Samina Haye

Der Weg nach Freeling


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nicht mehr länger auf die Folter … Ich habe einen Mann kennen gelernt.

       Wie, wo, wann … Ganz überrascht ist es passiert, er stand bei mir im Laden und wollte, dass ich ihm die Haare mache.

       Wir haben uns sehr gut unterhalten und er wollte sich mit einem Essen bei mir dafür bedanken, dass ich ihn noch dazwischen schieben konnte.

       Nun waren wir gemeinsam Essen, es war sehr nett und wunderschön. Haben die Nummer ausgetauscht und sind in Kontakt, nächste Woche unternehmen wir vielleicht wieder etwas zusammen.

       Ähm, genau, ihr möchtet sicher wissen, wie er aussieht.

       Samuel ist groß, schlank aber sehr muskulös, hat wunderschöne hellbraune Augen und ist sehr charmant. :-)

       Tja, nun wisst ihr, warum ich mich so spät erst bei euch melde, es ging irgendwie rund bei mir.

       Heute fahre ich zu euren Eltern, die haben mich zum Mittagessen eingeladen.

       Macht euch nicht immer so viele Sorgen, denn das ist eigentlich mein Job.

       Fühlt euch gedrückt und geknutscht.

       Vermisse euch total!

       Eure Anne

      Nun lehnte sich Anne gemütlich in ihren Sessel zurück und dachte an ihre beiden Freundinnen.

      Als sie einige Minuten später auf die Uhr sah, war sie verwundert darüber, wie spät es schon war.

      „So, nun werde ich schnell noch die Zeitung lesen, aber dann muss ich mich auf den Weg zu Sophie und Paul machen. Nicht, dass sie auf mich warten müssen“, meinte sie und öffnete die Haustür. Sie ging nach unten, um die Wochenendpost aus ihrem Briefkasten zu holen, da fiel ihr unter der ganzen Werbung ein Brief auf.

      „Hm, wer schreibt denn heutzutage noch Briefe? Na, da bin ich mal gespannt, was da drin steht“, meinte sie noch gut gelaunt und ging wieder nach oben in ihre kleine Wohnung.

      Dort angekommen, öffnete Anne noch im Gehen den Brief, als ihr auf einmal der Atem stockte.

      „Was um Himmelswillen soll denn dieser Mist?“, fauchte sie und las den Brief noch mal. Anne setzte sich ins Wohnzimmer, las die Worte, diesen Brief immer und immer wieder, doch sie wurde nicht schlau daraus.

      „Liebe Anne,

       du wirst dich fragen, wer dieser merkwürdige „Unbekannte ist“, doch ich war jahrelang still, habe mich verkrochen, weil es von mir verlangt wurde.

       Ich habe gewartet und gewartet, bis dieses Versteckspiel ein Ende hat, das ja hiermit endgültig vorbei ist.

       Dein liebevoller wunderbarer Vater Michael ist nun endlich von uns gegangen, zu lange hat er sich damit Zeit gelassen, doch jetzt habe ich es geschafft.

       Ich muss mich nicht mehr verstecken oder mich davor schämen, wer ich bin.

       Michael stand nie zu mir, er sagte, ich gehöre nicht zu ihm und seiner, nein, eurer Familie, ich soll diesen Spuk aus meinem Kopf verdrängen.

       Wenn ich brav bin und mich verstecke, so versprach er mir würde er, mich wenigstens in seinem Testament erwähnen.

       Tse, und was war? Was? Nichts! Ich habe beim Notariat angerufen und die sagten mir:

      „Es tut uns leid, Herr Schmitt, doch im Testament von Herrn Weber wurden Sie nicht erwähnt.“ Dann wurde der Hörer einfach aufgelegt.

       Es wurde nicht gefragt:

      „Warum fragen Sie?“ Oder „Wer sind Sie?“ Nichts. Es war unwichtig, ich fühlte mich wieder so unwichtig wie schon seit über vierzig Jahren.

