R.J. Simon

Schaaf ermittelt


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an. Dass er seinen Hauptkommissar ebenso nie verstand, fiel dem gar nicht ein.

      "Sie können für 14 Tage nach Frankreich und dort mit den Kollegen arbeiten. Ist das nicht wundervoll? Was sagen sie?"

      ´Das ist also seine Freude` überlegte Schaaf sich scherzhaft. `Der sieht die Chance 14 Tage seine Ruhe vor mir zu haben`.

      "Ich soll in Frankreich arbeiten? Als Kommissar?"

      "Ja! Das ist doch phantastisch! Sie lernen die Arbeitsweise dort kennen. Sehen wie die Verbrechensbekämpfung in Frankreich passiert und das trägt der deutsch-französischen Freundschaft bei." Von Bredow brannte für diese Idee heller als sein blütenweißes Hemd. Seine Begeisterung dafür leuchtete aus seinen Augen, spiegelte sein Gesicht und seine Körperhaltung wider. Er wirkte wie aufgepuscht. Dann saß er in der Erwartung vor Schaaf, dass dieser sich ebenso über diese Nachricht freute, wie er selbst.

      "Wie soll das gehen? Rechtlich meine ich", fragte Kriminalhauptkommissar Schaaf unbeeindruckt, und damit ganz anders als sein Chef sich das erwünschte, zurück.

      "Das ist ein europäisches Projekt. Es soll einen Austausch von Beamten innerhalb der europäischen Staaten geben. Um von einander zu lernen und die Probleme der anderen Länder kennenzulernen. Natürlich haben sie in Frankreich nicht die Rechte als Beamter wie hier in Deutschland, aber der Kommissar mit dem sie dann zusammenarbeiten hat alle Kompetenzen."

      "Aha. Und dazu haben sie mich ausgewählt?"

      "Natürlich. Sie sind mein bester Mann. Die französischen Kollegen werden staunen, wie vorzüglich sie ermitteln und wie überragend sie sind. Ich will mich ja nicht blamieren."

      'Ein Lob! Der steht unter Drogen' dachte Schaaf. Noch nie bekam er eine solche Anerkennung von seinem Chef. "Ich weiß nicht, ob meine Sprachkenntnisse dazu ausreichen und ob ich das kann", versuchte Schaaf sich zu distanzieren. Denn ob das wirklich so prickelnd war in Frankreich seine Arbeit zu erledigen, war er sich nicht sicher.

      "Ach sie können das! Und die Kollegen, die in Frankreich dafür ausgewählt werden, sprechen auch alle etwas deutsch", prügelte von Bredow seine vorsichtigen Einwände sofort nieder. Schaaf befürchtete keine andere Wahl zu haben als zuzusagen.

      "Die Partnerstadt von Mannheim ist Toulon, wie sie wahrscheinlich wissen. Die liegt im Departement Var und Var wiederum ist ein Teil der Provence-Alpes-Côte d'Azur. Es geht an die Côte d’Azur! Da machen andere Leute Urlaub, wenn sie sich das leisten können", lockte von Bredow Schaafs Entscheidung.

      Natürlich kannte Schaaf die Verbindung von Mannheim zu Toulon. Frankreich mochte er und da natürlich die berühmte Provence und die Côte d' Azur. Aber dort arbeiten? In einem Land, wo er die Gesetze und Gebräuche nicht kannte; die Sprache nicht ausreichend sprach um ganz genau zu verstehen was Zeugen und Verdächtige exakt sagten. Zudem konnte Schaaf sich dort nicht so bewegen und handeln, wie er es für richtig hielt. Sein französischer Kollege wäre der leitende Ermittler und er nur Statist. Das stieß nicht so richtig auf seinen Geschmack.

      Sein Chef wartete ungewohnt geduldig, was Schaaf zu dem Angebot sagte. Im Gegensatz, wie Schäfchen ihn sonst kannte, wo alles immer sofort und am besten gestern schon erledigt sein musste. Von Bredow saß da, lächelte ihn wohlwollend mit seinem schönsten Kameralächeln an und drängte ihn mit keiner Geste.

      "Ich muss das natürlich erst einmal mit meiner Frau besprechen", verschaffte sich Schaaf ein wenig Bedenkzeit. "Wann soll das Unternehmen denn starten?"

      "Ja natürlich. Das ist gar kein Problem. Selbstverständlich möchte ich, dass die werte Gattin ihre Entscheidung mitträgt. Das soll in vier Wochen sein. Wenn ich ihre Zusage habe, erledige ich die Formalitäten und dann geht es los. Es reicht vollkommen, wenn sie mir morgen ihre Antwort geben."

      'Prima, ein Tag Bedenkzeit.'

      "Ich werde für sie auch ein erstklassisches Hotel buchen Schaaf. Es gibt zwar ein Budget, welches ich für Hotels einhalten soll, aber ich werde in ihrem Fall darüber hinausgehen", nickte von Bredow ihm fast väterlich zu. Eine Art, die er bisher im Umgang mit Schaaf, sehr gut vor ihm versteckte. "Sie sollen sich dort ja schließlich wohlfühlen! Und wenn ich mich an die Kostenvorgabe halte, würde das kein sehr schönes Hotel werden."

