. Hinter einem dieser kräftig aussehenden, breitschultrigen Kerle entdeckt er noch ein Mädchen, klein und schlank, in ähnlichem Outfit.

      Daneben, im krassen Gegensatz dazu, stehen zwei andere junge Männer. Beide tragen dunkle Anzüge. Das Haar nach hinten gegelt, machen sie eher den Eindruck zweier Versicherungsvertreter, aber dazu fehlt ihnen der Aktenkoffer.

      Karl weicht einen Schritt zurück und setzt ein fragendes Gesicht auf − betteln wollen die ja wohl nicht?

      Der Breitschultrige tritt vor, steht direkt vor Karl. Obwohl Karl nicht gerade klein ist, schaut der andere von oben auf ihn herunter.

      „Wir wollen zu Michaela.“

      Karl ist unsicher. Gerne würde er sich erkundigen, worum es geht. Da er aber nicht weiß, ob seine Stimme funktioniert, sieht er sich hilfesuchend um.

      Gleichzeitig kommt der Punk noch näher.

      „Hol sie schon, Alter! Ich weiß, dass sie da ist.“

      Karl riecht Bieratem und ungewaschenen Mann. Er schaut genauer hin − tatsächlich trägt der Typ eine geöffnete Bierflasche in der Hand.

      Schon schiebt sich Michaela zwischen ihn und den Großen: „Ja, was gibt's denn?“ Und leise zu Karl: „Geh doch schon mal wieder rein, ich mache das schon!“

      „Sicher?“, quetscht Karl raus.

      „Sicher“, antwortet Michaela und schiebt ihn rückwärts.

      „Verzisch dich, Alter! Hier haben Erwachsene was zu bereden.“ Er lacht glucksend und wendet sich beifallheischend zu seinen Kollegen um.

      „Ist schon gut, Karl, geh einfach wieder rein und iss weiter!“, kommandiert Michaela, tritt einen Schritt hinaus und zieht die Tür hinter sich heran.

      Widerstrebend geht Karl zurück ins Esszimmer, lässt aber dort die Tür offen. Er setzt sich hin, Wortfetzen sind von draußen zu hören. Aufmerksam lauscht Karl in den Flur. David amüsiert sich.

      „Hö hö! Guck nicht so entsetzt! Das sind bestimmt welche aus der Beratungsstelle. Das kommt schon mal vor − Michaela erledigt das schon.“

      Karl sieht David ausdruckslos an.

      Er erschrickt, als Michaela, die inzwischen leise wieder reingekommen ist, ihn anspricht: „Alles in Ordnung?“

      Karl senkt den Kopf, nickt, isst weiter.

      Eine Weile ist es still, bis Michaela schließlich ihren Teller zurückschiebt und sich ein weiteres Glas Wein einschüttet.

      „Karl, ich hab‘ nachgedacht. Wie wäre es, wenn du hier im Haus auch einige Pflichten übernehmen würdest? Ich meine, du musst ja nicht putzen oder sowas − aber einkaufen vielleicht? Das Auto waschen? Den Keller aufräumen, die Hecke schneiden? Was würde dir Spaß machen?“

      Karl schiebt ebenfalls seinen Teller zurück und sieht seine Schwester unverwandt an. Michaela weicht seinem Blick aus und schaut hinunter auf das Tischtuch.

      „Ich meine, für dich wäre es doch auch gut − oder? Ich meine, das ist doch nichts, den ganzen Tag lang gar nichts tun. Ist das nicht langweilig?“

      Karl schaut. Seine linke Augenbraue wandert gut einen Zentimeter höher.

      „Ach so, ja. Dein Geld habe ich natürlich auch mit gebracht!“

      Karl steht auf. Er geht nach oben.

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