Bernd Radtke

Träume aus dem Regenwald


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wann willst du los?«

      »Wenn wir hier alles fertig haben, dann mache ich erst einmal Urlaub und erhole mich.« Sie grinste.

      Glücklich verabschiedete sich Jaíra von Margot und suchte Adriano, um ihm die Neuigkeit zu erzählen. Sie fand ihn hinter dem Gebäude auf einer Leiter, wo er den Dachgiebel verputzte. Adriano war erstaunt, Jaíra hier zu sehen. Er stieg die Leiter herunter und sie küssten sich.

      »Ich habe Arbeit!«, verkündete sie stolz. »Ich kann hier in der Krankenstation helfen, ist das nicht toll?«

      Adriano verzog das Gesicht.

      »Du bist hier fast fertig und dann gehe ich arbeiten. Ich weiß zwar noch nicht, wie lange, aber wir können das Geld gut gebrauchen.« Jaíra ärgerte sich über Adrianos Reaktion. »Außerdem freue ich mich riesig darauf, etwas zu tun«, sagte sie trotzig.

      »Na gut«, gab Adriano nach.

      Jaíra drückte ihn und ging froh zum Fluss, um nach Hause zu fahren. In ihrer Hütte angekommen, fing sie gleich an, das Essen vorzubereiten. Sie wollte es Adriano heute Abend so schön wie möglich machen, er sollte spüren, dass sie glücklich war. Ein bisschen sorgte sie sich, dass er es nicht gutheißen würde.

      Rechtzeitig vor seiner Heimkehr war sie fertig. Sie ging zum Ufer, um seine Ankunft abzuwarten. Bald tauchte sein Kanu auf, das schnell näherkam, bis endlich der Bug gegen das Ufer stieß. Übermütig sprang Jaíra zu ihm und küsste ihn.

      »Ich habe auf dich gewartet. Schön, dass du da bist.«

      Verwundert schaute Adriano sie an.

      »Ich bin so froh, dass ich in der Krankenstation arbeiten kann«, antwortete sie und schmiegte sich an ihn. »Komm jetzt erst einmal essen.«

      Sie zog ihn in die Hütte an den gedeckten Tisch. Nach dem Essen stand Jaíra auf und setzte sich auf seinen Schoß.

      »Keine Angst, dass ich keine Zeit für dich habe, ich bin immer für dich da. Ich liebe dich.«

      Kurz darauf lagen sie im Bett, wo sie sich wild und leidenschaftlich liebten. Spät in der Nacht kuschelte sich Jaíra müde an Adriano und schlief in seinen Armen ein.

      Zusammen mit Adriano und Naldino paddelte sie am anderen Morgen ins Dorf, um Margot zu helfen. Die Brüder verschwanden mit Farbeimern hinter dem Haus und Jaíra fing an, den Fußboden zu schrubben und leere Regale abzuwaschen, die Margot anschließend einräumte. Den ganzen Tag arbeiteten Jaíra und Margot im Haus, während Adriano mit seinem Bruder die Fassade strich. Margot konnte sich jetzt auf die medizinische Einrichtung konzentrieren, während Jaíra mit großer Mühe den Schmutz, der vom Bau übriggeblieben war, beseitigte.

      In den nächsten Tagen war die Arbeit von Adriano und Naldino beendet und sie blieben zu Hause. In der darauffolgenden Woche wurden Jaíra und Margot fertig und so konnten sie endlich ihre Exkursion in den Urwald planen. Jaíra spürte, dass Adriano nicht mit ihrem Ausflug einverstanden war, aber er sagte nichts, als sie ablegten und mit ihrem Kanu flussauf paddelten.

      Jaíra und Margot ergänzten sich prächtig und ihre Freundschaft vertiefte sich. Viel zu schnell verging die Zeit und es tat beiden leid, als sie am Dorfsteg anlegten und die Reise beendet war.

      Jaíra hatte sich auf Adriano gefreut, aber er war nicht im Dorf und ihre Hütte war leer. Sie ging den kurzen Weg zu Salvatores Hütte, in der Hoffnung, dass Adriano dort sein würde. Als sie eintrat, saß Letícia am Tisch und flickte Salvatores Hose.

      »Wo ist Adriano?«, war ihre erste Frage.

      »Das weiß ich nicht«, antwortete Letícia ausweichend. »Ich habe ihn vorgestern das letzte Mal gesehen.«

      »Ist er im Dorf?« Es wäre schlimm gewesen, wenn Adriano bei einem Freund im Dorf auf sie gewartet hätte und sie war zu Hause.

      Salvatore trat ein und sah Jaíra an. »Er ist mit ein paar Freunden in die neue Bar in der Siedlung weiter unten gefahren«, verriet er ihr, wofür er einen bösen Blick von Letícia erntete.