      "Das ist großzügig von ihnen", bedankte Schäfchen sich bei seinem Chef ernst gemeint. Allerdings blieb seine Skepsis und wurde durch dieses weitreichende Angebot noch verstärkt. Von Bredow überging von sich aus bestehende Vorgaben! Der ist für gewöhnlich so dienstbeflissen ergeben und untertänig kriecherisch, schon obrigkeitsdevot, dass man meinen könnte, er hat ein Bild von seinem obersten Chef auf dem Schreibtisch stehen. Und nun ein solches Verhalten!

      Schneider fragte einmal sarkastisch: “Was passiert, wenn man dem Polizeipräsident in den Hintern tritt?" keiner kannte die Antwort, die Schneider dann breit grinsend offenbarte: "Man bricht von Bredow das Nasenbein."

      Dafür wird von Bredow sich an anderer Stelle verantworten müssen. Das war ihm bewusst und es schien ihm egal zu sein, sich rechtfertigen zu müssen und bei seinem Dienstherrn deswegen in Ungnade zu fallen. Dazu noch seine abnorme Freundlichkeit! Schaaf kam es beinahe so vor, als ob sein Chef ihn abschieben wollte. Ihn aus dem Weg haben möchte. Aber aus welchen Grund?

      Vielleicht war es aber auch gar nicht so. Schäfchen schob seine Überlegungen zur Seite und verabschiedete sich von seinem Boss. Soweit war alles besprochen und nun musste er sich entscheiden.

      Diese Entscheidung wollte Schaaf natürlich nicht ohne seine Ehefrau treffen. Seine diesbezügliche Aussage war nicht nur ein Vorwand um Zeit zu gewinnen. Er würde so etwas niemals beschließen, ohne mit ihr darüber gesprochen zu haben.

      Beim Abendessen, zu Haus in seinem Tunnel, besprach Kriminalhauptkommissar Schaaf dann den Austausch zwischen den europäischen Polizeibehörden mit seiner Frau. Sie war nicht begeistert ihren Mann für 14 Tage nicht sehen zu können, und er trug ihr auch seine Bedenken vor.

      Seine Frau gab ihm allerdings auch zu bedenken: "Überlege mal: Dann siehst du auch einmal etwas Anderes. Du lernst die Sitten und Arbeitsweisen der französischen Kollegen kennen. Und: Du hast nicht die Verantwortung ein Verbrechen aufklären und den Täter fassen zu müssen. Da kannst du ganz entspannt mitarbeiten. Das letztlich alles in einer wundervollen Umgebung! Das ist doch spannend. Natürlich hätte ich dich lieber hier bei mir, aber ich denke, das wäre doch für dich eine schöne Sache!"

      "Du meinst ich solle das Angebot annehmen?"

      "Ja. Ich glaube du würdest irgendwann bereuen es nicht getan zu haben. Für mich ist das in Ordnung, keine Sorge wegen mir."

      "Ich werde diese Nacht noch darüber schlafen, bevor ich mich entscheide. Ich soll das alles hier", Schäfchen beschrieb mit den Armen eine ausbreitende Bewegung, "für 14 Tage verlassen?"

      Schaaf fühlte sich in seinem Tunnel so sicher wie in einem Bunker. Er lebte tatsächlich in einem Tunnel! Nichts drang da von außen ein. Weder Geräusche noch andere Umwelteinflüsse. Es gab keine nervenden Nachbarn oder störende Geräusche aus anderen Wohnungen. Das Beste dabei war für Schaaf, dass es darin keinen Handyempfang gab. Als Telefon benutzte Schaaf ein klassisches Festnetztelefon und davon kein kabelloses. Wenn er schon den Luxus hatte, dass durch die Felswände keinerlei Strahlung und Elektrosmog drang, wollte er sich dieses gesunde Klima nicht durch ein internes Funktelefon verseuchen.

      Vor einigen Jahren gab es ein Projekt um einige Orte im Odenwald vom Durchgangsverkehr zu verschonen. Dazu sollte ein Tunnel durch einen Berg getrieben werden, der den Verkehrsfluss um diese herum führte. Der Tunnelbau wurde begonnen, aber die Kosten überstiegen die Planungen und so ging das Geld aus. Der Berg war bereits angebohrt. Nach langen Debatten zwischen Land und Bund wurde das Projekt eingestellt.

      Kriminalhauptkommissar Schaaf fragte über den Innenminister, den er gut kannte und mit ihm inzwischen auch befreundet war, ob es nicht die Möglichkeit gäbe, das Loch in dem Berg zu kaufen und es als Wohnung auszubauen. Die Klärung der Idee dauerte eine ganze Weile, aber irgendwann war sicher, dass es dabei keine rechtlichen Probleme gab und so bekam Schaaf die Chance den Tunnel zu erwerben, was er dann auch tat.

      Nachdem die Verträge in trockenen