       Anne, ich bin dein Halbbruder, denn vor deiner Mutter hatte Michael eine Affäre mit meiner Mutter, auch wenn er es immer verdrängt und verheimlicht hatte.

       Ich weiß nicht warum er das tat, aber seine Worte waren immer:

      „Leon, es tut mir sehr leid, doch ich bin nicht dein Vater, das sind nur deine Wunschvorstellungen. Deine Mutter ist alkohol- und drogensüchtig, sie hatte so viele Freier, dass sie nicht wissen kann, wer dein wahrer Vater ist.“

       Tja, das war alles, was ich von ihm zu hören bekam.

       Anne, ich weiß, du kannst nichts dafür, aber ich mag dich genauso wenig wie Michael.

       Denn du hast ihm alles bedeutet, für dich hätte er sein letztes Hemd gegeben, und ich, ich bekam nichts.

       Keine Liebe, keine Umarmung und auch keine finanzielle Unterstützung.

       Das Einzige, was ich nun endlich möchte und was mir zusteht, ist mein Geld, das er mir versprochen hatte.

       Du hast jetzt fünf Tage Zeit, um mir bis Freitag die € 50.000,- zu besorgen. Bring sie zum Luxemburger Bahnhof und hinterlege es bei dem Spind Nummer 16.

       Ich will dich jetzt noch nicht persönlich kennen lernen, denn ich weiß nicht, ob ich das so schnell möchte.

       Ich bedanke mich bei dir für dein Verständnis.

       Vielleicht sehen wir uns schon viel früher als geplant.

       Alles Gute.

       Leon

      Sie war entsetzt und wusste nicht, was sie über diesen Brief denken sollte.

      „Der will mich doch verarschen, oder? Meinen Vater so schlecht hinzustellen, das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen“, schimpfte sie laut vor sich hin und war total durcheinander.

      „Wenn mein Vater geglaubt hätte, er könnte der Vater von diesem unbekannten Leon sein, hätte er dazu gestanden und ihm ein besseres Leben geboten. Tse, so ein Vollidiot, was erlaubt dieser Kerl sich überhaupt?“, motzte Anne herum und lief in ihrem kleinen Wohnzimmer auf und ab.

      „Ganz einfach, ich lege den Brief jetzt in meine unterste Schublade und warte einfach mal ab. Vielleicht wollte sich nur jemand einen schlechten Scherz erlauben“, meinte sie und zog sich ihre Jacke über.

      „Egal, ich will das jetzt einfach vergessen und am besten für mich ist es, zu Sophie und Paul zu fahren.“ Anne zog die Tür hinter sich zu und sperrte ab. Einige Minuten später saß sie in ihrem Auto und machte sich auf den Weg zu den Böhms.

      Doch auch als sie die Musik laut aufgedreht hatte, bekam sie diesen merkwürdigen Leon nicht aus ihrem Kopf und verfluchte ihn dafür.

      Alles Mögliche ging ihr durch den Kopf und sie fragte sich immer wieder, ob es wirklich wahr sein konnte, was dieser Kerl in dem Brief geschrieben hatte.

      Da sie so in Gedanken war, übersah Anne fast die rote Ampel und die Fußgänger schrien. Sie trat fest auf die Bremse und würgte ihr Auto ab.

      „Verdammt nochmal, das kann doch nicht wahr sein!“, schrie sie herum und legte den Kopf auf das Lenkrad.

      „Dieser Idiot bringt mich noch dazu, beim Autofahren unkonzentriert zu sein. Ah, hör sofort auf damit, Anne und vergiss diesen absurden Brief“, schimpfte sie mit sich selbst. Als ihr Telefon piepste und sie sah, dass sie eine Nachricht erhalten hatte, glaubte sie, Sophie würde ihr schreiben, wo sie denn bleiben würde.

      Doch als Anne sah, dass es nicht Sophie war, sondern Samuel, kam ihr Lächeln wieder zurück.

      „Oh, dass er sich so schnell wieder meldet hätte ich nicht erwartet“, sagte sie und legte das Telefon beiseite, da die Ampel wieder auf Grün umschaltete.