Samina Haye

Der Weg nach Freeling


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links rechts ein Begrüßungsküssen.

      „Hallo Anne, oje, ich bin zu spät, es tut mir leid. Eine hübsche Dame sollte man auf keinen Fall warten lassen“, sagte er liebevoll und mit so einer anziehenden Stimme, dass Anne etwas heiß wurde.

      „Hi Sam, ach, macht doch nichts, ich hab mir in der Zwischenzeit schon mal ein Gläschen Wein bestellt“, gab sie ihm zur Antwort. Die zwei setzten sich, und der Kellner brachte die Speisekarten und nahm die Getränkebestellung entgegen.

      „Ich hoffe, du hattest noch einen angenehmen Arbeitstag und deine Kolleginnen waren nicht zu neugierig“, meinte er und sah ihr tief in die Augen. Anne war so hibbelig, dass sie den Blick zuerst abwenden musste, bevor sie ihm eine Antwort geben konnte. Denn sie wollte nicht stottern, sonst könnte er merken, wie nervös sie war.

      „Nein, war noch recht okay. Klar, dass sie etwas getratscht haben, kommt ja nicht jeden Tag vor, dass ich von einem gutaussehenden Mann zum Essen eingeladen werde“, erklärte sie ihm, und es war ihr danach doch etwas peinlich, das nun gesagt zu haben.

      Der Abend war lustig und sie sprachen über vieles. Über Annes Freundinnen in Australien, darüber dass ihr Vater vor einigen Tagen verstorben war und auch über seinen Österreichaufenthalt.

      Die Stunden vergingen schnell, doch als es ein Uhr morgens war und der Kellner den beiden sagte, er würde jetzt schließen, machten sie sich auf den Weg nach draußen.

      Sie standen vor Annes Auto und wussten nicht, wie sie sich am besten voneinander verabschieden sollten. Sam ging einen Schritt auf sie zu und nahm ihre Hände.

      „Es war ein wundervoller Abend mit dir, ich bin glücklich, dich heute besser kennen gelernt zu haben“, sagte er etwas zurückhaltend, und Anne schenkte ihm ein Lächeln.

      „Ich fand es auch schön, hat mich sehr gefreut“, meinte sie, und beide sahen sich an. Sam hob ihr Kinn etwas an und gab ihr einen vorsichtigen zärtlichen Kuss auf den Mund.

      „Mich würde es noch mehr freuen, wenn wir uns bald wiedersehen würden“, sagte er zu ihr und hielt den Blick intensiv auf ihre Augen gerichtet. Anne war ganz schön hibbelig und musste sich zusammenreißen, dass sie nicht zu stottern begann.

      „Sehr gerne“, meinte sie kurz angebunden, und Sam holte sein Handy aus der Hosentasche.

      „Bekomm ich denn deine Nummer, damit wir uns mal schreiben können?“, fragte er schüchtern, und Anne verfiel ihm erneut. Sie sagte ihm ihre Nummer und dann küssten sie sich noch mal kurz zur Verabschiedung.

      Er ging ein paar Meter weiter weg zu seinem Auto. Als Anne seinen Wagen sah, musste sie sich ein Lachen verkneifen. Sam sah das und rief ihr zu:

      „Ja ja, ich hab nicht so einen tollen Neuwagen wie du, aber er fährt schon noch. Und nein, er fällt nicht auseinander, noch nicht“, sagte er und sprach weiter.

      „Ich melde mich bei dir in den nächsten Tagen, komm gut heim.“

      Sam stieg in sein Auto und fuhr geräuschvoll davon. Anne lachte lauthals.

      „Ach herrje, dieser Schrottwagen wird bald keinen Meter mehr fahren, der ist doch mindestens schon zwanzig Jahre alt“, meinte sie belustigt, stieg ebenfalls in ihren Wagen und machte sich auf den Heimweg.

      Als Anne nicht mal eine Stunde später zu Bett ging, piepste ihr Telefon. Sie öffnete die Nachricht und las:

       Hallo. Ja, ich schon wieder. :-) Wollte mich nur noch mal für den tollen Abend bedanken.

       Bin jetzt zu Bett gegangen und dachte mir, ich schreibe dir noch schnell, damit du auch meine Nummer hast.

