Samina Haye

Der Weg nach Freeling


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      Nun hatte sie niemanden mehr, sie war alleine, denn sie hatte ihre ganze Familie verloren.

      Der Arzt sprach und sprach weiter, doch Anne hörte nicht mehr wirklich zu. Das einzige, was sie nebenbei noch aufnahm, war, als er sagte, sie sollte doch jemanden aus der Familie oder Freunde anrufen, die ihr dabei helfen würden.

      Jetzt war es soweit und sie musste auf Sophie und Paul zurückgreifen, denn alleine konnte sie das unmöglich durchstehen. Sie ging hinaus vor das Krankenhausgebäude und setzte sich auf eine Bank. Anne nahm ihr Handy aus der Tasche und wählte die Nummer von Sophie. Es dauerte auch nicht lange, schon hörte sie jemanden an der anderen Leitung.

      „Hallo, Böhm am Apparat.“

      Anne wartete einen kurzen Moment und atmete nochmal tief durch.

      „Hallo Sophie, hier ist Anne“, sagte sie.

      „Oh, ja, hallo Anne. Wie geht es dir? Das freut mich aber, dass du anrufst“, sagte sie fröhlich und nun nahmen Annes Tränen freien Lauf und Sophie hörte das.

      „Meine Liebe, warum weinst du denn? Was ist denn los? Geht es dir nicht gut“, fragte sie fürsorglich und Anne musste sich nun zusammen reißen.

      „Sophie, es ist was Schreckliches passiert. Ich würde dich gerne um etwas bitten“, meinte sie und konnte nicht weiter sprechen.

      „Kleines, ich und Paul, wir würden alles für dich machen. Was ist geschehen, wo bist du?“

      „Könnten du und Paul bitte schnell ins Krankenhaus kommen?“, fragte sie nervös und hoffte auf die Hilfe ihrer Freunde.

      „Was ist denn das für eine Frage, wir machen uns sofort auf den Weg und sind in ein paar Minuten bei dir. Wo finden wir dich?“, fragte Sophie.

      „Ich sitze vor dem Eingang und warte auf euch.“ Das Gespräch war beendet und Anne konnte sich nicht mehr zurückhalten, sie weinte und zitterte am ganzen Körper.

      Zum Glück dauerte es auch nicht lange und die zwei kamen schon den Parkplatz herunter gelaufen. Paul nahm sie sofort in die Arme.

      „Meine Liebe, was ist denn geschehen, du weinst ja fürchterlich?“, fragte er besorgt und Anne schmiegte sich in seine starken Arme. Sophie tätschelte ihre Wange.

      „Mein Vater, also er, er ist über die Treppe gestürzt“, versuchte sie zu erklären und Paul sprach sofort dazwischen.

      „Oje, das hört sich nicht gut an. Doch das wird doch alles wieder heilen oder?“, meinte er lieb und Anne begann wieder zu weinen.

      „Erzähl uns doch mal in Ruhe, was denn passiert ist, Kleines“, sagte Sophie liebevoll, denn sie dachte sich schon, dass etwas Trauriges geschehen sei. Anne sah sie an.

      „Papas Herz, also er ist …, er hatte so starke innerliche Blutungen, dass sein Herz das nicht mehr schaffte. Er ist vorhin während der Operation gestorben“, flüsterte sie und begann wieder zu weinen. Paul versuchte sie gleich etwas zu trösten, und Sophie musste nun ebenfalls weinen, denn Anne hatte ihren Vater verloren und sie einen guten Freund.

      „Du bist doch sicher mit dem Auto da, oder?“, fragte sie und Anne nickte.

      „Komm, wir zwei fahren nach Hause und Paul wird hier alles mit dem Doktor klären“, sagte sie mit fragendem Blick zu ihrem Mann, der ihr sofort zustimmte.

      „Genau, ihr zwei, so machen wir das. Ihr fahrt in Ruhe nach Hause und macht euch einen heißen Tee und ich werde hier alles Weitere klären“, sagte er zu den beiden, und Sophie gab ihm einen Kuss.

      „Danke Schatz. Du hast ja das Handy mit, falls irgendetwas sein sollte, wir sehen uns dann später zuhause“, sagte sie liebevoll zu ihrem Mann.

      „Ja, so machen wir das, bis später.“

      **

      Kapitel 2

      Samstag, 31. Dezember 2011

      Gestern fand die Beerdigung ihres Vaters statt und die letzten Tage waren für Anne sehr traurig und schwierig. Sophie und Paul kümmerten sich um alles und nahmen Anne bei sich zuhause auf, damit sie sich nicht so einsam fühlte, denn nun hatte sie niemanden mehr.