      »Er hat doch gewusst, wann ich nach Hause komme«, bemerkte sie gekränkt. Salvatore und Letícia zuckten nur mit den Schultern.

      Warum war Adriano nicht hier? Mit hängendem Kopf ging sie zu ihrer Hütte zurück. Als Adriano bei Einbruch der Dunkelheit noch nicht zurück war, wurde Jaíra immer wütender. Sie setzte sich an den kleinen Tisch und nahm den Kopf in ihre Hände. Hatte sie ihm vielleicht den falschen Tag genannt, an dem sie zurückkommen würde oder hatte er sie falsch verstanden? War er böse auf sie, weil sie ihn alleine gelassen hatte? Sie hatten vorher darüber gesprochen und er war damit einverstanden gewesen.

      Endlich hörte sie ein Plätschern am Ufer und das Anlegen eines Kanus. Schnell ging sie hinaus. Adriano und Naldino waren ausgestiegen und kamen ihr leicht schwankend entgegen. Schon von Weitem konnte Jaíra den Geruch von Alkohol wahrnehmen.

      »Na, mein Schatz, da bist du ja endlich.«

      Unrasiert und stinkend stand Adriano vor ihr und wollte sie in die Arme nehmen. Angeekelt wich Jaíra zurück.

      »Komm mit in die Hütte, ich will schlafen«, sagte er mit einem Grinsen zu ihr.

      Naldino blieb stehen und sah den beiden zu, wie sie in der Hütte verschwanden. Kurz darauf hörte er ihre lauten Stimmen.

      Kaum war die Tür hinter ihnen zugefallen, griff Adriano nach Jaíra und wollte sie küssen. Jaíra entwand sich ihm.

      »Wo bist du gewesen? Ich hatte mich so auf dich gefreut.«

      »Na und? Wir haben uns ein bisschen amüsiert, so wie du. Und jetzt komm endlich her, ich will dich!«

      »Du hast wieder getrunken«, stellte sie fest.

      In der kleinen Hütte hatte sie keine Chance, seinem Griff zu entkommen. Adriano zog sie an sich und drückte seinen Mund auf ihre Lippen. Er drängte sie aufs Bett und legte sich auf sie. Ohne auf ihre Abwehr zu reagieren nahm er sich, was er wollte.

      Benommen ging Jaíra am anderen Morgen zum Fluss, um sich zu waschen. Immer noch hatte sie den Alkoholgeruch Adrianos in der Nase. Wieder suchte sie die Schuld von Adrianos Verhalten bei sich. Sie hatte etwas Unrechtes getan, indem sie ihn alleine gelassen hatte, sie hatte ihren Spaß gehabt und er wollte sich nur das Gleiche gönnen. Was hatte sie falsch gemacht, dass Adriano so zu ihr war? Immer wieder kam sie zu dem Schluss, dass sie daran schuld war, indem sie Adriano verletzte. Ihre Mutter tat ebenfalls alles, was Eduardo sagte, aber bei ihren Eltern bekam ihre Mutter auch etwas zurück. Eduardo war ein guter Ehemann, der seine Frau liebte.

      Mit hängendem Kopf schritt Jaíra zur Hütte zurück, wo Adriano noch immer schlafend im Bett lag und einen widerlichen Alkoholgeruch verströmte. Schnell setzte sie Wasser auf den Herd, um mit dem Geruch des Kaffees die schlechten Ausdünstungen zu überdecken. Langsam regte sich Adriano. Wortlos stand er auf und verließ die Hütte, um sich am Fluss zu waschen. Als er zurückkam, setzte er sich an den Tisch und goss sich Kaffee in eine Tasse.

      »Wie war eure Reise?«, fragte er beiläufig.

      »Es war schön«, antwortete Jaíra zögernd. Sie achtete darauf, nicht zu begeistert zu klingen, um ihn nicht wieder zu verärgern.

      »Margot war überrascht, dass es hier so wenige Mücken gibt. Jeder hatte ihr wohl Schauermärchen erzählt, dass sie total zerstochen werden würde.«

      Jaíra merkte, dass ihr Adriano nicht richtig zuhörte, sondern nur dasaß und sie anstarrte.

      »Was hast du die ganzen Tage gemacht?«, fragte sie vorsichtig.

      »Ich war bei Sandro. Er will, dass wir bald anfangen bei ihm umzubauen.

      »Und wo warst du danach?«

      »Danach bin ich mit ein paar Freunden runter in die neue Bar gefahren. Soll ich hier alleine rumsitzen, während du dich vergnügst?« Seine Stimme klang wieder ärgerlich.

      »Ich habe Margot die Gegend gezeigt«, antwortete Jaíra gereizt. Es war ihr egal, ob sie