       Gute Nacht, freue mich auf unser Wiedersehen. Liebe Grüße, Sam.

      Anne kuschelte sich in ihre Decke und schlief mit einem Lächeln im Gesicht ein.

      **

      Kapitel 4

      Samstag, 07. Januar 2012

      Er hat lange darauf gewartet, dass der Alte endlich stirbt und konnte sich nach Jahren jetzt endlich auf seinen zustehen Erbteil freuen.

      Doch die Freude hielt nicht lange an, als er vor ein paar Tagen vom Notariat erfuhr, dass er nicht in Michaels Testament erwähnt wurde.

      Für ihn brach eine Welt zusammen.

      „Das kann doch wohl nicht wahr sein, meine ganzen Pläne würden somit über den Haufen geschmissen werden. Das lasse ich nicht mit mir machen, auf keinen Fall, wo sind wir denn hier? Die kleine Anne meint, sie könnte sich wohl alles alleine unter den Nagel reißen, aber da täuscht sie sich. So sicher nicht!“, fluchte er vor sich hin und saß in seinem kleinen verrauchten Wohnzimmer.

      „Nun muss ich mir wohl oder übel einen Plan überlegen, denn ich hole mir, was mir zusteht“, sagte er und schrieb etwas auf seinen Block.

      „Und wenn ich dafür morden muss“, sagte er griesgrämig und zündete sich eine Zigarette an.

      **

      An diesem wunderbaren Sonntagmorgen stand Anne früh auf, zog sich ihre Laufklamotten an und begab sich an die frische Luft. Sie lief los und brachte das Lächeln nicht aus ihrem Gesicht, denn sie musste ununterbrochen an den gemeinsamen Abend mit Sam denken.

      Als Anne nach einem fast eineinhalbstündigen Lauf wieder zurück zu ihrer Wohnung kam, war sie total außer Puste. Sie ging hinein und lief schnurstracks ins Badezimmer.

      „Oh mein Gott, kaum mach ich mal ein paar Wochen keinen Sport bin ich total kaputt, das kann es doch echt nicht sein“, jammerte Anne mit ihrem Spiegelbild und hüpfte unter die Dusche. Sie summte vor sich hin und machte sich Gedanken darüber, was sie heute noch alles machen wollte. Das heiße Wasser tat ihr gut, und sie fühlte jetzt schon, dass spätestens morgen ein schlimmer Muskelkater sich in ihrem Körper breitmachen würde.

      „Was freu ich mich jetzt auf ein leckeres Frühstück und meinen Laptop, denn es wird echt Zeit, dass ich meinen Mädels in Australien von meiner tollen sexy Bekanntschaft erzähle“, sprach sie glücklich zu sich selbst und machte sich auf den Weg in ihre kleine Küche.

      Mit frischem Kaffee und ein paar restlichen Weihnachtskeksen setzte sich Anne an den wirklich winzigen Küchentisch und schaltete ihren Laptop an.

      „Wahrscheinlich haben Zoe und Lina schon tausende Mails geschrieben und werden bald einen Suchtrupp zu mir schicken, weil ich nie zurück schreibe“, sagte Anne und musste dabei laut lachen.

      Als sie den Posteingang öffnete, hatte sich ihre Vermutung fast bestätigt. Zwar waren es keine tausende Mails, aber sie hatte drei ungelesene aus Australien in ihrem Postfach.

      „Wie ich es schon vermutet habe. Ui, ui, na dann werde ich den beiden mal ausführlich zurück schreiben“, meinte sie und las nun in Ruhe die Mails.

      Von: Zoe McCain

      Gesendet: Mittwoch, 04. Januar 2012 10:21

      An: Anne Weber

      Betreff: Hallo :-)

       Hallo meine Liebe!

       Wie geht es dir? Wir hoffen, gut? Was gibt es zuhause in Luxemburg so Neues?

       Wir hoffen, du hast wieder gut zurück in deinen Arbeitsalltag gefunden und es bringt dich etwas auf andere Gedanken?

       Lina und ich würden am liebsten sofort zu dir kommen, all deine Sachen einpacken und dich mit nach Australien nehmen, denn wir vermissen dich schrecklich.

       Ja, wir wissen es:

       Nicht nur wir vermissen dich und die ganze McCain-Familie, sondern Joshua vermisst dich auch.