      An diesem Morgen am Frühstückstisch kam Paul eine Idee, er fragte seine Frau nach ihrer Meinung.

      „Schatz, mir tut Anne so leid. Sie hat nun keinen einzigen Familienangehörigen mehr. Was hältst du davon, wenn wir sie fragen, ob sie heute an Silvester und vielleicht auch noch in den nächsten Tagen hier bei uns wohnen möchte, bis es ihr wieder etwas besser geht?“, fragte Paul seine Frau und sie sah ihm lächelnd ins Gesicht. Sie war froh, so einen Mann an ihrer Seite zu haben.

      „Ich weiß, warum ich dich zum Ehemann genommen habe. Paul, das ist eine sehr gute Idee, das werden wir sie nachher gleich fragen, wenn sie aufgestanden ist.“

      Die zwei merkten nicht, dass Anne schon in der Tür stand und hörte, was Sophie zu Paul sagte.

      „Guten Morgen ihr zwei, was ist eine sehr gute Idee?“, fragte sie gleich nach, und die zwei fühlten sich ertappt.

      „Oh, guten Morgen, du bist ja schon wach. Komm, setz dich zu uns und frühstücke mit uns“, sagte Sophie, schenkte Anne eine Tasse Kaffee ein und reichte sie ihr.

      „Dankeschön. Also, wovon habt ihr gerade gesprochen?“ Paul sah zu Anne und zu seiner Frau und gab ihr dann die Antwort auf ihre Frage.

      „Da ja heute Silvester ist und du für uns wie eine Tochter bist, würden wir dich gerne fragen, ob du heute und in den nächsten Tagen noch bei uns wohnen bleiben möchtest?“, fragte er vorsichtig und hoffte, sie würde zustimmen. Anne nahm einen Schluck von ihrem Kaffee und sah nachdenklich aus dem Fenster. Sie wusste, dass sie den zweien eine Antwort geben musste und sie waren in den letzten Tagen sehr für sie da gewesen, ohne die beiden wäre sie hilflos gewesen.

      „Als erstes möchte ich mich bei euch herzlich bedanken für die liebevolle Unterstützung. Ihr seid immer für mich da und ich kann mich auf euch verlassen, und ja, wie soll ich sagen?“, meinte sie und atmete tief durch.

      „Ich würde gerne noch ein, zwei Tage hier bei euch bleiben, denn ich glaube, zuhause in meiner kleinen Wohnung fällt mir die Decke auf den Kopf“, sagte sie, und Sophie und Paul waren sehr glücklich darüber.

      „Du kannst solange hier bei uns bleiben wie du möchtest“, sagte Paul und Anne schenkte ihnen ein schwaches Lächeln. Sie hatte abgenommen, war blass im Gesicht und man merkte ihr an, dass es ihr ganz und gar nicht gut ging.

      „Dankeschön. Ja, ich würde gerne noch bis Montag hier bei euch bleiben, denn ab Dienstag geht für mich wieder der Arbeitsalltrott weiter. Da muss ich dann sowieso wieder zurück in mein altes Leben finden“, sagte sie, und Sophie legte eine Hand auf die ihre.

      „Sehr gerne, und wenn du noch ein paar Tage dran hängen möchtest, ist es für uns auch kein Problem. Du sollst wissen, du gehörst für uns zur Familie und du kannst solange bleiben wie du möchtest.“

      „Das tut gut zu wissen, ich bin echt froh, euch zu haben.“ Nun war das Gespräch beendet und sie genossen das Frühstück.

      Anne half Sophie bei den Vorbereitungen für den Silvesterabend und für morgen hatte sie geplant, auf Jims Ranch zu fahren, um Reiten zu gehen.

      **

      Anne war natürlich auf der Ranch, um mal wieder so richtig ausreiten zu gehen, das gefiel ihr.

      Doch auch tat es gut, dass sie noch ein paar Tage bei den Böhms zuhause verbringen konnte. Sie gaben ihr viel Kraft und starken Halt, sie weinte oft in Sophies Armen, sie gaben ihr das Gefühl, geliebt zu werden.

      Doch nun war der Augenblick gekommen, wo Anne wieder zur Arbeit gehen musste und ihr altes Leben wieder seinen Lauf nahm.

      Paul und Sophie saßen